22. Konsistorialordnung
durch eine rechtliche vorladung und den abwesen-
den per edictum citiren, zweene oder auffs lengste
drey monat frist geben und das klagende theil das
vorgewandte adulterium55, so viel als sich gebüh-
rett, an tag bringen und liquidiren56 und den be-
schuldigten ihre defensiones vorbringen laßen, sich
auch das consistorium selbst, so viel müglich, ex of-
ficio erkundigen umb die ursach des ehebruchs.
Und do der ehebruch ausfündig gemacht oder aber
der beklagte theil ungehorsamlich außen pliebe und
kein erhebliche einrede thete und des klagenden
theils unschuld vermercket wird, so soll das con-
sistorium, zu verhütung weiterer sünde und schan-
de, ein scheide urtheil zu geben und den unschuldi-
gen sich mit einem andern zu verehelichen zu
erleuben haben, und das gleichwol die verordenten
des consistorii hierin allewege der maße und vorsich-
tigkeit gebrauchen, die umbstende und gelegenheit
der personen und verursachung des ehebruchs woll
und mit fleiß erwegen und also darmit handeln, daß
kein ergernus oder ursachf gegeben werde, der gütig-
keit unsers erlösers und seeligmachers zu ungebühr-
lichen und unchristlichen ehescheiden und zu leibli-
cher wollust zu mißbrauchen, und daß in allewege
fleiß vorgewendet werde, die eheleuten in solchen
und dergleichen sachen wiederum in Christo mitein-
ander zu versühnen, zuforderst, da sich das ver-| 44|
brechende theil durch die gnade Gottes erkan-
te57, gnade bete und sich beßern wolte.
Ehe aber und zuvorn durch das consistorium in die-
sen und dergleichen fellen sententia divortii58 ge-
sprochen und dem unschuldigen, wie oben gemeldt,
die ander ehe erleubet, soll keinem gestattet werden,
einen andern ehegenoßen zu nehmen. Und obs un-
terstunden wurde, sol sie der pfarrherr nicht trauen,
sondern vielmehr solch eigen fürnehmen von weltli-
cher obrigkeit gestraffet werden.
Der sich mit zweyen verlobet59
Dem ehescheiden von wegen des ehebruchs wird
gleich geachtet, wenn einer recht und redlich mit
einer offentlich verlobet ist und, ehe dan erg beyge-
legen, sich mit einer andern vertrauen lest und die
beschleft oder vermeintlich mit ihr ehelich beyleget,
der meinung, von der ersten dadurch ledig zu wer-
den. Ein solcher soll als ein ehebrecher gegen der
erst vertrauten gehalten und durch das consistorium
zur poenitentz gedrungen oder, im mangel, daß
durch die weltliche obrigkeit, wie sich zu rechte ge-
f C und D: raum.
g Fehlt in C und D.
h Fehlt in C und D.
55 Ehebruch, s. Oberländer, Lexicon juridicum, S. 34.
56 Beweisen, darlegen, s. Oberländer, Lexicon juridi-
cum, S. 450.
bürtt, gestraffet werden. Und do sich die er-| 45| ste
mit ihme nicht wolte versühnen, soll ihr erlaubt
werden, sich mit einem andern zu verehelichen. Der-
gleichen sol auch erleubet werden der andern und
stuprirten60, so fern sie unwißentlich und ohne arg
und falsch hiezu kommen ist. Hette sie aber der er-
sten verlobnus wißenschafft gehabt und sich mit
ihme darüber in ehegelobnuß und beyschlaffen ein-
gelaßen, so sol sie durch die obrigkeit gebürlichh ge-
straffet werden.
57 Sich schuldig erklärte, s. DRW 3, Sp. 214.
58 Scheidungsurteil.
59 Vgl. den entsprechenden Abschnitt im Ehe-Bedenken
(Sehling, EKO I, S. 295f.) und in der Mecklenburger
Konsistorialordnung (Sehling, EKO V, S. 239).
60 Geschwächten, s. Oberländer, Lexicon juridicum,
S. 665.
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durch eine rechtliche vorladung und den abwesen-
den per edictum citiren, zweene oder auffs lengste
drey monat frist geben und das klagende theil das
vorgewandte adulterium55, so viel als sich gebüh-
rett, an tag bringen und liquidiren56 und den be-
schuldigten ihre defensiones vorbringen laßen, sich
auch das consistorium selbst, so viel müglich, ex of-
ficio erkundigen umb die ursach des ehebruchs.
Und do der ehebruch ausfündig gemacht oder aber
der beklagte theil ungehorsamlich außen pliebe und
kein erhebliche einrede thete und des klagenden
theils unschuld vermercket wird, so soll das con-
sistorium, zu verhütung weiterer sünde und schan-
de, ein scheide urtheil zu geben und den unschuldi-
gen sich mit einem andern zu verehelichen zu
erleuben haben, und das gleichwol die verordenten
des consistorii hierin allewege der maße und vorsich-
tigkeit gebrauchen, die umbstende und gelegenheit
der personen und verursachung des ehebruchs woll
und mit fleiß erwegen und also darmit handeln, daß
kein ergernus oder ursachf gegeben werde, der gütig-
keit unsers erlösers und seeligmachers zu ungebühr-
lichen und unchristlichen ehescheiden und zu leibli-
cher wollust zu mißbrauchen, und daß in allewege
fleiß vorgewendet werde, die eheleuten in solchen
und dergleichen sachen wiederum in Christo mitein-
ander zu versühnen, zuforderst, da sich das ver-| 44|
brechende theil durch die gnade Gottes erkan-
te57, gnade bete und sich beßern wolte.
Ehe aber und zuvorn durch das consistorium in die-
sen und dergleichen fellen sententia divortii58 ge-
sprochen und dem unschuldigen, wie oben gemeldt,
die ander ehe erleubet, soll keinem gestattet werden,
einen andern ehegenoßen zu nehmen. Und obs un-
terstunden wurde, sol sie der pfarrherr nicht trauen,
sondern vielmehr solch eigen fürnehmen von weltli-
cher obrigkeit gestraffet werden.
Der sich mit zweyen verlobet59
Dem ehescheiden von wegen des ehebruchs wird
gleich geachtet, wenn einer recht und redlich mit
einer offentlich verlobet ist und, ehe dan erg beyge-
legen, sich mit einer andern vertrauen lest und die
beschleft oder vermeintlich mit ihr ehelich beyleget,
der meinung, von der ersten dadurch ledig zu wer-
den. Ein solcher soll als ein ehebrecher gegen der
erst vertrauten gehalten und durch das consistorium
zur poenitentz gedrungen oder, im mangel, daß
durch die weltliche obrigkeit, wie sich zu rechte ge-
f C und D: raum.
g Fehlt in C und D.
h Fehlt in C und D.
55 Ehebruch, s. Oberländer, Lexicon juridicum, S. 34.
56 Beweisen, darlegen, s. Oberländer, Lexicon juridi-
cum, S. 450.
bürtt, gestraffet werden. Und do sich die er-| 45| ste
mit ihme nicht wolte versühnen, soll ihr erlaubt
werden, sich mit einem andern zu verehelichen. Der-
gleichen sol auch erleubet werden der andern und
stuprirten60, so fern sie unwißentlich und ohne arg
und falsch hiezu kommen ist. Hette sie aber der er-
sten verlobnus wißenschafft gehabt und sich mit
ihme darüber in ehegelobnuß und beyschlaffen ein-
gelaßen, so sol sie durch die obrigkeit gebürlichh ge-
straffet werden.
57 Sich schuldig erklärte, s. DRW 3, Sp. 214.
58 Scheidungsurteil.
59 Vgl. den entsprechenden Abschnitt im Ehe-Bedenken
(Sehling, EKO I, S. 295f.) und in der Mecklenburger
Konsistorialordnung (Sehling, EKO V, S. 239).
60 Geschwächten, s. Oberländer, Lexicon juridicum,
S. 665.
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