Bremen
Handwerkern unter den Ratsherren findet, schieden diese durch die Bindung der Ratsfähigkeit an ein hohes
Vermögen und die Pflicht zur Aufgabe des Handwerks seit dem 14. Jh. fast vollständig aus deren Reihen
aus37. Die Zünfte (in Bremen: Ämter) wurden vielmehr vom Rat streng kontrolliert. Nach der Nieder-
schlagung des Aufstands von 1365/66 (Bannerlauf) nahmen jeweils zwei Ratsherren an den Versammlungen
der Zünfte (Morgensprachen) teil und achteten darauf, daß bei den Beratungen nur über Zunftangelegen-
heiten gesprochen wurde38.
Angesichts des Ausschlusses großer Teile der Bürgerschaft vom politischen Entscheidungsprozeß kam es
in Bremen im Laufe des 14. und 15. Jh. immer wieder zu Unruhen gegen den bestehenden Rat und zur
Vertreibung von dessen Mitgliedern. Darüber hinaus gab es Machtkämpfe zwischen den Parteien der Rats-
familien39. Von derartigen Vorgängen ist auch die Kodifizierung des Bremer Stadtrechts mitbestimmt wor-
den. So konnte das erste, 1303 von einem Ausschuß aus Ratsherren und Vertretern der Stadtviertel und der
Gemeinde erarbeitete Stadtrecht erst fünf Jahre später in Kraft treten, weil eine Reihe der Geschlechter aus
der Stadt vertrieben worden war40. Die beiden Stadtrechtskodifikationen von 1428 und 1433 sind dann von
der ungewissen Lage nach dem oben bereits erwähnten Sturz des Rates von 1426 geprägt41.
Mit fortschreitender Zeit gelang es den Erzbischöfen immer weniger, ihre alten Rechte in der Stadt zu
wahren. Durch den Erwerb des Krämeramtes ging die Kontrolle über den Markt an den Rat über. Wohl
seit der ersten Hälfte des 13. Jh. übte dieser auch Einfluß auf die erzbischöfliche Münzprägung aus. Von
1369 an war das Münzrecht für lange Zeit an die Stadt verpfändet42. Erst Erzbischof Heinrich II. von
Schwarzburg (1463-1498) löste das Münzrecht aus und ließ wieder eigene Münzen in Bremen prägen43. Die
erzbischöfliche Prägetätigkeit dauerte jedoch nur bis zur Reformation. 1541 erwarb die Stadt dann von
Karl V. das kaiserliche Münzprivileg44. Mehrfach räumten die Erzbischöfe den Bremer Bürgern Zollver-
günstigungen ein. So entband Erzbischof Gerhard II. die Bürger 1225 vom Zoll in Bremervörde45. Für die
Unterstützung der Stadt im Krieg gegen die Stedinger Bauern versprach der Erzbischof 1233 den Bremer
Kaufleuten die Befreiung von der Heerfolge und die Aufhebung ungerechter Zölle46. Die Rechte des Stadt-
vogts als erzbischöflichem Beamten beschränkten sich weitgehend auf den Vorsitz im Gericht. Die eigent-
liche Rechtsetzung und Rechtsprechung lag dagegen beim Rat47.
Seit dem 14. Jh. versuchte Bremen sich von der Landesherrschaft des Erzbischofs unabhängig zu
machen48. Als letzter Erzbischof unternahm 1366 Albert II. von Braunschweig-Lüneburg den Versuch, die
Stadt gewaltsam unter seine Herrschaft zu bringen, wobei er auch den hölzernen Roland, das Symbol der
städtischen Freiheit, zerstören ließ. Innerhalb weniger Wochen hatte der Rat die Kontrolle über die Stadt
aber wieder an sich gebracht49. Anfang des 16. Jh. war die Stadt weitgehend selbständig. Sie nahm aber
noch wie die beiden anderen Städte des Erzstifts, Stade und Buxtehude, an den Landtagen teil. In den
Auseinandersetzungen mit Erzbischof Christoph während der ersten Jahre der Reformation beantragte
37 Vgl. Lübcke, Bremer Rat, S. 7f.; Thikötter, Zünfte
Bremens, S. 140f.
38 Vgl. Schwarzwälder, Bremen-Lexikon 1, S. 23f.
39 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 63-65 und 69f.;
Ders., Bremen um 1300, S. 38, 40-42.
40 Die vier Bücher des ersten Stadtrechts umfaßten Bestim-
mungen zum Erbrecht, zum Eigentumsrecht, zum Straf-
recht bzw. zur Friedenswahrung.
41 Vgl. Konrad Elmshäuser, Die Handschriften der Bre-
mer Stadtrechtskodifikationen von 1303, 1428 und 1433,
in: Elmshäuser / Hofmeister, 700 Jahre Bremer
Recht, S. 46-73.
42 Bremisches UB 3, Nr. 365-366, S. 319-322. In den Jahren
1387 und 1412 erließ der Bremer Rat Münzordnungen.
Vgl. Jesse, Ältere Münz- und Geldgeschichte 1, S. 195.
43 Ebd. S. 205f.
44 Jesse, Bremens neue Münzgeschichte, S. 158f. Die letz-
ten von Erzbischof Christoph in Bremen geprägten Mün-
zen stammen aus dem Jahr 1524.
45 Bremisches UB 1, Nr. 138, S. 159f.
46 Ebd., Nr. 172, S. 204-208.
47 Vgl. Alfred Kühtmann, Geschichte der bremischen
Stadtvogtei, Breslau 1900 (= Untersuchungen zur deut-
schen Staats- und Rechtsgeschichte 62), S. 24f.
48 Vgl. Schindling / Ziegler, Territorien 3, S. 46.
49 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 80-82.
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Handwerkern unter den Ratsherren findet, schieden diese durch die Bindung der Ratsfähigkeit an ein hohes
Vermögen und die Pflicht zur Aufgabe des Handwerks seit dem 14. Jh. fast vollständig aus deren Reihen
aus37. Die Zünfte (in Bremen: Ämter) wurden vielmehr vom Rat streng kontrolliert. Nach der Nieder-
schlagung des Aufstands von 1365/66 (Bannerlauf) nahmen jeweils zwei Ratsherren an den Versammlungen
der Zünfte (Morgensprachen) teil und achteten darauf, daß bei den Beratungen nur über Zunftangelegen-
heiten gesprochen wurde38.
Angesichts des Ausschlusses großer Teile der Bürgerschaft vom politischen Entscheidungsprozeß kam es
in Bremen im Laufe des 14. und 15. Jh. immer wieder zu Unruhen gegen den bestehenden Rat und zur
Vertreibung von dessen Mitgliedern. Darüber hinaus gab es Machtkämpfe zwischen den Parteien der Rats-
familien39. Von derartigen Vorgängen ist auch die Kodifizierung des Bremer Stadtrechts mitbestimmt wor-
den. So konnte das erste, 1303 von einem Ausschuß aus Ratsherren und Vertretern der Stadtviertel und der
Gemeinde erarbeitete Stadtrecht erst fünf Jahre später in Kraft treten, weil eine Reihe der Geschlechter aus
der Stadt vertrieben worden war40. Die beiden Stadtrechtskodifikationen von 1428 und 1433 sind dann von
der ungewissen Lage nach dem oben bereits erwähnten Sturz des Rates von 1426 geprägt41.
Mit fortschreitender Zeit gelang es den Erzbischöfen immer weniger, ihre alten Rechte in der Stadt zu
wahren. Durch den Erwerb des Krämeramtes ging die Kontrolle über den Markt an den Rat über. Wohl
seit der ersten Hälfte des 13. Jh. übte dieser auch Einfluß auf die erzbischöfliche Münzprägung aus. Von
1369 an war das Münzrecht für lange Zeit an die Stadt verpfändet42. Erst Erzbischof Heinrich II. von
Schwarzburg (1463-1498) löste das Münzrecht aus und ließ wieder eigene Münzen in Bremen prägen43. Die
erzbischöfliche Prägetätigkeit dauerte jedoch nur bis zur Reformation. 1541 erwarb die Stadt dann von
Karl V. das kaiserliche Münzprivileg44. Mehrfach räumten die Erzbischöfe den Bremer Bürgern Zollver-
günstigungen ein. So entband Erzbischof Gerhard II. die Bürger 1225 vom Zoll in Bremervörde45. Für die
Unterstützung der Stadt im Krieg gegen die Stedinger Bauern versprach der Erzbischof 1233 den Bremer
Kaufleuten die Befreiung von der Heerfolge und die Aufhebung ungerechter Zölle46. Die Rechte des Stadt-
vogts als erzbischöflichem Beamten beschränkten sich weitgehend auf den Vorsitz im Gericht. Die eigent-
liche Rechtsetzung und Rechtsprechung lag dagegen beim Rat47.
Seit dem 14. Jh. versuchte Bremen sich von der Landesherrschaft des Erzbischofs unabhängig zu
machen48. Als letzter Erzbischof unternahm 1366 Albert II. von Braunschweig-Lüneburg den Versuch, die
Stadt gewaltsam unter seine Herrschaft zu bringen, wobei er auch den hölzernen Roland, das Symbol der
städtischen Freiheit, zerstören ließ. Innerhalb weniger Wochen hatte der Rat die Kontrolle über die Stadt
aber wieder an sich gebracht49. Anfang des 16. Jh. war die Stadt weitgehend selbständig. Sie nahm aber
noch wie die beiden anderen Städte des Erzstifts, Stade und Buxtehude, an den Landtagen teil. In den
Auseinandersetzungen mit Erzbischof Christoph während der ersten Jahre der Reformation beantragte
37 Vgl. Lübcke, Bremer Rat, S. 7f.; Thikötter, Zünfte
Bremens, S. 140f.
38 Vgl. Schwarzwälder, Bremen-Lexikon 1, S. 23f.
39 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 63-65 und 69f.;
Ders., Bremen um 1300, S. 38, 40-42.
40 Die vier Bücher des ersten Stadtrechts umfaßten Bestim-
mungen zum Erbrecht, zum Eigentumsrecht, zum Straf-
recht bzw. zur Friedenswahrung.
41 Vgl. Konrad Elmshäuser, Die Handschriften der Bre-
mer Stadtrechtskodifikationen von 1303, 1428 und 1433,
in: Elmshäuser / Hofmeister, 700 Jahre Bremer
Recht, S. 46-73.
42 Bremisches UB 3, Nr. 365-366, S. 319-322. In den Jahren
1387 und 1412 erließ der Bremer Rat Münzordnungen.
Vgl. Jesse, Ältere Münz- und Geldgeschichte 1, S. 195.
43 Ebd. S. 205f.
44 Jesse, Bremens neue Münzgeschichte, S. 158f. Die letz-
ten von Erzbischof Christoph in Bremen geprägten Mün-
zen stammen aus dem Jahr 1524.
45 Bremisches UB 1, Nr. 138, S. 159f.
46 Ebd., Nr. 172, S. 204-208.
47 Vgl. Alfred Kühtmann, Geschichte der bremischen
Stadtvogtei, Breslau 1900 (= Untersuchungen zur deut-
schen Staats- und Rechtsgeschichte 62), S. 24f.
48 Vgl. Schindling / Ziegler, Territorien 3, S. 46.
49 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 80-82.
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