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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0377
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Einleitung

ste der Pfarrgemeinde zu klein war. Mit dem Pfarrdienst wurden vier Kanoniker des Stifts beauftragt, die
deshalb auch die Priesterweihe empfangen sollten. Zum Kirchspiel von Ansgarii gehörte das Handwerker-
quartier westlich der Sögestraße, aber auch die Langenstraße mit ihren überwiegend der Kaufmannschaft
zuzurechnenden Bewohnern69.
St. Stephani wurde bei der Neuordnung von 1229 auch der westliche Teil der ummauerten Stadt als
Pfarrgebiet zugeschlagen. Ende des 14. Jh. mußte die 1139 auf dem Stephansberg errichtete Kirche wegen
der rasch gewachsenen Zahl der Gemeindeglieder erweitert werden. Als Kapitelkirchen von Kollegiatstiften
kamen St. Stephani und St. Ansgarii in den Genuß überdurchschnittlich vieler Altarstiftungen70.
Jede der vier Pfarrkirchen besaß eine eigene Kirchenfabrik, die für den Kirchenbau sowie für die Aus-
stattung der Kirche mit Büchern, liturgischen Geräten etc. zuständig war. Die Leitung der Kirchenfabrik
und die Verwaltung des entsprechenden Vermögens lag in den Händen der sogenannten „Bauherren“ oder
„Strukturare“, zwei Laien aus dem jeweiligen Kirchspiel. Vielfach handelte es sich bei ihnen um Mitglieder
des Rates oder um sonstige Honoratioren. Erwähnung finden die Bauherren bereits in der zweiten Hälfte
des 14. Jh.71 Das Amt der Bauherren blieb auch in der Reformationszeit erhalten. Nach der Kirchenord-
nung von 1534 wählten die Bauherren zusammen mit anderen vorordenten borgeren den Pfarrer der jewei-
ligen Gemeinde72.
Die vier Pfarreien bestanden in der Reformationszeit weiter. Im Jahr 1596 schuf der Rat dann mit der
Rembertigemeinde eine weitere Pfarrei. Die an der Stelle einer ehemaligen Kapelle des Aussätzigenspitals
St. Remberti neu errichtete und am 7. Oktober 1596 geweihte Kirche war für die Bewohner der östlichen
Vorstadt und das Pagentorn zuständig73.

2. Die Stifte und Klöster
Die bedeutendste geistliche Einrichtung Bremens war das Domstift. In den ersten beiden Jahrhunderten
ihres Bestehens besaß die mit der Bischofskirche verbundene geistliche Gemeinschaft einen eher monasti-
schen Charakter. Erst unter Erzbischof Unwan (1013-1029) kam es zu einer Umwandlung von einem
mönchisch geprägten Domkloster zu einem Domkapitel, als der Erzbischof die Aachener Kanonikerregel
einführte und den Domklerus auf ein gemeinsames Leben und einen regelmäßigen Chordienst verpflichtete.
Durch die Erhebung der Veitskirche zur Pfarrkirche befreite er die Domkleriker vom Pfarrdienst74.
Bereits im 11. Jh. scheint es aber, nicht zuletzt durch die Zerstörung der Kirche und der Stiftsgebäude
beim Brand von 1041, zu einer Auflösung des gemeinschaftlichen Lebens und zur Errichtung einzelner
Kurien gekommen zu sein. Der Kardinallegat Otto von St. Nikolaus, der im Auftrag des Papstes in den
Jahren 1230 und 1231 Deutschland bereiste und an zahlreichen Orten eine Reform der Stifte vornahm,
leitete eine Neuordnung des Bremer Domkapitels ein. Dabei wurde u.a. die Zahl der Kanonikate auf 24
beschränkt75.
Die Reformen schufen die Grundlage für einen deutlichen Kompentenz- und Machtzuwachs des Dom-
kapitels im 13. Jh.: Dem Kapitel gelang es, sich das alleinige Wahlrecht bei der Ernennung eines neuen
Erzbischofs zu sichern, die Besetzung der 12 Archidiakonate für sich zu reservieren und wichtige Ent-
scheidungen bei der Organisation und Verwaltung der Erzdiözese von seiner Zustimmung abhängig zu

69 Vgl. Hägermann / Weidinger, Kirchengeschichte
Mittelalter, S. 317-342.
70 Ebd., S. 342-364.
71 Vgl. Schwarzwälder, Bremen-Lexikon 1, S. 65;
Hägermann / Weidinger, Kirchengeschichte Mittel-
alter, S. 305f„ 314 und 360.
72 Zur wachsenden Bedeutung der Bauherren und ihrer Ver-

tretung der Gemeinden auch in kirchlich-religiösen Fra-
gen vgl. Moeller, Reformation in Bremen, S. 55f.
73 Vgl. Bremer Pfarrerbuch 1, S. 62f.
74 Vgl. Niedersächsisches Klosterbuch 1, S. 194f.
75 Vgl. Jakob Marx, Die Reformtätigkeit des Kardinalle-
gaten Otto von St. Nikolaus in Westfalen und der Diözese
Bremen, in: AKathKR 85 (1906), S. 20-28.

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