Einleitung
früheren Gelegenheiten wiesen die Vertreter Bremens darauf hin, daß die Berufung Zütphens nicht durch
den Rat, sondern durch die Kirchspielgenossen erfolgt sei. Gleichzeitig argumentierten sie nun aber auch
mit der Freiheit der Verkündigung, deren einziger Maßstab das Evangelium sei. Bremen war auf dem
Landtag weitgehend isoliert, da die anderen Stände des Stifts die Forderungen des Erzbischofs nach der
Entlassung Zütphens und der Zahlung einer Buße für die Zerstörung des Paulusklosters unterstützten110.
Fast zwei Jahre lang war Heinrich von Zütphen in Bremen tätig gewesen und hatte in dieser Zeit durch
seine Predigten eine große Anhängerschaft für die evangelische Botschaft gewonnen. Trotz aller Kritik und
Angriffe von seiten des Erzbischofs, der Stände des Stifts und des altgläubigen städtischen Klerus mit den
Domherren an der Spitze hatte der Bremer Rat an Zütphen festgehalten. Anscheinend sah Heinrich von
Zütphen seine Aufgabe in Bremen nun als erledigt an. Auf die Bitte des Meldorfer Pfarrers Nikolaus Boye
reiste er Ende November 1524 nach Dithmarschen, um dort das Evangelium zu verkündigen. Er wurde
gefangengenommen und am 11. Dezember in Heide öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt111.
B. Die Phase der Konsolidierung (1525-1529)
Mit dem Jahr 1525 trat die Reformation in Bremen in das Stadium der Konsolidierung112. Diese Phase ist
durch eine Erneuerung des geistlichen Personals und durch eine Änderung der gottesdienstlichen Gebräuche
gekennzeichnet. Da die Bemühungen der vom Rat eingesetzten zehnköpfigen Kommission, die Amtsinha-
ber der Pfarrkirchen für die Verkündigung des Evangeliums zu gewinnen, gescheitert waren, sah sich die
Stadt auswärts nach evangelischen Predigern um. Wohl noch auf Zütphens Vermittlung hin wurde im Mai
1524 Jakob Probst von Wittenberg nach Bremen berufen und von den Kirchspielgenossen der Liebfrau-
enkirche zum Prediger angenommen113. Wie Heinrich von Zütphen war Probst 1522 wegen der Verfolgung
durch die Inquisition aus den Niederlanden geflohen114. In Wittenberg hatte er geheiratet und brachte nun
seine Frau mit nach Bremen.
Als dritter Niederländer kam Johannes Timann von Wittenberg nach Bremen, wo er Prediger an
St. Martini wurde. Seine erste Predigt in der Martinikirche hielt er am 30. Juli 1525115. Durch die Nähe der
niederländischen Sprache zum Niederdeutschen dürfte die Verständigung der aus den Niederlanden stam-
menden Prediger mit den Bremern ohne größere Schwierigkeiten abgelaufen sein116. Die enge Verbindung
aller drei Prediger zu Luther und Melanchthon sorgte dafür, daß die Reformation in Bremen bis zur Mitte
des 16. Jh. weitgehend von Wittenberg und seinen Gewohnheiten geprägt war. Hatte Zütphen die refor-
matorische Botschaft nach Bremen gebracht, sollten Jakob Probst und Johannes Timann die organisato-
rischen Grundlagen der evangelischen Kirche in der Stadt an der Weser legen.
Neben Probst und Timann wurden noch weitere Prediger berufen. Mit Johannes Zelst (Selstius) aus
s’Hertogenbosch erhielt die Liebfrauenkirche einen zweiten evangelischen Prediger117. Und an Martini trat
der ehemalige Kaplan Ludolf Stunneberg an die Seite Timanns118. In beiden Pfarrkirchen hatten sich die
110 Vgl. Iken, Erste Epoche, S. 62f.; Heyne, Reformation in
Bremen, S. 26.
111 Über die Vorgänge in Dithmarschen berichtet Luther in
seiner im Februar 1525 zusammen mit einer Auslegung
von Ps 10 gedruckten Schrift „Vom Bruder Henrico in
Ditmar verbrannt“. Die Schrift war gewidmet: Allen lie-
ben Gotts auserweleten Freunden ynn Christo zu Bremen
(Luther, WA 18, S. 224-226).
112 Vgl. Moeller, Reformation in Bremen, S. 63.
113 Vgl. Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus
Chroniken), S. 228. Vor dem Ruf nach Bremen war
Probst anscheinend 1523 kurze Zeit im Dienst Graf Ennos
in Ostfriesland tätig gewesen.
114 Vgl. dazu Probsts Schrift: Fratris Iacobi praepositi
Augustiniani quondam prioris Antwerpiensis historia
utriusque captivitatis propter verbum Dei. Eiusdem
etiam epistola ad auditores suos Antwerpienses, Witten-
berg: Rhau-Grunenberg 1522.
115 Vgl. Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus
Chroniken), S. 229
116 Vgl. Iken, Niederdeutsche Sprache, S. 47.
117 Vgl. Bremer Pfarrerbuch 1, S. 69.
118 Vgl. ebd., S. 47. Zu Stunneberg s. auch die Bemerkung in
Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus Chro-
niken), S. 229.
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früheren Gelegenheiten wiesen die Vertreter Bremens darauf hin, daß die Berufung Zütphens nicht durch
den Rat, sondern durch die Kirchspielgenossen erfolgt sei. Gleichzeitig argumentierten sie nun aber auch
mit der Freiheit der Verkündigung, deren einziger Maßstab das Evangelium sei. Bremen war auf dem
Landtag weitgehend isoliert, da die anderen Stände des Stifts die Forderungen des Erzbischofs nach der
Entlassung Zütphens und der Zahlung einer Buße für die Zerstörung des Paulusklosters unterstützten110.
Fast zwei Jahre lang war Heinrich von Zütphen in Bremen tätig gewesen und hatte in dieser Zeit durch
seine Predigten eine große Anhängerschaft für die evangelische Botschaft gewonnen. Trotz aller Kritik und
Angriffe von seiten des Erzbischofs, der Stände des Stifts und des altgläubigen städtischen Klerus mit den
Domherren an der Spitze hatte der Bremer Rat an Zütphen festgehalten. Anscheinend sah Heinrich von
Zütphen seine Aufgabe in Bremen nun als erledigt an. Auf die Bitte des Meldorfer Pfarrers Nikolaus Boye
reiste er Ende November 1524 nach Dithmarschen, um dort das Evangelium zu verkündigen. Er wurde
gefangengenommen und am 11. Dezember in Heide öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt111.
B. Die Phase der Konsolidierung (1525-1529)
Mit dem Jahr 1525 trat die Reformation in Bremen in das Stadium der Konsolidierung112. Diese Phase ist
durch eine Erneuerung des geistlichen Personals und durch eine Änderung der gottesdienstlichen Gebräuche
gekennzeichnet. Da die Bemühungen der vom Rat eingesetzten zehnköpfigen Kommission, die Amtsinha-
ber der Pfarrkirchen für die Verkündigung des Evangeliums zu gewinnen, gescheitert waren, sah sich die
Stadt auswärts nach evangelischen Predigern um. Wohl noch auf Zütphens Vermittlung hin wurde im Mai
1524 Jakob Probst von Wittenberg nach Bremen berufen und von den Kirchspielgenossen der Liebfrau-
enkirche zum Prediger angenommen113. Wie Heinrich von Zütphen war Probst 1522 wegen der Verfolgung
durch die Inquisition aus den Niederlanden geflohen114. In Wittenberg hatte er geheiratet und brachte nun
seine Frau mit nach Bremen.
Als dritter Niederländer kam Johannes Timann von Wittenberg nach Bremen, wo er Prediger an
St. Martini wurde. Seine erste Predigt in der Martinikirche hielt er am 30. Juli 1525115. Durch die Nähe der
niederländischen Sprache zum Niederdeutschen dürfte die Verständigung der aus den Niederlanden stam-
menden Prediger mit den Bremern ohne größere Schwierigkeiten abgelaufen sein116. Die enge Verbindung
aller drei Prediger zu Luther und Melanchthon sorgte dafür, daß die Reformation in Bremen bis zur Mitte
des 16. Jh. weitgehend von Wittenberg und seinen Gewohnheiten geprägt war. Hatte Zütphen die refor-
matorische Botschaft nach Bremen gebracht, sollten Jakob Probst und Johannes Timann die organisato-
rischen Grundlagen der evangelischen Kirche in der Stadt an der Weser legen.
Neben Probst und Timann wurden noch weitere Prediger berufen. Mit Johannes Zelst (Selstius) aus
s’Hertogenbosch erhielt die Liebfrauenkirche einen zweiten evangelischen Prediger117. Und an Martini trat
der ehemalige Kaplan Ludolf Stunneberg an die Seite Timanns118. In beiden Pfarrkirchen hatten sich die
110 Vgl. Iken, Erste Epoche, S. 62f.; Heyne, Reformation in
Bremen, S. 26.
111 Über die Vorgänge in Dithmarschen berichtet Luther in
seiner im Februar 1525 zusammen mit einer Auslegung
von Ps 10 gedruckten Schrift „Vom Bruder Henrico in
Ditmar verbrannt“. Die Schrift war gewidmet: Allen lie-
ben Gotts auserweleten Freunden ynn Christo zu Bremen
(Luther, WA 18, S. 224-226).
112 Vgl. Moeller, Reformation in Bremen, S. 63.
113 Vgl. Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus
Chroniken), S. 228. Vor dem Ruf nach Bremen war
Probst anscheinend 1523 kurze Zeit im Dienst Graf Ennos
in Ostfriesland tätig gewesen.
114 Vgl. dazu Probsts Schrift: Fratris Iacobi praepositi
Augustiniani quondam prioris Antwerpiensis historia
utriusque captivitatis propter verbum Dei. Eiusdem
etiam epistola ad auditores suos Antwerpienses, Witten-
berg: Rhau-Grunenberg 1522.
115 Vgl. Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus
Chroniken), S. 229
116 Vgl. Iken, Niederdeutsche Sprache, S. 47.
117 Vgl. Bremer Pfarrerbuch 1, S. 69.
118 Vgl. ebd., S. 47. Zu Stunneberg s. auch die Bemerkung in
Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus Chro-
niken), S. 229.
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