Bremen
auch was ihren Inhalt anbelangt, an der Bremer Kirchenordnung von 1534. Sie ist jedoch sehr viel kürzer
als das Vorbild. Alle drei von Johannes Timann verfaßten bzw. mitverfaßten Kirchenordnungen zeichnen
sich durch eine große Anzahl biblischer Belegstellen, durch sehr viele Kirchenväterzitate und einen großen
Einfluß des Kanonischen Rechts aus182.
Von Ortwin Rudloff ist auch Jakob Probst, der Übersetzer der „Evangelischen Messe“ (Nr. 1), als
möglicher Mitverfasser der Bremer Kirchenordnung ins Spiel gebracht worden. Nach Rudloff gehen die
starke biblische Untermauerung des Textes und die Heranziehung des Kanonischen Rechts auf Probst
zurück. Vor allem macht er ihn aber für den „Einbruch unlutherischer Elemente“ in die sonst stark von der
lutherischen Lehre geprägte Kirchenordnung verantwortlich. Von Anneliese Sprengler-Ruppenthal wird
Probsts Anteil dagegen als eher gering eingeschätzt183.
Als Vorlagen für die Bremer Kirchenordnung dienten Melanchthons „Unterricht der Visitatoren“ und
Bugenhagens Kirchenordnungen, vor allem die braunschweigische von 1528184, die hamburgische von
1529185 und die von dieser abhängige lübeckische Kirchenordnung von 1531186. Auf Wunsch des Bremer
Rates wurde die von den Predigern vorgelegte Kirchenordnung nach Wittenberg zur Prüfung geschickt. In
einem Brief, welcher an den Anfang der gedruckten Kirchenordnung gesetzt worden ist, bestätigte Johannes
Bugenhagen dem Rat, daß die Ordnung götlick, christlick, billick unde nütte sei, und lobte die Gelehrsamkeit
der Bremer Prediger als ihrer Verfasser. Das einzige von Bugenhagen vorgetragene Monendum betraf die
Frage der Besoldung der Prediger187.
Die Kirchenordnung umfaßt sieben Kapitel. Im ersten Kapitel (S. 424-436), das „Van dem predig amte
unde Predicanten“ überschrieben ist, sind eine Reihe sehr unterschiedlicher Gegenstände zusammengefaßt.
So geht es um die Wahl der Prediger und die Einsetzung eines Superintendenten, um die Verkündigung des
Evangeliums, um die Binde- und Lösegewalt der Geistlichen und die Anwendung des Banns (Ausschluß
vom Abendmahl, nicht von der Teilnahme am Gottesdienst), aber auch um den großen Bereich Ehe (Ehe-
sachen sind ein äußerlich, weltlich ding) und um die Obrigkeit mit ihren Aufgaben. Das zweite Kapitel
(S. 436-441) ist der Taufe und den mit ihr verbundenen Zeremonien gewidmet. Gegenstand des dritten und
zugleich umfangreichsten Kapitels der Kirchenordnung (S. 441-461) ist das Abendmahl. Dabei spielt die
Abgrenzung gegen die abweichenden Lehren der Altgläubigen (die papistischen Sakramentsschänder) und
der Reformierten (die neuen Sakramentsschänder) eine zentrale Rolle. Im vierten Kapitel (S. 461-466)
„Van dem gebed“ ist neben dem Gebet und seiner Bedeutung für die Gemeinde auch der Ablauf der Got-
tesdienste am Sonntag und an den Werktagen sowie das Fasten dargestellt. Im fünften Kapitel (S. 467-471)
geht es um die Versorgung der Armen (s. Nr. 2 und 5), im sechsten Kapitel (S. 471-473) um die Schulen. Da
die Schüler häufig die Leichenzüge mit ihrem Gesang begleiteten, werden hier auch das Begräbnis und die
Friedhöfe behandelt. Das siebte und abschließende Kapitel (S. 473-483) „Vam Crütze“ beschäftigt sich
dann mit der Frage des Leides und des Trostes im Leid.
182 Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Gesammelte Aufsätze,
S. 408-420 und 459 sowie Rudloff, Väterverweise, S. 53-
76. Im Jahr 1532 hatte Timann mit den „Aliquot capita
praecipuae ac verae theologiae“ ein Florilegium von Kir-
chenväterzitaten zu den verschiedenen theologischen Loci
angelegt und mit den entsprechenden biblischen Beleg-
stellen versehen.
183 Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Gesammelte Aufsätze,
S. 439-446 sowie deren Einleitung in die Bremer Kirchen-
ordnung, S. 114f.
184 Der erbarn stadt Brunswig christlike ordeninge to denste
dem hilgen evangelio, christliker leve, tucht, frede und
eynicheit. Ock darunder vele christlike lere vor de bor-
gere, in Sehling, EKO VI,1,1, S. 348-455.
185 Der erbarn stadt Hamborch christlike ordeninge, tho den-
ste dem evangelio Christi, christliker leve, tucht, frede
unde einicheit, in Sehling, EKO V, S. 488-540.
186 Der keiserliken stadt Lübeck christlike Ordeninge, tho
denste dem hilgen Evangelio, Christliker leve, tucht,
frede unde enicheit vor de jöget in einer guden Scholen
tho lerende. Unde de Kerken denere und rechten armen
Christlick the vorsorgende, in Sehling, EKO V, S. 334-
368.
187 Vgl. auch Bugenhagens Sorge um eine ausreichende Besol-
dung des Klerus bei seiner Arbeit an der dänischen Kir-
chenordnung („Kirkeordinansen“), dazu Martin
Schwarz Lausten, Kirchenordnungen in Dänemark-
Norwegen in der Reformationszeit, in Arend / Dörner,
Ordnungen für die Kirche, S. 275-290, hier: S. 283f.
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auch was ihren Inhalt anbelangt, an der Bremer Kirchenordnung von 1534. Sie ist jedoch sehr viel kürzer
als das Vorbild. Alle drei von Johannes Timann verfaßten bzw. mitverfaßten Kirchenordnungen zeichnen
sich durch eine große Anzahl biblischer Belegstellen, durch sehr viele Kirchenväterzitate und einen großen
Einfluß des Kanonischen Rechts aus182.
Von Ortwin Rudloff ist auch Jakob Probst, der Übersetzer der „Evangelischen Messe“ (Nr. 1), als
möglicher Mitverfasser der Bremer Kirchenordnung ins Spiel gebracht worden. Nach Rudloff gehen die
starke biblische Untermauerung des Textes und die Heranziehung des Kanonischen Rechts auf Probst
zurück. Vor allem macht er ihn aber für den „Einbruch unlutherischer Elemente“ in die sonst stark von der
lutherischen Lehre geprägte Kirchenordnung verantwortlich. Von Anneliese Sprengler-Ruppenthal wird
Probsts Anteil dagegen als eher gering eingeschätzt183.
Als Vorlagen für die Bremer Kirchenordnung dienten Melanchthons „Unterricht der Visitatoren“ und
Bugenhagens Kirchenordnungen, vor allem die braunschweigische von 1528184, die hamburgische von
1529185 und die von dieser abhängige lübeckische Kirchenordnung von 1531186. Auf Wunsch des Bremer
Rates wurde die von den Predigern vorgelegte Kirchenordnung nach Wittenberg zur Prüfung geschickt. In
einem Brief, welcher an den Anfang der gedruckten Kirchenordnung gesetzt worden ist, bestätigte Johannes
Bugenhagen dem Rat, daß die Ordnung götlick, christlick, billick unde nütte sei, und lobte die Gelehrsamkeit
der Bremer Prediger als ihrer Verfasser. Das einzige von Bugenhagen vorgetragene Monendum betraf die
Frage der Besoldung der Prediger187.
Die Kirchenordnung umfaßt sieben Kapitel. Im ersten Kapitel (S. 424-436), das „Van dem predig amte
unde Predicanten“ überschrieben ist, sind eine Reihe sehr unterschiedlicher Gegenstände zusammengefaßt.
So geht es um die Wahl der Prediger und die Einsetzung eines Superintendenten, um die Verkündigung des
Evangeliums, um die Binde- und Lösegewalt der Geistlichen und die Anwendung des Banns (Ausschluß
vom Abendmahl, nicht von der Teilnahme am Gottesdienst), aber auch um den großen Bereich Ehe (Ehe-
sachen sind ein äußerlich, weltlich ding) und um die Obrigkeit mit ihren Aufgaben. Das zweite Kapitel
(S. 436-441) ist der Taufe und den mit ihr verbundenen Zeremonien gewidmet. Gegenstand des dritten und
zugleich umfangreichsten Kapitels der Kirchenordnung (S. 441-461) ist das Abendmahl. Dabei spielt die
Abgrenzung gegen die abweichenden Lehren der Altgläubigen (die papistischen Sakramentsschänder) und
der Reformierten (die neuen Sakramentsschänder) eine zentrale Rolle. Im vierten Kapitel (S. 461-466)
„Van dem gebed“ ist neben dem Gebet und seiner Bedeutung für die Gemeinde auch der Ablauf der Got-
tesdienste am Sonntag und an den Werktagen sowie das Fasten dargestellt. Im fünften Kapitel (S. 467-471)
geht es um die Versorgung der Armen (s. Nr. 2 und 5), im sechsten Kapitel (S. 471-473) um die Schulen. Da
die Schüler häufig die Leichenzüge mit ihrem Gesang begleiteten, werden hier auch das Begräbnis und die
Friedhöfe behandelt. Das siebte und abschließende Kapitel (S. 473-483) „Vam Crütze“ beschäftigt sich
dann mit der Frage des Leides und des Trostes im Leid.
182 Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Gesammelte Aufsätze,
S. 408-420 und 459 sowie Rudloff, Väterverweise, S. 53-
76. Im Jahr 1532 hatte Timann mit den „Aliquot capita
praecipuae ac verae theologiae“ ein Florilegium von Kir-
chenväterzitaten zu den verschiedenen theologischen Loci
angelegt und mit den entsprechenden biblischen Beleg-
stellen versehen.
183 Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Gesammelte Aufsätze,
S. 439-446 sowie deren Einleitung in die Bremer Kirchen-
ordnung, S. 114f.
184 Der erbarn stadt Brunswig christlike ordeninge to denste
dem hilgen evangelio, christliker leve, tucht, frede und
eynicheit. Ock darunder vele christlike lere vor de bor-
gere, in Sehling, EKO VI,1,1, S. 348-455.
185 Der erbarn stadt Hamborch christlike ordeninge, tho den-
ste dem evangelio Christi, christliker leve, tucht, frede
unde einicheit, in Sehling, EKO V, S. 488-540.
186 Der keiserliken stadt Lübeck christlike Ordeninge, tho
denste dem hilgen Evangelio, Christliker leve, tucht,
frede unde enicheit vor de jöget in einer guden Scholen
tho lerende. Unde de Kerken denere und rechten armen
Christlick the vorsorgende, in Sehling, EKO V, S. 334-
368.
187 Vgl. auch Bugenhagens Sorge um eine ausreichende Besol-
dung des Klerus bei seiner Arbeit an der dänischen Kir-
chenordnung („Kirkeordinansen“), dazu Martin
Schwarz Lausten, Kirchenordnungen in Dänemark-
Norwegen in der Reformationszeit, in Arend / Dörner,
Ordnungen für die Kirche, S. 275-290, hier: S. 283f.
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