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Bagordo, Andreas; Leucon
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 1,2): Leukon - Xenophilos: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verl. Antike, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.47762#0204
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Incertae fabulae (?) fragmentum (fr. 1)

203

Der alexandrinische Philosoph und Aristoteles-Kommentator Ammonios
(5./6. Jh.) geht bei seinem Zitat von v. 4 (und anschließend von Hom. B 204)
von der aristotelischen Definition der adioristos apophasis ,unbestimmte
Verneinung“ (Aristot. De interpr. 17b 26) aus (vgl. die Wiedergabe von Ammo-
nios’ Erklärung durch Blank 1996, 121). Im Kap. 7 von Aristoteles’ Περί ερμη-
νείας geht es nämlich um den Unterschied zwischen einem Allgemeinen, von
dem eine allgemeine Aussage getroffen werden kann und dessen Bejahung
und Verneinung konträr sind, und einem Einzelnen.
Zu den anderen Zitatträgern vgl. hier oben, zu test. 5 (für Diomedes), zu
test. 7 (für Johannes Diakonos), zu test. 8a. 8b (für Tzetzes), zu test. 9 (für das
Scholion zu Dionysios Thrax) und zu test. 9 (für den Anonymus Crameri).
Textgestalt Das Fehlen von v. 2 bei einigen Zitatträgern (Stobaios, Anon.
Cramer I, Diomedes) hat diesen Vers verdächtig erscheinen lassen (vgl. Kaibel
in Kassel-Austin z.St.: „falsarius interpolatorem nanctus est“ und Kerkhof
2001, 44); wenn λέγει τάδε gegen weitere überlieferte Lesarten wie τάδε
λέγει oder ταϋτα λέγει metrisch gesichert ist, stellt das εύρεϊν bei mehreren
Zitatträgern eine zumindest denkbare Alternative zu οίκεϊν dar (,es ist nicht
möglich, ein Haus zu finden ohne Übel“).
Interpretation Die unter dem Namen des Susarion kursierenden Verse sind
eine Art Appell an die Öffentlichkeit, mit den Konsequenzen des Zusam-
menlebens mit einer Frau zu rechnen: der resignierte Schluß lautet aber, daß
die Frau zwar an sich etwas Übles sei, für die Haushaltsführung jedoch ein
notwendiges Übel. Wenn es echt sein sollte - was zu bezweifeln ist (vgl. hier
unten) - würde das Fragment, zusammen mit Hes. Op. 57-8 (τοϊς δ’ έγώ
άντι πυρός δώσω κακόν, ώ κεν άπαντες / τέρπωνται κατά θυμόν έόν κακόν
άμφαγαπώντες; vgl. auch Theog. 600-10, bes. 600-1 ώς δ’ αύτως άνδρεσσι κα-
κόν θνητοϊσι γυναίκας / Ζευς ύψιβρεμέτης θήκε), Semonides’ Weiberiambos
(Sem. fr. 7 W.2) sowie dessen elegisches Pendant Phocyl. fr. 2 W.2 und Hippon.
fr. 66 Deg. = fr. 68 W.2 zu den frühesten Beispielen für misogyne Invektive
zählen (vgl. McClure 1999, 377).
Sowohl v. 2 (mit der deklarierten Herkunft aus Megara) als auch v. 5 (der
im Hinblick auf die vorangehenden Verse inkonsequent erscheint) stehen un-
ter Verdacht, interpoliert zu sein. Auch abgesehen von diesen beiden Versen
steht die Echtheit des ganzen Fragments aus mehreren Gründen in Frage:
wenn ein Susarion tatsächlich noch im 6. Jh. v. Chr. in irgendeiner Form
mit der Entstehung der Gattung Komödie im Zusammenhang stand - aller-
dings vor einer fast jahrhundertelangen Zwischenzeit bis zu den offiziellen
Komödienagonen, in der nichts von der bzw. über die Komödie überliefert ist
(vgl. hier oben, Einleitung, S. 185-6) -, dann ist es extrem unwahrscheinlich,
 
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