Incertarum fabularum fragmenta (fr. 3)
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auszugeben bereit ist. Voraussetzung für eine Affinität zu Thugenides’ Vers
wäre nur der unwahrscheinliche Fall, daß hier ebenfalls eine Prostituierte
spricht und sich ausgerechnet über den Geiz ihres Kupplers äußert (zu dieser
Figur in der Archaia vgl. hier oben, zu Myrt. fr. 5,2); das ist nur eine der vielen
möglichen Personen-Konstellationen. Die einzigen Elemente, die feststehen,
sind: 1) da sich εις όψώνιον höchstwahrscheinlich nicht als ,zum Lohn“ deuten
läßt (vgl. hier unten, zum Wort), muß hier von einem einfachen Einkauf von
Essen (gemäß der wörtl. Wortbedeutung) die Rede sein; 2) die extrem niedrige
Geldsumme suggeriert, daß, wer sie für das Essen erbat, die Charakterzüge
eines Geizhalses trägt. Eher hypothetisch muß die Annahme bleiben, daß es
sich bei dem vermeintlichen Geizhals um einen älteren, sozial hochgestellten
Mann handeln, die Aussage gleichwohl von einer subalternen Rollenfigur
stammen könnte (in Frage kämen etwa Sklaven, Parasiten, Prostituierte).
Entfällt die Bedeutung ,Lohn‘ für όψώνιον, dann erübrigt sich auch jegli-
che Implikation ökonomischer Natur bezüglich der Tagelöhne im 5. Jh. v. Chr.
(wie etwa in Eich 2006, 202-3 unter Verweis auf Thugenides’ Fragment ange-
nommen: „Drei Obolen sind schon für die Zeit um 430 v. Chr. als Umfang des
όψώνιον, des Tagelohnes [...] belegt“).
ητησεν εις όψώνιον Diese Konstruktion von αίτεϊν auch in Ar. Plut.
982-3 (άλλ’ αργυρίου δραχμάς άν ητησ’ ε’ίκοσιν / εις ίμάτιον). Das όψώνιον
(von όψον ,Zukost“, ,Zubrot [bes. Fleisch, in Athen jedoch eher Fisch]“, Ver-
pflegung“ - ein Wort, das nicht mit εψειν ,kochen“,,sieden“ zu tun hat, vielmehr
mit ψήν ,kauen“, ψωμάς ,Brot“ - und ώνεϊσθαι,kaufen“; vgl. Frisk GEW, s.v.)
ist wörtl. ,was zum Einkäufen von opson bestimmt ist“. Der übertragene Sinn
Sold, Lohn (vgl. das lat. Lehnwort obsoniuni) ist nicht nur spät, sondern selbst
in vielen der späten Belege fragwürdig (dies ist das Ergebnis der ausführlichen
Wortgeschichte in Caragounis 1974, der sich über Thugenides’ Beleg - den
frühesten überhaupt - so äußert [36 A. 5]: „Since the ‘obol’ was about the
smallest coin, being 1/6 of a drachma, Ihugenides’s frag, could hardly refer
to a salary“; die Wiedergabe des Fragments durch Edmonds I 197 „begged
(me) for threepence for a bit of fish“ ist somit - trotz des wohl zu engen
Verständnisses von opsönion, das nicht unbedingt nur auf,Fisch“ beschränkt
werden muß - grundsätzlich korrekt; anders als die Erklärung von Storey III
357: „He (she) asked for three obols as a salary“).
Der Ausdruck εις όψώνιον ist in der klass. Zeit sonst unbezeugt und kommt
erst in Polyb. V 89,4 wieder vor. Das Verb όψωνεϊν (denominal, aus dem in
Ar. fr. 517,1 [Tagenistai] erstmals belegten Nomen agentis όψώνης) erscheint
hingegen in der Komödie häufig (absolut, wie in Ar. Vesp. 495 ούτος όψωνεϊν
εοιχ’ άνθρωπος έπι τυραννίδι, oder transitiv; weitere Stellen in Orth 2009, zu
Straft, fr. 45,2 [Philoktetes]).
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auszugeben bereit ist. Voraussetzung für eine Affinität zu Thugenides’ Vers
wäre nur der unwahrscheinliche Fall, daß hier ebenfalls eine Prostituierte
spricht und sich ausgerechnet über den Geiz ihres Kupplers äußert (zu dieser
Figur in der Archaia vgl. hier oben, zu Myrt. fr. 5,2); das ist nur eine der vielen
möglichen Personen-Konstellationen. Die einzigen Elemente, die feststehen,
sind: 1) da sich εις όψώνιον höchstwahrscheinlich nicht als ,zum Lohn“ deuten
läßt (vgl. hier unten, zum Wort), muß hier von einem einfachen Einkauf von
Essen (gemäß der wörtl. Wortbedeutung) die Rede sein; 2) die extrem niedrige
Geldsumme suggeriert, daß, wer sie für das Essen erbat, die Charakterzüge
eines Geizhalses trägt. Eher hypothetisch muß die Annahme bleiben, daß es
sich bei dem vermeintlichen Geizhals um einen älteren, sozial hochgestellten
Mann handeln, die Aussage gleichwohl von einer subalternen Rollenfigur
stammen könnte (in Frage kämen etwa Sklaven, Parasiten, Prostituierte).
Entfällt die Bedeutung ,Lohn‘ für όψώνιον, dann erübrigt sich auch jegli-
che Implikation ökonomischer Natur bezüglich der Tagelöhne im 5. Jh. v. Chr.
(wie etwa in Eich 2006, 202-3 unter Verweis auf Thugenides’ Fragment ange-
nommen: „Drei Obolen sind schon für die Zeit um 430 v. Chr. als Umfang des
όψώνιον, des Tagelohnes [...] belegt“).
ητησεν εις όψώνιον Diese Konstruktion von αίτεϊν auch in Ar. Plut.
982-3 (άλλ’ αργυρίου δραχμάς άν ητησ’ ε’ίκοσιν / εις ίμάτιον). Das όψώνιον
(von όψον ,Zukost“, ,Zubrot [bes. Fleisch, in Athen jedoch eher Fisch]“, Ver-
pflegung“ - ein Wort, das nicht mit εψειν ,kochen“,,sieden“ zu tun hat, vielmehr
mit ψήν ,kauen“, ψωμάς ,Brot“ - und ώνεϊσθαι,kaufen“; vgl. Frisk GEW, s.v.)
ist wörtl. ,was zum Einkäufen von opson bestimmt ist“. Der übertragene Sinn
Sold, Lohn (vgl. das lat. Lehnwort obsoniuni) ist nicht nur spät, sondern selbst
in vielen der späten Belege fragwürdig (dies ist das Ergebnis der ausführlichen
Wortgeschichte in Caragounis 1974, der sich über Thugenides’ Beleg - den
frühesten überhaupt - so äußert [36 A. 5]: „Since the ‘obol’ was about the
smallest coin, being 1/6 of a drachma, Ihugenides’s frag, could hardly refer
to a salary“; die Wiedergabe des Fragments durch Edmonds I 197 „begged
(me) for threepence for a bit of fish“ ist somit - trotz des wohl zu engen
Verständnisses von opsönion, das nicht unbedingt nur auf,Fisch“ beschränkt
werden muß - grundsätzlich korrekt; anders als die Erklärung von Storey III
357: „He (she) asked for three obols as a salary“).
Der Ausdruck εις όψώνιον ist in der klass. Zeit sonst unbezeugt und kommt
erst in Polyb. V 89,4 wieder vor. Das Verb όψωνεϊν (denominal, aus dem in
Ar. fr. 517,1 [Tagenistai] erstmals belegten Nomen agentis όψώνης) erscheint
hingegen in der Komödie häufig (absolut, wie in Ar. Vesp. 495 ούτος όψωνεϊν
εοιχ’ άνθρωπος έπι τυραννίδι, oder transitiv; weitere Stellen in Orth 2009, zu
Straft, fr. 45,2 [Philoktetes]).