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Incertarum Fabularum Fragmenta (fr. 3)

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Kein Grund besteht zu einer Änderung des überlieferten βληχάζουσιν
(mit für die Alte Komödie ungewöhnlicher Correptio Attica bei βλ-)247 zu
μηκάζουσιν (Kock I 806; „perhaps rightly“ Edmonds I 944 Anm. 2). Bei Ar.
Vesp. 570 τα δέ συγκύψανθ’ άμα βληχάται findet vor βλ- ebenfalls Correptio
Attica statt,248 und zwar interessanterweise vor demselben lautmalerischen
Verb für das Blöken von Schafen (allerdings in der sonst üblichen Form
βληχώμαι), vgl. Holzinger 1928, 25 Anm.: „Wenn sich die Tragiker die Kürze
vor βλ gegen die Hauptregel häufig genug gestatteten und ebenso auch die
späteren Komiker, warum sollte sich nicht ausnahmsweise ein Übergang zu
dieser salopperen Handhabung der Sprachmittel auch schon bei Aristophanes
finden? Ich halte es nicht für einen Zufall, daß sich bei Autokrates diese Kürze
gerade auch wieder vor dem Naturlaute βλη vorfindet, der wie im Deutschen
das Blöken der Schafe klangmalend darstellen soll“.
Interpretation Das ohne Titel überlieferte Fragment stammt wahrscheinlich
ebenfalls aus den Tympanistai (dem einzigen für Autokrates bezeugten Stück,
vgl. test. 1 und 2).
Je nachdem, ob man ohne Artikel αμνοί oder mit Artikel αμνοί liest, sind
verschiedene Deutungen des Fragments möglich: Ohne Artikel könnte man
an eine ganz allgemeine Aussage denken, z. B. einen Teil einer Aufzählung
verschiedener Tiere und der Gründe, warum sie bestimmte haute von sich
geben.249 Mit dem Artikel könnte das Fragment dagegen Teil einer Erzählung
sein, bei der zuvor berichtet worden ist, warum die hämmer in einer bestimm-
ten Situation keinen Zugang zur Milch mehr haben.250

247 Correptio Attica bei βλ ist in anderen Gattungen (Pindar, Tragödie) ebenso belegt
wie in der späteren Komödie, während sie in der Alten Komödie ungewöhnlich
ist (vgl. Meineke I 294-5 und Holzinger 1928, 24-5 Anm. 2); als weitere mögliche
Komödienbelege nennt MacDowell 1971, 209 Eup. fr. 119 (wo Kassel/Austin anstelle
des überlieferten άμα βλυστονήσαι Meinekes άμβλυστονήσαι in den Text setzen),
Ar. Eys. 384 άρδω σ’ όπως άναβλαστανεϊς (wo Sommerstein und Wilson Bruncks
άν βλαστάνρς in den Text setzen) und Theopomp. com. fr. 5 (wo Kassel/Austin für
das überlieferte μητρός έβλαστε τη πόλει Austins μητρός έβλαστ’ έν πόλει in den
Text setzen).
248 Die Überlieferung wird von MacDowell, Sommerstein und Wilson gehalten.
249 Zu Lämmern, die blöken, weil sie die Muttermilch vermissen, vgl. Eur. Cycl. 55-9
σπαργώντας μαστούς χάλασον· / δέξαι θηλάς πορίσασ’ / οϋς λείπεις άρνών
θαλάμοις. / ποθοΰσί σ’ άμερόκοι/τοι βλαχαί σμικρών τεκέων.
250 Über die Gründe der Milchlosigkeit lässt sich in diesem Fall nur spekulieren.
Ebenso bleibt unklar, ob hier ein kultischer Zusammenhang besteht. Wenn der
Grund für die Milchlosigkeit der Lämmer ein erhöhter Bedarf der Menschen ist,
dann könnte man im Kybelekult z. B. an die zumindest im 4. Jh. v. Chr. in Athen
 
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