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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2003
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Jahresfeier am 24. Mai 2003
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Begrüssung durch den Präsidenten Peter Graf Kielmansegg
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0019
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24. Mai 2003 | 31

schäften brauchen. Beide Voten, die wir übrigens mit dem schuldigen Respekt, aber
durchaus unaufgeregt erwarten, werden auf die Zukunft der Akademien einen
erheblichen Einfluß haben. Ich will mich deshalb mit meinen Zukunftsbemerkun-
gen auf eben diese beiden Themen konzentrieren.
Das Akademienprogramm, von Bund und Ländern gemeinsam finanziert, ist
das finanzielle Fundament eines Großteils unserer Forschung. Wir wissen, daß
schwierige Zeiten vor uns liegen — vor uns wie vor allen staatsfinanzierten Einrich-
tungen. Und mit jeder neuen Prognose wird deutlicher, daß „schwierig“ wahr-
scheinlich em viel zu sanftes Wort ist. Wir wissen auch, daß wir unter Beweis wer-
den stellen müssen, wie man mit schwierigen Bedingungen kreativ umgehen kann.
Wir bereiten uns darauf vor. Wir sind zum Beispiel fest entschlossen, neue Vorhaben
zu beginnen, auch wenn unsere Handlungsspielräume enger werden. Wir haben
exzellente Anträge zum Akademienprogramm vorgelegt.
Worauf wir freilich mit allem Nachdruck bestehen müssen, ist, daß wir nicht
schlechter behandelt werden als andere, wie es in diesem Jahr geschehen ist, mit dem
einzigen - natürlich unausgesprochenen - Argument, daß die Forschung an den
Akademien nicht so populär und deshalb auch nicht so wichtig sei wie andere For-
schung. Lassen Sie mich mit aller Deutlichkeit sagen: Für mich hat die über das
Akademienprogramm finanzierte Forschung an den Akademien der Wissenschaften
in Deutschland inzwischen Symbolbedeutung. Immer stärker wird der gesamte
Wissenschaftsbetrieb in diesem Land einem Nützlichkeitsdenken unterworfen, das
auch derVerständnisvollste nicht weitsichtig nennen kann. Das Akademienprogramm
in seiner besonderen „Unnützlichkeit“ ist ein Gradmesser dafür, ob hierzulande die
Einsicht bewahrt wird, daß eine Wissenschaftsforderung, die nur noch nach dem
raschen Beitrag der Forschung zum Bruttosozialprodukt fragt, nicht nur eines Kul-
turstaates unwürdig ist, sondern auf die Dauer auch ihren eigenen Zweck verfehlt.
Und da gibt es noch etwas, womit wir uns schwer tun bei aller Bereitschaft,
uns auf schwierige Zeiten einzustellen. Vollbremsungen im Haushalt, verknüpft mit
von der gleichen öffentlichen Hand konzedierten signifikanten Tarifsteigerungen,
wie wir das in den letzten Monaten erlebt haben, sind schlicht schizophren. Ich sage
das in dieser Deutlichkeit, weil die Akademie als kleiner Arbeitgeber ganz unmittel-
bar vor Augen hat, was diese schizophrene Politik bedeutet. Die Erhöhung der Ein-
kommen derer, die Arbeitsplätze haben, wird bezahlt mit der Zerstörung der Chan-
cen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist auch für die Wissenschaft verhängnisvoll.
Der Wissenschaftsrat soll nicht nur die Frage beantworten, ob die durch das
Akademienprogramm finanzierte Forschung der deutschen Akademien etwas taugt,
sondern auch die Frage, ob wir eine nationale deutsche Akademie der Wissenschaf-
ten brauchen. Brauchen wir sie? Sie werden vom Präsidenten der Heidelberger
Akademie kein emphatisches Ja erwarten. Was Sie erwarten dürfen, was die Öffent-
lichkeit erwarten darf, ist, daß wir die Frage als Anstoß zu einer kritischen Selbst-
reflexion aufnehmen und daß wir, wenn es denn bei unserer Skepsis gegenüber einer
nationalen deutschen Akademie bleibt, gute Gründe für diese Skepsis nennen.
Zwei Argumente sind mit dem — übrigens nicht sehr lauten — Ruf nach einer
nationalen deutschen Akademie der Wissenschaften vornehmlich vorgebracht wor-
 
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