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SITZUNGEN
wusst gemacht wurde (vgl. Literaturangaben in 2, 3, 10, 20, 25, 27), ergab sich doch
erst 1990—1991, in den Tagen der weltpolitischen „Wende“, die Möglichkeit, ein-
deutige Beweismittel sicherzustellen: In einem kurzen, geschichtlich außergewöhn-
lichen Zeitabschnitt gelang es, umfangreiches und eindeutiges Dokumentenmateri-
al „vor dem Reißwolf1 zu bewahren. Vor allem in der DDR waren mit fast schon
wissenschaftlicher Systematik und der oft selbstgepriesenen „deutschen Gründlich-
keit“ geheime Dissertationen, Habilitationsschriften, wissenschaftliche Auswertungs-
berichte und medizinische Behandlungsdokumente in beträchtlicher Anzahl ange-
fertigt worden, in denen die Täter selbst ihre Untaten in teilweise erschreckend kalt-
blütiger Diktion und stolzen Erfolgsmeldungen an Staat und Partei (SED)
festgehalten hatten. Diese geschichtliche Wahrheit in umfangreichen Dokumenten
wurde — offenbar gegen den Willen der Täter, aber auch gegen den politischen Wil-
len des gerade wiedervereinigten Deutschland und bemerkenswerterweise auch
gegen den Wunsch bestimmter führender Kreise und Personen der deutschen Wis-
senschaft1 — gesammelt, gesichert, entschlüsselt, ausgewertet, unter Dutzenden von
zivilrechtlichen wie strafrechtlichen Auseinandersetzungen im In- und Ausland ver-
öffentlicht und außerdem als Grundlage einer Strafanzeige der Staatsanwaltschaft bei
dem Landgericht Berlin zugeleitet (Veröffentlichungen dazu: 2, 3,10,14,18—21). Ein
Teil dieser Dokumente ging dann auch in den Bericht der Enquete-Kommission des
Deutschen Bundestages zur „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-
Diktatur in Deutschland“ em (11). Bei der dazugehörigen Anhörung vor dieser
Kommission wurde dann erstmals noch eine weitere wichtige Quelle geheimer
Informationen entdeckt: Fast alle am DDR-Dopingsystem Beteiligten — Funktionä-
re, Trainer, Mediziner, Wissenschaftler, aber auch viele Sportler selbst — hatten Spit-
zelberichte für das Ministerium für Staatssicherheit verfasst, in denen gerade dieser
besonders geheime Komplex, die Verabreichung „unterstützender Mittel“ (UM), wie
sie in der Orwell sehen Sprachregelung des Systems seit 1973 ausschließlich hießen,
eine große Rolle spielte.
Obwohl die Haupttäter ihre Untaten lange abstritten oder verniedlichen woll-
ten (z.B. 9), in Veröffentlichungen gezielt Falsches behaupteten (z.B. 13) und viele
bereits wieder in diesen Bereichen — Sport, Politik, Pharma-Industrie — tätig waren,
und obwohl em möglicher Erfolg dieser Strafanzeigen zunächst allgemein - gerade
auch unter Juristen — als gering eingeschätzt wurde und viel Zeit mit teilweise
erstaunlich ineffizienter Ermittlungsarbeit verstrich, fanden dann doch von
1998—2000 mehrere Strafprozesse in Berlin, aber auch an anderen Orten statt, die zu
insgesamt mehr als 100 Strafurteilen wegen Körperverletzung - Freiheitsstrafen auf
Bewährung (Maximalstrafe: 22 Monate) oder Geldstrafen — führten (12,18—24). Der
uneinsichtigen Hartnäckigkeit der verurteilten Körperverletzer Manfred Ewald und
1 Der Autor wurde sogar wegen dieser inopportunen Sicherstellung geheimer Dissertationen —
ordnungsgemäß ausgeliehen — von der betreffenden Evaluierungskommission des deutschen Wis-
senschaftsrates ausgeschlossen (vgl. Darstellung Ref. 7).
SITZUNGEN
wusst gemacht wurde (vgl. Literaturangaben in 2, 3, 10, 20, 25, 27), ergab sich doch
erst 1990—1991, in den Tagen der weltpolitischen „Wende“, die Möglichkeit, ein-
deutige Beweismittel sicherzustellen: In einem kurzen, geschichtlich außergewöhn-
lichen Zeitabschnitt gelang es, umfangreiches und eindeutiges Dokumentenmateri-
al „vor dem Reißwolf1 zu bewahren. Vor allem in der DDR waren mit fast schon
wissenschaftlicher Systematik und der oft selbstgepriesenen „deutschen Gründlich-
keit“ geheime Dissertationen, Habilitationsschriften, wissenschaftliche Auswertungs-
berichte und medizinische Behandlungsdokumente in beträchtlicher Anzahl ange-
fertigt worden, in denen die Täter selbst ihre Untaten in teilweise erschreckend kalt-
blütiger Diktion und stolzen Erfolgsmeldungen an Staat und Partei (SED)
festgehalten hatten. Diese geschichtliche Wahrheit in umfangreichen Dokumenten
wurde — offenbar gegen den Willen der Täter, aber auch gegen den politischen Wil-
len des gerade wiedervereinigten Deutschland und bemerkenswerterweise auch
gegen den Wunsch bestimmter führender Kreise und Personen der deutschen Wis-
senschaft1 — gesammelt, gesichert, entschlüsselt, ausgewertet, unter Dutzenden von
zivilrechtlichen wie strafrechtlichen Auseinandersetzungen im In- und Ausland ver-
öffentlicht und außerdem als Grundlage einer Strafanzeige der Staatsanwaltschaft bei
dem Landgericht Berlin zugeleitet (Veröffentlichungen dazu: 2, 3,10,14,18—21). Ein
Teil dieser Dokumente ging dann auch in den Bericht der Enquete-Kommission des
Deutschen Bundestages zur „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-
Diktatur in Deutschland“ em (11). Bei der dazugehörigen Anhörung vor dieser
Kommission wurde dann erstmals noch eine weitere wichtige Quelle geheimer
Informationen entdeckt: Fast alle am DDR-Dopingsystem Beteiligten — Funktionä-
re, Trainer, Mediziner, Wissenschaftler, aber auch viele Sportler selbst — hatten Spit-
zelberichte für das Ministerium für Staatssicherheit verfasst, in denen gerade dieser
besonders geheime Komplex, die Verabreichung „unterstützender Mittel“ (UM), wie
sie in der Orwell sehen Sprachregelung des Systems seit 1973 ausschließlich hießen,
eine große Rolle spielte.
Obwohl die Haupttäter ihre Untaten lange abstritten oder verniedlichen woll-
ten (z.B. 9), in Veröffentlichungen gezielt Falsches behaupteten (z.B. 13) und viele
bereits wieder in diesen Bereichen — Sport, Politik, Pharma-Industrie — tätig waren,
und obwohl em möglicher Erfolg dieser Strafanzeigen zunächst allgemein - gerade
auch unter Juristen — als gering eingeschätzt wurde und viel Zeit mit teilweise
erstaunlich ineffizienter Ermittlungsarbeit verstrich, fanden dann doch von
1998—2000 mehrere Strafprozesse in Berlin, aber auch an anderen Orten statt, die zu
insgesamt mehr als 100 Strafurteilen wegen Körperverletzung - Freiheitsstrafen auf
Bewährung (Maximalstrafe: 22 Monate) oder Geldstrafen — führten (12,18—24). Der
uneinsichtigen Hartnäckigkeit der verurteilten Körperverletzer Manfred Ewald und
1 Der Autor wurde sogar wegen dieser inopportunen Sicherstellung geheimer Dissertationen —
ordnungsgemäß ausgeliehen — von der betreffenden Evaluierungskommission des deutschen Wis-
senschaftsrates ausgeschlossen (vgl. Darstellung Ref. 7).