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ANTRITTSREDEN
Antrittsrede von Herrn MANFRED G. SCHMIDT
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 10. Mai 2003.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Ihr Beschluss, mich in die Heidelberger Akademie der
Wissenschaften aufzunehmen, ehrt mich sehr — und er
erklärt zugleich, warum ich vor Ihnen meine Antritts-
rede halten darf. Komplizierter ist hingegen die
Erklärung dafür, dass mir überhaupt die Chance zuteil
wurde, Wissenschaftler zu werden und in der Wissen-
schaft em Stück des Wegs voranzukommen. Jeder ist
seines Glückes Schmied, so heißt es. Das mag sein.
Denn Fleiß, Zielstrebigkeit und Begeisterung für wis-
senschaftliches Beobachten und Erklären, um nur eini-
ge begünstigende Faktoren zu erwähnen, erleichtern den Einstieg in die Wissen-
schaft als Beruf und das Fortkommen in ihr. Doch zum Schmieden des Glückes
gehören auch vom Einzelnen nicht kontrollierbare günstige Rahmenbedingungen
und Helfer.Von beiden berichte ich im Folgenden, um nachzuzeichnen, was mir den
Weg zur Wissenschaft als Beruf ebnete.
Vorgezeichnet war mein Weg in die Wissenschaft nicht. Im Gegenteil: Dieser
Weg war nicht sonderlich wahrscheinlich. Alleine aus eigenen Kräften hätten meine
Eltern eine lange kostspielige Ausbildung bis zum Universitätsabschluss nicht finan-
zieren können. Obendrein hatte das Elternhaus realistisch moderate Ansprüche an
Ausbildungsdauer und Ausbildungsabschluss. Wie hätte es anders sein sollen? Weder
Vater noch Mutter noch Großeltern und Urgroßeltern hatten je em Gymnasium
von innen gesehen, geschweige denn eine Universität.
Mein Werdegang im Bildungswesen führt aber dann doch weit weg von dem
Pfad, der nach altem Brauch für mich der wahrscheinlichste war: Grundschule und
Mittlere Reife. Mir wurde ein anderer Weg geöffnet: Nach vier Grundschuljahren
durfte ich das Graf-Zeppelin-Gymnasium in Friedrichshafen an meinem geliebten
Bodensee besuchen. 1967 legte ich dort die Reifeprüfung ab, wurde anschließend
zum 18-monatigen Wehrdienst eingezogen, der mir 18 Jahre zu währen schien. Von
1969 bis 1974 folgten das Studium der Anglistik und der Politikwissenschaft an der
Universität Heidelberg, 1975 die Promotion in Tübingen, 1981 die Habilitation an
der Universität Konstanz. Jahre der Wanderschaft schlossen sich an: zunächst als
Privatdozent und Lehrstuhlvertreter an der Universität Mannheim und der Freien
Universität Berlin, dann als Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsge-
meinschaft und seit 1984 als Professor — mit den Stationen Freie Universität Berlin,
Ruprecht-Karls-Universität, Zentrum für Sozialpolitik in Bremen und seit 2001
erneut Ruperto Carola.
Besonders förderliche Bedingungen wurden mir beim Weg in die Wissenschaft
als Beruf zuteil. Und Helfer standen mir zur Seite. Es war vor allem das Zusammen-
ANTRITTSREDEN
Antrittsrede von Herrn MANFRED G. SCHMIDT
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 10. Mai 2003.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Ihr Beschluss, mich in die Heidelberger Akademie der
Wissenschaften aufzunehmen, ehrt mich sehr — und er
erklärt zugleich, warum ich vor Ihnen meine Antritts-
rede halten darf. Komplizierter ist hingegen die
Erklärung dafür, dass mir überhaupt die Chance zuteil
wurde, Wissenschaftler zu werden und in der Wissen-
schaft em Stück des Wegs voranzukommen. Jeder ist
seines Glückes Schmied, so heißt es. Das mag sein.
Denn Fleiß, Zielstrebigkeit und Begeisterung für wis-
senschaftliches Beobachten und Erklären, um nur eini-
ge begünstigende Faktoren zu erwähnen, erleichtern den Einstieg in die Wissen-
schaft als Beruf und das Fortkommen in ihr. Doch zum Schmieden des Glückes
gehören auch vom Einzelnen nicht kontrollierbare günstige Rahmenbedingungen
und Helfer.Von beiden berichte ich im Folgenden, um nachzuzeichnen, was mir den
Weg zur Wissenschaft als Beruf ebnete.
Vorgezeichnet war mein Weg in die Wissenschaft nicht. Im Gegenteil: Dieser
Weg war nicht sonderlich wahrscheinlich. Alleine aus eigenen Kräften hätten meine
Eltern eine lange kostspielige Ausbildung bis zum Universitätsabschluss nicht finan-
zieren können. Obendrein hatte das Elternhaus realistisch moderate Ansprüche an
Ausbildungsdauer und Ausbildungsabschluss. Wie hätte es anders sein sollen? Weder
Vater noch Mutter noch Großeltern und Urgroßeltern hatten je em Gymnasium
von innen gesehen, geschweige denn eine Universität.
Mein Werdegang im Bildungswesen führt aber dann doch weit weg von dem
Pfad, der nach altem Brauch für mich der wahrscheinlichste war: Grundschule und
Mittlere Reife. Mir wurde ein anderer Weg geöffnet: Nach vier Grundschuljahren
durfte ich das Graf-Zeppelin-Gymnasium in Friedrichshafen an meinem geliebten
Bodensee besuchen. 1967 legte ich dort die Reifeprüfung ab, wurde anschließend
zum 18-monatigen Wehrdienst eingezogen, der mir 18 Jahre zu währen schien. Von
1969 bis 1974 folgten das Studium der Anglistik und der Politikwissenschaft an der
Universität Heidelberg, 1975 die Promotion in Tübingen, 1981 die Habilitation an
der Universität Konstanz. Jahre der Wanderschaft schlossen sich an: zunächst als
Privatdozent und Lehrstuhlvertreter an der Universität Mannheim und der Freien
Universität Berlin, dann als Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsge-
meinschaft und seit 1984 als Professor — mit den Stationen Freie Universität Berlin,
Ruprecht-Karls-Universität, Zentrum für Sozialpolitik in Bremen und seit 2001
erneut Ruperto Carola.
Besonders förderliche Bedingungen wurden mir beim Weg in die Wissenschaft
als Beruf zuteil. Und Helfer standen mir zur Seite. Es war vor allem das Zusammen-