Klaus Fiedler
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Platz getrieben haben. Nicht zuletzt hat dieser Glücksfall dazu beigetragen, dass ich
nach einer gewissen Geduldprobe nun hier in Heidelberg eine ganz besonders
begehrte Position innehaben darf, die in puncto Ausstattung und Umfeld hierzulan-
de kaum übertroffen werden kann. Ich bin mir dieser privilegierten Position - nach
der vorausgehenden Hans-im-Glück Geschichte - durchaus bewusst.
Meine Einstellung zur Wissenschaft, die ich dabei als junger Mitarbeiter erwor-
ben habe, könnte man als „sportlich-kompetitiv“ bezeichnen. Die Betonung hegt
auf beidem. Meine Einstellung - wie auch meine Rolle als Gutachter, Herausgeber,
betreuender Hochschullehrer und als Teilnehmer an empirischen und theoretischen
Debatten - ist insofern kompetitiv, als ich Kritik reichlich und mit offenem Visier
übe und notorisch Debatten losbreche. Sie ist aber insofern sportlich, als ich Debat-
ten spielerisch und nicht als persönliche Auseinandersetzung betrachte. Man breite
alle Argumente, Theorien, Methoden und Daten auf einem Tisch aus - ohne
Namensschild des „Inhabers“ - und handele so in aller Offenheit und ohne unan-
gemessene Höflichkeit aus, welche Annahmen haltbar und welche unhaltbar sind.
Offene und unverhohlene Kritik kann in dieser Art Debatte immer als Vertrauens-
beweis und persönliche Anerkennung verstanden werden und nicht als Beleidigung
oder Bedrohung.
Gemäß dieser sportlich-kompetitiven Grundeinstellung — nicht zuletzt bedingt
durch mein tiefes und breites Interesse an echtem Sport — bin ich ein großer Ver-
fechter, oder Fan, des offenen, internationalen, nicht-inzüchtigen Wettbewerbs und
des Peer-Reviewing. Dieses Selektionsinstrument für die Publikation und Verbrei-
tung wissenschaftlicher Produkte ist in der Psychologie wohl weiter entwickelt als in
anderen Sozialwissenschaften. Der ständige Wechsel zwischen der Rolle des Verfas-
sers, des Gutachters, und später auch der Rolle des Herausgebers zwingen zu einem
ständigen Perspektivenwechsel, der feste Vergleichsmaßstäbe induziert und das Ge-
fühl für valide und faire Qualitätskriterien herstellt. Was noch wichtiger ist: die teuf-
lisch kluge Struktur des Peer-Reviewing verbietet seinen Missbrauch. Einerseits
besteht in der Scientific Community eine Norm, die die weltweit besten Experten
dazu verpflichtet, ehrenamtlich als Schiedsrichter zur Verfügung zu stehen. Anderer-
seits garantiert die Rolle des Herausgebers Missbrauch in Form von Gefälligkeits-
gutachten und einseitigen Stellungnahmen, wodurch Wissenschaftler recht bald ihre
Reputation verlieren würden. Das Peer Reviewmg ist — ungeachtet einzelner Fehl-
entscheidungen — überaus reliabel und das beste Evaluationsinstrument, das man
sich denken kann. Es hält statushohe Senior-Kollegen jung und gibt aufstrebenden
Junior-Kollegen klare Wettbewerbs-Richtlinien an die Hand, um ihre Leistungen an
internationalen Standards zu entwickeln.
Es ist meine Überzeugung, dass das Peer-Reviewing einmal eine wichtige
Exportleistung der Wissenschaft an Politik und Wirtschaft sein wird, vor allem als
Gegenmittel zu Korruption und Ineffizienz. Ohne mehrfaches ehrenamtliches Peer-
Reviewing werden sich öffentliche Aufträge und strukturbildende Entscheidungen
bald weder politisch rechtfertigen noch weiter finanzieren lassen. Nur wenn Exper-
ten, die selbst um Aufträge bemüht sind, auch bereit sind, andere Projekte zu begut-
achten, gleichzeitig mit anderen Experten, die sich gegenseitig validieren und dabei
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Platz getrieben haben. Nicht zuletzt hat dieser Glücksfall dazu beigetragen, dass ich
nach einer gewissen Geduldprobe nun hier in Heidelberg eine ganz besonders
begehrte Position innehaben darf, die in puncto Ausstattung und Umfeld hierzulan-
de kaum übertroffen werden kann. Ich bin mir dieser privilegierten Position - nach
der vorausgehenden Hans-im-Glück Geschichte - durchaus bewusst.
Meine Einstellung zur Wissenschaft, die ich dabei als junger Mitarbeiter erwor-
ben habe, könnte man als „sportlich-kompetitiv“ bezeichnen. Die Betonung hegt
auf beidem. Meine Einstellung - wie auch meine Rolle als Gutachter, Herausgeber,
betreuender Hochschullehrer und als Teilnehmer an empirischen und theoretischen
Debatten - ist insofern kompetitiv, als ich Kritik reichlich und mit offenem Visier
übe und notorisch Debatten losbreche. Sie ist aber insofern sportlich, als ich Debat-
ten spielerisch und nicht als persönliche Auseinandersetzung betrachte. Man breite
alle Argumente, Theorien, Methoden und Daten auf einem Tisch aus - ohne
Namensschild des „Inhabers“ - und handele so in aller Offenheit und ohne unan-
gemessene Höflichkeit aus, welche Annahmen haltbar und welche unhaltbar sind.
Offene und unverhohlene Kritik kann in dieser Art Debatte immer als Vertrauens-
beweis und persönliche Anerkennung verstanden werden und nicht als Beleidigung
oder Bedrohung.
Gemäß dieser sportlich-kompetitiven Grundeinstellung — nicht zuletzt bedingt
durch mein tiefes und breites Interesse an echtem Sport — bin ich ein großer Ver-
fechter, oder Fan, des offenen, internationalen, nicht-inzüchtigen Wettbewerbs und
des Peer-Reviewing. Dieses Selektionsinstrument für die Publikation und Verbrei-
tung wissenschaftlicher Produkte ist in der Psychologie wohl weiter entwickelt als in
anderen Sozialwissenschaften. Der ständige Wechsel zwischen der Rolle des Verfas-
sers, des Gutachters, und später auch der Rolle des Herausgebers zwingen zu einem
ständigen Perspektivenwechsel, der feste Vergleichsmaßstäbe induziert und das Ge-
fühl für valide und faire Qualitätskriterien herstellt. Was noch wichtiger ist: die teuf-
lisch kluge Struktur des Peer-Reviewing verbietet seinen Missbrauch. Einerseits
besteht in der Scientific Community eine Norm, die die weltweit besten Experten
dazu verpflichtet, ehrenamtlich als Schiedsrichter zur Verfügung zu stehen. Anderer-
seits garantiert die Rolle des Herausgebers Missbrauch in Form von Gefälligkeits-
gutachten und einseitigen Stellungnahmen, wodurch Wissenschaftler recht bald ihre
Reputation verlieren würden. Das Peer Reviewmg ist — ungeachtet einzelner Fehl-
entscheidungen — überaus reliabel und das beste Evaluationsinstrument, das man
sich denken kann. Es hält statushohe Senior-Kollegen jung und gibt aufstrebenden
Junior-Kollegen klare Wettbewerbs-Richtlinien an die Hand, um ihre Leistungen an
internationalen Standards zu entwickeln.
Es ist meine Überzeugung, dass das Peer-Reviewing einmal eine wichtige
Exportleistung der Wissenschaft an Politik und Wirtschaft sein wird, vor allem als
Gegenmittel zu Korruption und Ineffizienz. Ohne mehrfaches ehrenamtliches Peer-
Reviewing werden sich öffentliche Aufträge und strukturbildende Entscheidungen
bald weder politisch rechtfertigen noch weiter finanzieren lassen. Nur wenn Exper-
ten, die selbst um Aufträge bemüht sind, auch bereit sind, andere Projekte zu begut-
achten, gleichzeitig mit anderen Experten, die sich gegenseitig validieren und dabei