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NACHRUFE
Anfang 1960 folgte Ludwig Genzel einem Ruf nach Freiburg (1.Br.). Hier ent-
wickelte er schon bald nach der Umsiedlung mit seinen jungen Mitarbeitern 1961
das erste Fabry-Perot-Interferometer für das ferne Infrarot, welches Metallnetzte als
Reflektoren verwendet und hervorragend geeignet ist für die Spektroskopie quasi-
monochromatischer Limen. Auch die Arbeiten über die defekt-induzierte ferninfra-
rote Absorption in lonenkristallen und über ferroelektrische Kristalle begannen in
Freiburg. Obwohl sich Ludwig Genzel wahrscheinlich wegen der ausgezeichneten
Arbeitsbedingungen und angesichts der landschaftlichen Schönheit der Freiburger
Region dort sehr wohl gefühlt hat, kam doch nach wenigen Jahren schon eine
gewisse Unruhe über ihn von anderer Seite.
Etwa 1965 wurden viele Stimmen laut, welche den zunehmenden Rückstand
der Festkörperforschung in Deutschland gegenüber Japan und den USA zum Aus-
druck brachten. Daraufhin trat Ludwig Genzel — gebeten und unterstützt von zahl-
reichen Kollegen — mit Denkschriften an die DFG heran, um gemeinsam Wege zur
Abhilfe zu finden. Als em Resultat dieser Bemühungen wurde 1969 beschlossen,
neben anderen Maßnahmen in Stuttgart em neues Max-Planck-Instutitut für Fest-
körperforschung zu gründen, in dem Chemiker, Physiker und Theoretiker unter
einem Dach Zusammenarbeiten könnten. An dieses neue MPI wurde Ludwig Gen-
zel 1970 als Gründungsdirektor berufen. Er nahm diesen Ruf an, weil ihn die neuen
Möglichkeiten zur interdisziplinären Kooperation dort sehr anzogen. Zu dieser
Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg kam es auch in vielfältiger Weise bei der
Erforschung der Ferninfrarotabsorption und/oder der Ramanstreuung von Misch-
kristallen, kleinen Teilchen und Clustern. Neben seiner Forschungstätigkeit über-
nahm Ludwig Genzel von 1979 bis 1982 den Vorsitz der Chemisch-Physikalisch-
Technischen Sektion der Max-Planck-Gesellschaft. In diese Jahre fielen wichtige
Entscheidungen, etwa die Gründung des neuen Max-Planck-Instituts für Polymer-
forschung. Die Unterlagen geben ein beredtes Zeugnis für sein sorgfältiges Abwägen
von Für und Wider bei der Standortwahl und den Berufungen. Ludwig Genzel war
entscheidungsfreudig und ungewöhnlich durchsetzungsfähig. Dem ging jedoch das
Ringen um einen eigenen klaren Standpunkt voraus
Zwischen ausländischen Gästen des Instituts und Ludwig Genzel entwickelten
sich viele dauerhafte enge Freundschaften, besonders mit Prof. Herbert Fröhlich aus
England. Dessen Begeisterung für biologische Fragestellungen übertrug sich auf Lud-
wig Genzel und regte ihn zu einer Vielzahl neuer biophysikalischer Experimente an.
Dabei wurden Proteine, DNA und Polynukleotide mit Ferninfrarotstrahlung oder
Mikrowellen untersucht zur Aufklärung der niederfrequenten molekularen Schwin-
gungen und der schnellen Relaxationen (im ps-Bereich) in diesen Biopolymeren.
Nach den Erlebnissen des Krieges war ihm die internationale Zusammenarbeit
mittels konkreter gemeinsamer wissenschaftlicher Projekte ein besonderes Anliegen.
Er war einer der ersten, die nach der Kulturrevolution bekannte Wissenschaftler in
der Volksrepublik China aufsuchten. Auch setzte er sich ein für die Beteiligung des
Stuttgarter Instituts am Hochfeldlabor in Grenoble. An diesem deutsch-französischen
Institut führten später Klaus von Klitzing und Horst Störmer, beide Nobelpreisträ-
ger, wichtige Forschungsarbeiten durch.
NACHRUFE
Anfang 1960 folgte Ludwig Genzel einem Ruf nach Freiburg (1.Br.). Hier ent-
wickelte er schon bald nach der Umsiedlung mit seinen jungen Mitarbeitern 1961
das erste Fabry-Perot-Interferometer für das ferne Infrarot, welches Metallnetzte als
Reflektoren verwendet und hervorragend geeignet ist für die Spektroskopie quasi-
monochromatischer Limen. Auch die Arbeiten über die defekt-induzierte ferninfra-
rote Absorption in lonenkristallen und über ferroelektrische Kristalle begannen in
Freiburg. Obwohl sich Ludwig Genzel wahrscheinlich wegen der ausgezeichneten
Arbeitsbedingungen und angesichts der landschaftlichen Schönheit der Freiburger
Region dort sehr wohl gefühlt hat, kam doch nach wenigen Jahren schon eine
gewisse Unruhe über ihn von anderer Seite.
Etwa 1965 wurden viele Stimmen laut, welche den zunehmenden Rückstand
der Festkörperforschung in Deutschland gegenüber Japan und den USA zum Aus-
druck brachten. Daraufhin trat Ludwig Genzel — gebeten und unterstützt von zahl-
reichen Kollegen — mit Denkschriften an die DFG heran, um gemeinsam Wege zur
Abhilfe zu finden. Als em Resultat dieser Bemühungen wurde 1969 beschlossen,
neben anderen Maßnahmen in Stuttgart em neues Max-Planck-Instutitut für Fest-
körperforschung zu gründen, in dem Chemiker, Physiker und Theoretiker unter
einem Dach Zusammenarbeiten könnten. An dieses neue MPI wurde Ludwig Gen-
zel 1970 als Gründungsdirektor berufen. Er nahm diesen Ruf an, weil ihn die neuen
Möglichkeiten zur interdisziplinären Kooperation dort sehr anzogen. Zu dieser
Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg kam es auch in vielfältiger Weise bei der
Erforschung der Ferninfrarotabsorption und/oder der Ramanstreuung von Misch-
kristallen, kleinen Teilchen und Clustern. Neben seiner Forschungstätigkeit über-
nahm Ludwig Genzel von 1979 bis 1982 den Vorsitz der Chemisch-Physikalisch-
Technischen Sektion der Max-Planck-Gesellschaft. In diese Jahre fielen wichtige
Entscheidungen, etwa die Gründung des neuen Max-Planck-Instituts für Polymer-
forschung. Die Unterlagen geben ein beredtes Zeugnis für sein sorgfältiges Abwägen
von Für und Wider bei der Standortwahl und den Berufungen. Ludwig Genzel war
entscheidungsfreudig und ungewöhnlich durchsetzungsfähig. Dem ging jedoch das
Ringen um einen eigenen klaren Standpunkt voraus
Zwischen ausländischen Gästen des Instituts und Ludwig Genzel entwickelten
sich viele dauerhafte enge Freundschaften, besonders mit Prof. Herbert Fröhlich aus
England. Dessen Begeisterung für biologische Fragestellungen übertrug sich auf Lud-
wig Genzel und regte ihn zu einer Vielzahl neuer biophysikalischer Experimente an.
Dabei wurden Proteine, DNA und Polynukleotide mit Ferninfrarotstrahlung oder
Mikrowellen untersucht zur Aufklärung der niederfrequenten molekularen Schwin-
gungen und der schnellen Relaxationen (im ps-Bereich) in diesen Biopolymeren.
Nach den Erlebnissen des Krieges war ihm die internationale Zusammenarbeit
mittels konkreter gemeinsamer wissenschaftlicher Projekte ein besonderes Anliegen.
Er war einer der ersten, die nach der Kulturrevolution bekannte Wissenschaftler in
der Volksrepublik China aufsuchten. Auch setzte er sich ein für die Beteiligung des
Stuttgarter Instituts am Hochfeldlabor in Grenoble. An diesem deutsch-französischen
Institut führten später Klaus von Klitzing und Horst Störmer, beide Nobelpreisträ-
ger, wichtige Forschungsarbeiten durch.