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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2003
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Appenzeller, Immo: Hans Elsässer (29.3.1929 - 10.6.2003)
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0164
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176 | NACHRUFE

er außerdem Vorsitzender der Chemisch-Physikalisch-Technischen Sektion der
MPG und 1987 - 1993 Senator der Gesellschaft.
Komplizierter als die Frage des Standorts des MPIA erwies sich 1968 die Suche
nach einem geeigneten Platz für die Teleskope. Die Planung sah vor, dass das Institut
mit zwei 2,2-m-Teleskopen, einem 1,2-m-Teleskop und einem 3,5-m-Teleskop, ver-
teilt auf zwei Observatorien an klimatisch günstigen Orten auf der Nord- und Süd-
hemisphäre der Erde ausgerüstet werden sollte. Abgesehen von dem 1,2-m-Teleskop,
das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft beigesteuert wurde, wurden diese
Instrumente vom Bundesforschungsministerium finanziert. Im Rahmen mehrerer
Sichtexpeditionen wurden 1970 als günstigste Standorte der Berg Calar Alto in Süd-
spanien und der Gamsberg im heutigen Namibia identifiziert. Während die Bauar-
beiten auf dem Calar Alto 1972 nach Abschluss eines Staatsvertrags zur Gründung
eines entsprechenden ,,Deutsch-Spanischen Astronomischen Zentrums“ beginnen
konnten, mussten die Pläne für den Gamsberg aufgegeben werden, nachdem em
Beschluss der Vereinten Nationen Investitionen in Nambia vor der (damals noch
nicht absehbaren) Unabhängigkeit des Tandes untersagten. Mit der Ausnahme eines
der beiden 2,2-m-Teleskope (das 1981 am ESO-Observatorium La Silla in Chile
installiert wurde) wurden daher alle genannten Instrumente in das Calar-Alto-
Observatorium in Spanien integriert. Für die deutsche Astronomie waren diese
Teleskope von fundamentaler Bedeutung, da sie für viele Jahre die einzigen waren,
an denen deutschen Fachwissenschaftlern garantierte Beobachtungzeit zur Verfü-
gung stand. Meines Erachtens war Hans Elsässer der einzige deutsche Astronom sei-
ner Generation, der über die notwendige Kombination von Fachwissen, Verhand-
lungsgeschick, Pragmatismus und Durchsetzungsvermögen verfügte, um in einem
schwierigen Umfeld diese wichtige Institutsgründung zu erreichen und den Calar
Alto und das MPIA zum Erfolg zu bringen.
Neben dem Aufbau und der wissenschaftlichen Nutzung des Calar-Alto-
Observatoriums war unter der Leitung Hans Elsässers die Weltraumastronomie das
zweite wichtige Standbein des MPIA. Nach einer Beteiligung an den beiden
Helios-Sonden zur Erforschung des sonnennahen interplanetaren Raums war es ins-
besondere der Bau des ISOPHOT-Photometers für das äußerst erfolgreiche „Infra-
red Space Observatory“ (ISO) der ESA, nut dem sich das MPIA auf diesem Gebiet
hohes wissenschaftliches Ansehen erwerben konnte. Auf Grund des beachtlichen
Know-hows, das am MPIA im Bereich der Infrarotastronomie entwickelt wurde,
spielte das MPIA schließlich auch eine wichtige Rolle beim Bau der ersten Infraro-
tinstrumente für das Very Large Telescope des Europäischen Südobservatoriums
ESO. Neben diesen fundamentalen Beiträgen zur astronomischen Instrumentierung
war das MPIA unter Elsässers Leitung insbesondere im Bereich der Erforschung der
Entstehung von Sternen und Planetensystemen sehr erfolgreich. Auch erwähnt wer-
den muss Elsässers großes Engagement für die Popularisierung der Astronomie. So
gehörte er 1962 zu den drei Gründern der populären Zeitschrift „Sterne und Welt-
raum“, der er bis zu seinem Tod verbunden blieb.
Elsässers Erfolge und Erfahrungen bei der Planung und dem Aufbau wichtiger
Projekte machten ihn zu einem der gefragtesten Berater und Sachverständigen im
 
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