182
NACHRUFE
Die nächsten Stationen seiner Forschung - jetzt in Begleitung seiner Frau
Ulrike (verw., Fischer) - waren drei Feldforschungsreisen nach Liberia, um eine
Ethnie der Mande-fu-Gruppe kennenzulernen. Hier ging es nicht mehr nur um
Künstler und Kunstschaffen, sondern es wurde im Sinne einer ganzheitlichen Ethno-
graphie das gesamte Leben dieser Ethnie aufgezeichnet. Er veröffentlichte seine
Ergebnisse zusammen mit Ulrike Himmelheber 1958 bei Kohlhammer unter dem
Titel „Die Dan, ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald“ — bis heute eines der Stan-
dardwerke zu den Dan.
Daneben hat sich Himmelheber auch noch mit vielen anderen kulturellen
Schöpfungen Schwarzafrikas befaßt, z. B. mit Höflichkeitsetiketten („Dergute Ton bei
den Negern“, 1957), vor allem aber mit Maskenkunst und Geisterglauben in Afrika.
Weitere wichtige Werke - zusammen mit Dr. Eberhard Fischer vom Rietberg-Muse-
um Zürich - sind „Die Kunst der Dan“, 1976 und „Die Kultur der Baule“, 1997 -
jeweils basierend auf Ausstellungen im Rietberg-Museum.
Der eindeutige Schwerpunkt Himmelhebers war jedenfalls die Kunst
Schwarzafrikas. Innovativ war bereits seine Dissertationsfrage. Hier stand nicht wie
bisher stets die materielle Kunst (das Werk) im Mittelpunkt, sondern der Schöpfer
des Werkes und damit auch der Prozeß des Kunstschaffens in fremden Kulturen. Dies
hat der Kunst-Ethnologie und dem Verständnis des Kunstschaffens Schwarzafrikas
entscheidende Impulse gegeben.
Himmelheber hat unzählige Vorträge gehalten, war als Gastprofessor an meh-
reren Universitäten tätig (u.a. mehrmals an der Columbia Umversity, New York),
hatte aber nie eine feste universitäre Stellung. Gastprofessuren, Werkverträge und der
Verkauf afrikanischer Kunstgegenstände an Museen waren seine Einkommensquel-
len, gelegentlich auch Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seme erste
Forschungsreise wurde von drei Völkerkundemuseen unterstützt, die sich natürlich
auch reiche Gaben dafür versprachen. Nicht umsonst. Am engsten hat er viele Jahre
mit dem Rietberg-Museum in Zürich und dem dortigen Senior Direktor der
Indien-Abteilung, Dr. Eberhard Fischer, zusammengearbeitet und war auch für eine
ganze Reihe von Ausstellungen Gast-Kurator. Himmelheber hat sich auch durch
Filme, Vorträge, Veröffentlichungen in Zeitungen usw. um die Verbreitung der
Erkenntnisse verdient gemacht, die seine Forschung erbrachte.
Wenn Himmelheber von „Stamm“ und von „Negerkunst“ usw. sprach, so ist
das heute gewiß antiquiert, in der heutigen Sprache der Ethnologie geht es um
„Ethnie“ und „Schwarzafrika“. Auch wird heute (im Zuge der Diskussion um die
Besitzrechte von Ethnien auf ihre materielle Kultur) der massenhafte Export fremd-
kultureller Kunst sehr kritisch betrachtet. Doch Himmelheber muß in seiner eige-
nen Zeit gesehen werden. Er hat ganz sicher sehr zur Hochwertung der Kunst
Schwarzafrikas beigetragen, und wenn — wie vor ihm stets — die Kollegen mit
Begriffen wie „primitive“ Kunst daherkamen, hat er stets die Eigenständigkeit und
den Wert der Kunst der von ihm untersuchten Ethnien hervorgehoben? Und die-
5 Vgl. Laudatio auf Hans Himmelheber zwecks Vorschlag zur Berufung als ordentliches Mitglied
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
NACHRUFE
Die nächsten Stationen seiner Forschung - jetzt in Begleitung seiner Frau
Ulrike (verw., Fischer) - waren drei Feldforschungsreisen nach Liberia, um eine
Ethnie der Mande-fu-Gruppe kennenzulernen. Hier ging es nicht mehr nur um
Künstler und Kunstschaffen, sondern es wurde im Sinne einer ganzheitlichen Ethno-
graphie das gesamte Leben dieser Ethnie aufgezeichnet. Er veröffentlichte seine
Ergebnisse zusammen mit Ulrike Himmelheber 1958 bei Kohlhammer unter dem
Titel „Die Dan, ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald“ — bis heute eines der Stan-
dardwerke zu den Dan.
Daneben hat sich Himmelheber auch noch mit vielen anderen kulturellen
Schöpfungen Schwarzafrikas befaßt, z. B. mit Höflichkeitsetiketten („Dergute Ton bei
den Negern“, 1957), vor allem aber mit Maskenkunst und Geisterglauben in Afrika.
Weitere wichtige Werke - zusammen mit Dr. Eberhard Fischer vom Rietberg-Muse-
um Zürich - sind „Die Kunst der Dan“, 1976 und „Die Kultur der Baule“, 1997 -
jeweils basierend auf Ausstellungen im Rietberg-Museum.
Der eindeutige Schwerpunkt Himmelhebers war jedenfalls die Kunst
Schwarzafrikas. Innovativ war bereits seine Dissertationsfrage. Hier stand nicht wie
bisher stets die materielle Kunst (das Werk) im Mittelpunkt, sondern der Schöpfer
des Werkes und damit auch der Prozeß des Kunstschaffens in fremden Kulturen. Dies
hat der Kunst-Ethnologie und dem Verständnis des Kunstschaffens Schwarzafrikas
entscheidende Impulse gegeben.
Himmelheber hat unzählige Vorträge gehalten, war als Gastprofessor an meh-
reren Universitäten tätig (u.a. mehrmals an der Columbia Umversity, New York),
hatte aber nie eine feste universitäre Stellung. Gastprofessuren, Werkverträge und der
Verkauf afrikanischer Kunstgegenstände an Museen waren seine Einkommensquel-
len, gelegentlich auch Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seme erste
Forschungsreise wurde von drei Völkerkundemuseen unterstützt, die sich natürlich
auch reiche Gaben dafür versprachen. Nicht umsonst. Am engsten hat er viele Jahre
mit dem Rietberg-Museum in Zürich und dem dortigen Senior Direktor der
Indien-Abteilung, Dr. Eberhard Fischer, zusammengearbeitet und war auch für eine
ganze Reihe von Ausstellungen Gast-Kurator. Himmelheber hat sich auch durch
Filme, Vorträge, Veröffentlichungen in Zeitungen usw. um die Verbreitung der
Erkenntnisse verdient gemacht, die seine Forschung erbrachte.
Wenn Himmelheber von „Stamm“ und von „Negerkunst“ usw. sprach, so ist
das heute gewiß antiquiert, in der heutigen Sprache der Ethnologie geht es um
„Ethnie“ und „Schwarzafrika“. Auch wird heute (im Zuge der Diskussion um die
Besitzrechte von Ethnien auf ihre materielle Kultur) der massenhafte Export fremd-
kultureller Kunst sehr kritisch betrachtet. Doch Himmelheber muß in seiner eige-
nen Zeit gesehen werden. Er hat ganz sicher sehr zur Hochwertung der Kunst
Schwarzafrikas beigetragen, und wenn — wie vor ihm stets — die Kollegen mit
Begriffen wie „primitive“ Kunst daherkamen, hat er stets die Eigenständigkeit und
den Wert der Kunst der von ihm untersuchten Ethnien hervorgehoben? Und die-
5 Vgl. Laudatio auf Hans Himmelheber zwecks Vorschlag zur Berufung als ordentliches Mitglied
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.