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NACHRUFE
zelten). Auch der wichtige Aufsatz „Zur Vorgeschichte des thebanischen Gottes-
staates“ (1967) beleuchtet das typische Ineinanderspiel von Religion und Geschichte.
Kakosy rekonstruierte die Ramessidenzeit als einen Kampf zwischen Königtum und
Amunpriesterschaft. Sowohl die besondere persönliche Gottesbindung der ramessi-
dischen Könige als auch die Formen ihrer eigenen Vergöttlichung deutete er als Ver-
suche des Königtums, sich gegen die wachsende Priestermacht zur Wehr zu setzen.
Die Errichtung des thebanischen Gottesstaates unter Henhor bedeutet dann den
Sieg der Amunspriester über das Königtum. Die wichtigste Arbeit zur religiösen
Geschichtsdeutung in Ägypten ist die Studie „Prophecies of Ram Gods“ (1966).
Kakosys Entdeckung bestand in dem Nachweis, daß sich eine bestimmte Art von
Orakeln (umfangreiche sprachliche Äußerungen im Gegensatz zu bloßen Bewegun-
gen des Prozessionsbildes) typischerweise mit Widdergöttern verbindet: Amun von
Theben, A. von Gebel Barkai, der Widder von Mendes (Flornacht-Stele), Harsaphes
von Herakleopolis (Sematauitefnacht) und Chnum von Elephantine (Hungersnot-
Stele). In diese Tradition gehören das „Lamm des Bokchoris“ — das berühmteste ägyp-
tische Orakel überhaupt - sowie das in griechischer Sprache erhaltene „Töpferora-
kel“. Kakosy gelang es in dieser und einigen anderen Studien, die politische Prophe-
zeiung als Gattung politischer Widerstandsliteratur im allgemeinen Kontext der
hellenistisch-spätantiken Apokalyptik aufzuzeigen. Wegweisend ist auch der Nachweis
eines Strukturwandels des ägyptischen Orakels. Im 2. Jahrtausend v. Chr. betrifft das
Orakel göttliche Willensäußerungen, im 1. Jahrtausend enthüllt es die Zukunft.
Einen anderen Forschungsschwerpunkt bildete der Totenglaube der Spätzeit.
Das zentrale Anliegen der hierher gehörenden Arbeiten war der Aufweis der Wand-
lungsfähigkeit und Kreativität der ägyptischen Religion, gerade auch in den späteren
Epochen. Der Aufsatz „Imhotep and Amenhotep Son of Hapu as Patrons of the
Dead“ behandelt das Thema „Erlösung durch Weisheit“ und schlägt die Brücke von
klassischen ägyptischen Texten zu den „Musensarkophagen“ und zur stoischen Phi-
losophie. Ebenso überraschende Brückenschläge und Einsichten enthalten die Auf-
sätze „Probleme der ägyptischen Jenseitsvorstellungen in der Ptolemäer- und Kaiser-
zeit“ (1969); „Selige und Verdammte in der spätägyptischen Religion“ (1971) und
„Totenkult der heiligen Tiere“ (1970).
Ein dritter Forschungsschwerpunkt läßt sich als Synkretismus-Studien über-
schreiben. Zahlreiche Aufsätze, etwa über den spätägyptischen Gott Totoes (1964),
über „Isis Regina“ (1974), über „Osiris Aion“ (1964), über den Gott Bes bei den
Kopten (1966), über „Gnosis und spätägyptische Religion“ (1967), über „Ägypti-
sche Religion unter Constantinus und seinen Nachfolgern“ (1983) und „Probleme
des Synkretismus im griechisch-römischen Ägypten“ (1990) beleuchten zentrale
Phänomene dieses wenig bearbeiteten Grenzgebiets. Kakosys Beitrag zu Band 18.5
des Werks ANRW über Religion im römerzeitlichen Ägypten (ANRW Teil II: Principal
Bd. 18.5, 1995, 2894-3049) hat den Umfang einer Monographie. Bezeichnend für
Kakosys umfassenden Begriff von Religion ist seine Aufteilung des Themas in die
vier Aspekte Geschichte - Götterwelt - Jenseitsvorstellungen - Magie.
Der vierte Schwerpunkt läßt sich mit den Begriffen Magie, Sternglaube und
Volksreligion umschreiben. Ihm widmete er nach einigen wichtigen Aufsätzen in
NACHRUFE
zelten). Auch der wichtige Aufsatz „Zur Vorgeschichte des thebanischen Gottes-
staates“ (1967) beleuchtet das typische Ineinanderspiel von Religion und Geschichte.
Kakosy rekonstruierte die Ramessidenzeit als einen Kampf zwischen Königtum und
Amunpriesterschaft. Sowohl die besondere persönliche Gottesbindung der ramessi-
dischen Könige als auch die Formen ihrer eigenen Vergöttlichung deutete er als Ver-
suche des Königtums, sich gegen die wachsende Priestermacht zur Wehr zu setzen.
Die Errichtung des thebanischen Gottesstaates unter Henhor bedeutet dann den
Sieg der Amunspriester über das Königtum. Die wichtigste Arbeit zur religiösen
Geschichtsdeutung in Ägypten ist die Studie „Prophecies of Ram Gods“ (1966).
Kakosys Entdeckung bestand in dem Nachweis, daß sich eine bestimmte Art von
Orakeln (umfangreiche sprachliche Äußerungen im Gegensatz zu bloßen Bewegun-
gen des Prozessionsbildes) typischerweise mit Widdergöttern verbindet: Amun von
Theben, A. von Gebel Barkai, der Widder von Mendes (Flornacht-Stele), Harsaphes
von Herakleopolis (Sematauitefnacht) und Chnum von Elephantine (Hungersnot-
Stele). In diese Tradition gehören das „Lamm des Bokchoris“ — das berühmteste ägyp-
tische Orakel überhaupt - sowie das in griechischer Sprache erhaltene „Töpferora-
kel“. Kakosy gelang es in dieser und einigen anderen Studien, die politische Prophe-
zeiung als Gattung politischer Widerstandsliteratur im allgemeinen Kontext der
hellenistisch-spätantiken Apokalyptik aufzuzeigen. Wegweisend ist auch der Nachweis
eines Strukturwandels des ägyptischen Orakels. Im 2. Jahrtausend v. Chr. betrifft das
Orakel göttliche Willensäußerungen, im 1. Jahrtausend enthüllt es die Zukunft.
Einen anderen Forschungsschwerpunkt bildete der Totenglaube der Spätzeit.
Das zentrale Anliegen der hierher gehörenden Arbeiten war der Aufweis der Wand-
lungsfähigkeit und Kreativität der ägyptischen Religion, gerade auch in den späteren
Epochen. Der Aufsatz „Imhotep and Amenhotep Son of Hapu as Patrons of the
Dead“ behandelt das Thema „Erlösung durch Weisheit“ und schlägt die Brücke von
klassischen ägyptischen Texten zu den „Musensarkophagen“ und zur stoischen Phi-
losophie. Ebenso überraschende Brückenschläge und Einsichten enthalten die Auf-
sätze „Probleme der ägyptischen Jenseitsvorstellungen in der Ptolemäer- und Kaiser-
zeit“ (1969); „Selige und Verdammte in der spätägyptischen Religion“ (1971) und
„Totenkult der heiligen Tiere“ (1970).
Ein dritter Forschungsschwerpunkt läßt sich als Synkretismus-Studien über-
schreiben. Zahlreiche Aufsätze, etwa über den spätägyptischen Gott Totoes (1964),
über „Isis Regina“ (1974), über „Osiris Aion“ (1964), über den Gott Bes bei den
Kopten (1966), über „Gnosis und spätägyptische Religion“ (1967), über „Ägypti-
sche Religion unter Constantinus und seinen Nachfolgern“ (1983) und „Probleme
des Synkretismus im griechisch-römischen Ägypten“ (1990) beleuchten zentrale
Phänomene dieses wenig bearbeiteten Grenzgebiets. Kakosys Beitrag zu Band 18.5
des Werks ANRW über Religion im römerzeitlichen Ägypten (ANRW Teil II: Principal
Bd. 18.5, 1995, 2894-3049) hat den Umfang einer Monographie. Bezeichnend für
Kakosys umfassenden Begriff von Religion ist seine Aufteilung des Themas in die
vier Aspekte Geschichte - Götterwelt - Jenseitsvorstellungen - Magie.
Der vierte Schwerpunkt läßt sich mit den Begriffen Magie, Sternglaube und
Volksreligion umschreiben. Ihm widmete er nach einigen wichtigen Aufsätzen in