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NACHRUFE

Dass er später mit in- und ausländischen Ehrendoktoraten und Preisen gera-
dezu überschüttet wurde, hat mit dem weiten Ausgriff zu tun, der einem weltoffe-
nen, intellektuell neugierigen Dialektologen wie ihm möglich war. Wer sich mit
Sprachatlanten befasst, hat es z.B. automatisch mit dem Thema ‘Wörter und Sachen’
zu tun, also auch mit einem Thema der Ethnologie: So erfahren wir etwa im Sprach-
atlas von Andalusien zugleich alles über die regionalen Besonderheiten des Hand-
werks, der Küche, der Landwirtschaft, der Kleidung oder die Essgewohnheiten. Ein
Dialektologe hat zugleich hohe Affinität zur Soziolinguistik: Was etwa sind die
Besonderheiten des Sprechens von Frauen oder Männern? Wie unterscheidet sich
das Sprechen verschiedener sozialer Schichten - so wurde Alvar auch zum Pionier
der spanischen Soziolinguistik. Regionale Besonderheiten einer Sprache haben oft
tiefe historische Wurzeln, sie beruhen oft auf Sprach- und Kulturkontakt, auf Zwei-
und Mehrsprachigkeit — was liegt näher, als auch solchen Fragen im Sinne von äuße-
ren Ursachen des Sprachwandels nachzugehen? All dem ging Alvar in mehr als 600
Publikationen nach.
Im August 2001 erlag Manuel Alvar, der bis zuletzt nimmermüde tätig war,
einem Krebsleiden. Die Heidelberger Akademie, zu deren korrespondierenden Mit-
gliedern er seit 1990 zählte, verlor mit ihm einen herausragenden Gelehrten von
internationalem Format.
WOLFGANG RAIBLE