Friedrich Cramer | 193
FRIEDRICH CRAMER
(20.9. 1923-24.6.2003)
Friedrich Cramer, seit 1981 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaf-
ten, wurde am 20. September 1923 in Breslau geboren. Dort besuchte er von 1930
bis 1942 die Vorschule und das Gymnasium. Nach dem Abitur wurde er in die Wehr-
macht eingezogen und schon im Oktober 1942 in Russland schwer verwundet.
Nach einem einjährigen Krankenhausaufenthalt wurde er aus dem Militärdienst ent-
lassen und begann im Wintersemester 1943/44 sein Chemiestudium in Breslau.
Nach zwei Semestern wechselte er an die Universität Heidelberg, an der er 1949 mit
einer Arbeit über Cyclodextrine zum Dr. rer. nat. promoviert wurde. Cyclodextrine
sind Stärkefragmente, die aus 6—8 Glucoseresten aufgebaut sind. Cramer konnte zei-
gen, dass diese Oligosaccharide eine Hohlraumstruktur bilden. In den folgenden
Arbeiten, mit denen er sich 1953 für das Fach Chemie habilitierte, konnte er nach-
weisen, dass sich Gastverbindungen über hydrophobe Wechselwirkungen in die
Hohlräume der Cyclodextrine einlagern und mit diesen eine Wechselwirkung nach
dem Schlüssel-Schloss-Prinzip eingehen können. Analog zur Interaktion zwischen
dem aktiven Zentrum eines Enzyms mit dem Substrat kann diese Wechselwirkung
die katalytische Umsetzung einer von den Cyclodextrinen eingeschlossenen Gast-
verbindung zur Folge haben. Diese Arbeiten waren von grundlegender Bedeutung
für die Verbindungsklasse der Cyclodextrine, in die sich abhängig von der Hohl-
raumgröße eine Vielzahl von Gastmolekülen einschließen lassen und die heute eine
breite Anwendung gefunden haben.
Nach seiner Habilitation verbrachte Friedrich Cramer auf Einladung von
Professor Alexander R.Todd, dem späteren Nobelpreisträger und Lord Todd, einen
einjährigen Forschungsaufenthalt in dessen Labor in Cambridge, England. Das Labor
von Todd war damals führend in der sich gerade entwickelnden Nukleinsäureche-
mie. Zeitgleich zu der grundlegenden Entdeckung der Raumstruktur der DNA
FRIEDRICH CRAMER
(20.9. 1923-24.6.2003)
Friedrich Cramer, seit 1981 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaf-
ten, wurde am 20. September 1923 in Breslau geboren. Dort besuchte er von 1930
bis 1942 die Vorschule und das Gymnasium. Nach dem Abitur wurde er in die Wehr-
macht eingezogen und schon im Oktober 1942 in Russland schwer verwundet.
Nach einem einjährigen Krankenhausaufenthalt wurde er aus dem Militärdienst ent-
lassen und begann im Wintersemester 1943/44 sein Chemiestudium in Breslau.
Nach zwei Semestern wechselte er an die Universität Heidelberg, an der er 1949 mit
einer Arbeit über Cyclodextrine zum Dr. rer. nat. promoviert wurde. Cyclodextrine
sind Stärkefragmente, die aus 6—8 Glucoseresten aufgebaut sind. Cramer konnte zei-
gen, dass diese Oligosaccharide eine Hohlraumstruktur bilden. In den folgenden
Arbeiten, mit denen er sich 1953 für das Fach Chemie habilitierte, konnte er nach-
weisen, dass sich Gastverbindungen über hydrophobe Wechselwirkungen in die
Hohlräume der Cyclodextrine einlagern und mit diesen eine Wechselwirkung nach
dem Schlüssel-Schloss-Prinzip eingehen können. Analog zur Interaktion zwischen
dem aktiven Zentrum eines Enzyms mit dem Substrat kann diese Wechselwirkung
die katalytische Umsetzung einer von den Cyclodextrinen eingeschlossenen Gast-
verbindung zur Folge haben. Diese Arbeiten waren von grundlegender Bedeutung
für die Verbindungsklasse der Cyclodextrine, in die sich abhängig von der Hohl-
raumgröße eine Vielzahl von Gastmolekülen einschließen lassen und die heute eine
breite Anwendung gefunden haben.
Nach seiner Habilitation verbrachte Friedrich Cramer auf Einladung von
Professor Alexander R.Todd, dem späteren Nobelpreisträger und Lord Todd, einen
einjährigen Forschungsaufenthalt in dessen Labor in Cambridge, England. Das Labor
von Todd war damals führend in der sich gerade entwickelnden Nukleinsäureche-
mie. Zeitgleich zu der grundlegenden Entdeckung der Raumstruktur der DNA