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Einleitung
Um das Jahr 1193 kam demnach tatsächlich ein gewisser Guido - frater, sa-
cerdos et beremita" - aus dem nahegelegenen Kartäuserkloster Lugny mit An-
weisungen und Bräuchen dieses Klosters in das Tal der Krautköpfe. Dass Guido
Konverse war, wie es die Tradition frühestens seit dem 17. Jahrhundert betont,
lässt sich nicht nachweisen und ist unseres Erachtens nach nur schwer zu halten."
Odos Großonkel Walther (Gauthier) von Burgund (f 1179/80) hatte als Bischof
von Langres jenes Kloster in Lugny gestiftet und kurz vor seinem Tod selbst den
Kartäuserhabit genommen. Dass er sich in der Kirche von Lugny bestatten ließ,
wertete das Kloster zusätzlich mit symbolischem Prestige auf, war es doch (seit
1103 und noch bis 1361) eher die Tradition der burgundischen Herzogsfamilie,
einer Nebenlinie der Kapetinger, sich in Citeaux, dem Haupt des Zisterzienseror-
dens, bestatten zu lassen.12
Im Tal der Krautköpfe, mitten in einem Waldgebiet des Herzogs Odo von Bur-
gund, lebten bereits verstreut verschiedene Eremiten, die Guido jetzt im Auftrag
Lugnys (und wohl auch des Herzogs) unter der Führung Lugnys einen sollte, was
ihm offensichtlich auch gelang. Die Gunst Odos jedenfalls war Guido sicher. In
einer Randnotiz der Handschrift M finden wir dann innerhalb des Martyrologi-
ums auch zwei Randnotizen zu beiden Personen, Guido und Odo, allerdings von
späterer Hand. Für Odo lesen wir zum 7. Juli: Commemoratio Odonis, ducis bur-
gundie, bone memorie, fundatoris vallis caulium („Dem Gedenken Odos, des Her-
zogs von Burgund, des Gründers von Val-des-Choux, zu guter Erinnerung").13
10 Zu dieser Titulierung des Guido siehe Legendre, La chartreuse de Lugny, S. 176-177. Den
Eintrag „Guido, sacerdos et heremita de la forest" fand Jacqueline Legendre im Ms. Dijon, AD
de la Cote d'Or, 48 H 888. Vgl. dazu auch Adamo, New Monks in Old Habits, S. 35 und S. 47.
11 Siehe dazu Adamo, The Manuscript Tradition, S. 198. Die bisherige Argumentation, nach der
Guido ein Konverse gewesen sei, fußte vor allem auf jener im 17. Jahrhundert einsetzenden Tra-
dition, welche u. a. Guido als einfachen, demütigen Gründer stilisierte. Der Begriff ,frater', der
sich stattdessen im Dijoner Manuskript findet, kann genauso gut ,Bruder' im Sinne von ,Mönch'
meinen. Es scheint eher die Regel zu sein, dass ,monachi' und ,fratres' in den zeitgenössischen
Quellen synonym verwendet werden. Das tun nicht nur die Gewohnheiten und Statuten (eben-
so der Cauliten), sondern auch andere Texte, wie etwa an Mönche adressierte Predigten, die mit
der Anrede „Fratres!" einleiten. Den klaren Hinweis auf einen Konversen gäbe allein ein attri-
butives ,laicus'. Dieser aber fehlt. Darüber hinaus könnte selbst der Begriff ,conversus' ebenso
einen von einem Orden zu einem anderen übergetretenen Mönch meinen, also auch im 17. Jahr-
hundert lediglich implizieren, dass Guido von den Kartäusern zu den (bald danach entstande-
nen) Cauliten gewechselt war. Zwar gibt es durchaus Konversen, die zuvor Priester waren, da
ist Jacqueline Legendre beizupflichten, doch ist das eher die Ausnahme.
12 Siehe dazu Adamo, New Monks in Old Habits, S. 59.
13 Siehe das Ms. M, fol. 26v. Vgl. ebenda, fol. 4r: Commemoracio domni Viardi, primi prioris Vallis
Caulium.
Einleitung
Um das Jahr 1193 kam demnach tatsächlich ein gewisser Guido - frater, sa-
cerdos et beremita" - aus dem nahegelegenen Kartäuserkloster Lugny mit An-
weisungen und Bräuchen dieses Klosters in das Tal der Krautköpfe. Dass Guido
Konverse war, wie es die Tradition frühestens seit dem 17. Jahrhundert betont,
lässt sich nicht nachweisen und ist unseres Erachtens nach nur schwer zu halten."
Odos Großonkel Walther (Gauthier) von Burgund (f 1179/80) hatte als Bischof
von Langres jenes Kloster in Lugny gestiftet und kurz vor seinem Tod selbst den
Kartäuserhabit genommen. Dass er sich in der Kirche von Lugny bestatten ließ,
wertete das Kloster zusätzlich mit symbolischem Prestige auf, war es doch (seit
1103 und noch bis 1361) eher die Tradition der burgundischen Herzogsfamilie,
einer Nebenlinie der Kapetinger, sich in Citeaux, dem Haupt des Zisterzienseror-
dens, bestatten zu lassen.12
Im Tal der Krautköpfe, mitten in einem Waldgebiet des Herzogs Odo von Bur-
gund, lebten bereits verstreut verschiedene Eremiten, die Guido jetzt im Auftrag
Lugnys (und wohl auch des Herzogs) unter der Führung Lugnys einen sollte, was
ihm offensichtlich auch gelang. Die Gunst Odos jedenfalls war Guido sicher. In
einer Randnotiz der Handschrift M finden wir dann innerhalb des Martyrologi-
ums auch zwei Randnotizen zu beiden Personen, Guido und Odo, allerdings von
späterer Hand. Für Odo lesen wir zum 7. Juli: Commemoratio Odonis, ducis bur-
gundie, bone memorie, fundatoris vallis caulium („Dem Gedenken Odos, des Her-
zogs von Burgund, des Gründers von Val-des-Choux, zu guter Erinnerung").13
10 Zu dieser Titulierung des Guido siehe Legendre, La chartreuse de Lugny, S. 176-177. Den
Eintrag „Guido, sacerdos et heremita de la forest" fand Jacqueline Legendre im Ms. Dijon, AD
de la Cote d'Or, 48 H 888. Vgl. dazu auch Adamo, New Monks in Old Habits, S. 35 und S. 47.
11 Siehe dazu Adamo, The Manuscript Tradition, S. 198. Die bisherige Argumentation, nach der
Guido ein Konverse gewesen sei, fußte vor allem auf jener im 17. Jahrhundert einsetzenden Tra-
dition, welche u. a. Guido als einfachen, demütigen Gründer stilisierte. Der Begriff ,frater', der
sich stattdessen im Dijoner Manuskript findet, kann genauso gut ,Bruder' im Sinne von ,Mönch'
meinen. Es scheint eher die Regel zu sein, dass ,monachi' und ,fratres' in den zeitgenössischen
Quellen synonym verwendet werden. Das tun nicht nur die Gewohnheiten und Statuten (eben-
so der Cauliten), sondern auch andere Texte, wie etwa an Mönche adressierte Predigten, die mit
der Anrede „Fratres!" einleiten. Den klaren Hinweis auf einen Konversen gäbe allein ein attri-
butives ,laicus'. Dieser aber fehlt. Darüber hinaus könnte selbst der Begriff ,conversus' ebenso
einen von einem Orden zu einem anderen übergetretenen Mönch meinen, also auch im 17. Jahr-
hundert lediglich implizieren, dass Guido von den Kartäusern zu den (bald danach entstande-
nen) Cauliten gewechselt war. Zwar gibt es durchaus Konversen, die zuvor Priester waren, da
ist Jacqueline Legendre beizupflichten, doch ist das eher die Ausnahme.
12 Siehe dazu Adamo, New Monks in Old Habits, S. 59.
13 Siehe das Ms. M, fol. 26v. Vgl. ebenda, fol. 4r: Commemoracio domni Viardi, primi prioris Vallis
Caulium.