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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0180
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176 I Martin Kintzinger

Qualität boten und die gelehrten Mönche von St-Denis auch an der Universität
studierten, reichte der universitäre Wissensstand der gelehrten, nicht selten gra-
duierten Mendikanten im Ganzen doch weiter. Nur in ihren Reihen fanden sich
renommierte Akteure der artifiziellen Diskurse, die zwischen Universitätsge-
lehrten ausgetragen wurden.
Laienkräfte waren hingegen in dem von den geistlichen Gelehrten am Königs-
hof geprägten Milieu nur in Ausnahmefällen vertreten, obwohl gleichzeitig seit
der Mitte des 13. Jahrhunderts mit den graduierten Legisten eine durch-
setzungsstarke und politisch zunehmend nachgefragte Gruppe von Karriere-
gelehrten an den Höfen präsent war. Jean de Blanot etwa, der den folgenreichen
politischen Lehrsatz des Rex Franciae in regno suo princeps prägte, laikaler Bolo-
gneser Legist in burgundischen Diensten, war ein direkter Zeitgenosse des Bene-
diktiners Primat. Unter den ihrer Übersetzungstätigkeit wegen genannten Per-
sonen findet sich immerhin eine, die dem Laienstand zugehörte: Raoul de Presles’
gleichnamiger Vater war em in Ungnade gefallener königlicher Hofjurist und
sein Sohn, der Übersetzer, hatte sich sowohl an juristischen wie an theologischen
Studien versucht. Seine insofern eher gebrochene Biographie führte jedenfalls
nicht zu universitären Graduierungen und Raoul trat auch nicht in den geistli-
chen Stand ein.
Im Ganzen wird man von der nachgefragten und geförderten Nützlichkeit der
Kenntnisse jener monastischen Gelehrten für die Herrschaft ausgehen dürfen,
die sich durch hervorragendes universitäres scholastisches Wissen und einen ho-
hen Grad an persönlicher Flexibilität als geradezu ideale Adressaten des königli-
chen Interesses anboten. Sie sind vorrangig als Einzelpersonen anzusprechen
und der Typus des monastischen Gelehrten steht hierbei im Fokus. Weil aber
dieser Typus von der monastischen Welt, der er entstammt und weiterhin zuge-
hört, nicht zu trennen ist, bezeugt er auch das Potential der Klosterkultur als
Laboratorium innovativer Theorien und Konzepte für die säkulare Gesellschaft.
Prof. Dr. Martin Kintzinger
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Historisches Seminar
Domplatz 20-22
48143 Münster
 
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