Neue Kommunikationsformen im Bettelordenskonvent I 193
Wohntrakt. Es fehlen vor allem die Amts- und Wirtschaftsgebäude, die die
benediktinische Klosterarchitektur maßgeblich prägte. Dies war zum einen
bedingt durch die städtische Existenz der Mendikanten, die als Almosenemp-
fänger ja keine großzügigen Wirtschaftsgebäude brauchten, und überdies in
der Stadt ja generell mit viel weniger Raum auskommen mussten als etwa ihre -
die ländlichen und oft fast noch unbesiedelten Räume erschließenden - zister-
ziensischen Vorgänger.
Dank der aktuellsten Untersuchungen von Leonie Silberer und Matthias
Untermann, haben wir in den vergangenen Jahren geradezu einen Quanten-
sprung erlebt, eine radikale Aufklärung und Infragestellung überkommener
Interpretationen zur Anlage, den architektonischen Sonderheiten, der Nut-
zung und Funktion einzelner Räume sowie zu den stetigen Bau- und Umbau-
maßnahmen mendikantischer Häuser - in diesem Falle der franziskanischen
Konvente.26
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die klar erkennbare räumliche Durch-
lässigkeit in der Konventsarchitektur. Der Konvent erlaubte Kommunikation
zwischen Innen und Außen, zwischen den Mitgliedern des Ordens und den
Gästen, aber auch den Bürgern der Stadt. Eine kommunikative Durchlässig-
keit, die sich in der vergleichsweise funktionalen Offenheit der einzelnen Kon-
ventsgebäude spiegelt. Diese Eigenart und besondere Qualität der Bettelor-
densarchitektur wurde lange Zeit übersehen, da die Forschung bei Unklarheiten
stillschweigend die vertrauten Pläne der benediktinischen Häuser voraussetzte.
Das hat Matthias Untermann in seinem jüngsten Aufsatz zu Fehlbenennun-
gen von Klosterräumen ganz unmissverständlich deutlich gemacht. Die For-
schung hat oft in Ermangelung anderer Begriffe, einfach die Benennungen der
herkömmlichen Klosterarchitektur ganz unkritisch verwendet.27 Folgende Be-
funde zur Konventsarchitektur scheinen für die Kommunikationsformen im
Konvent einschlägig:
Erstaunlich oft ist der Kapitelsaal nicht eindeutig lokalisierbar. Die franziska-
nischen Kreuzgänge - oft Doppelanlagen - sind nicht klausuriert, und wurden
nachweislich sowohl von den Religiösen als auch von den weltlichen Gästen
26 Leonie Silberer, Vom „Haus am Fluss“ zum Kloster. Architektur und Identätsstiftung im
Orden der Minderen Brüder, in: Mirko BREITENSTEIN/Julia BuRKHARDT/Stefan Burk-
HARDT/Jörg Sonntag (Hgg.), Identität und Gemeinschaft. Vier Zugänge zu Eigenge-
schichten und Selbstbildern institutioneller Ordnungen (Vita Regularis 67), Münster 2015,
S. 293-314.
27 Matthias Untermann, Fehlbenennungen von Klosterräumen und ihr Effekt auf die For-
schung, in: Gert MELViLLE/Leonie SiLBERER/Bernd Schmies (Hgg.), Die Klöster der Fran-
ziskaner im Mittelalter. Räume. Nutzungen. Symbolik (Vita Regularis 63), Münster 2015,
S. 19-44.
Wohntrakt. Es fehlen vor allem die Amts- und Wirtschaftsgebäude, die die
benediktinische Klosterarchitektur maßgeblich prägte. Dies war zum einen
bedingt durch die städtische Existenz der Mendikanten, die als Almosenemp-
fänger ja keine großzügigen Wirtschaftsgebäude brauchten, und überdies in
der Stadt ja generell mit viel weniger Raum auskommen mussten als etwa ihre -
die ländlichen und oft fast noch unbesiedelten Räume erschließenden - zister-
ziensischen Vorgänger.
Dank der aktuellsten Untersuchungen von Leonie Silberer und Matthias
Untermann, haben wir in den vergangenen Jahren geradezu einen Quanten-
sprung erlebt, eine radikale Aufklärung und Infragestellung überkommener
Interpretationen zur Anlage, den architektonischen Sonderheiten, der Nut-
zung und Funktion einzelner Räume sowie zu den stetigen Bau- und Umbau-
maßnahmen mendikantischer Häuser - in diesem Falle der franziskanischen
Konvente.26
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die klar erkennbare räumliche Durch-
lässigkeit in der Konventsarchitektur. Der Konvent erlaubte Kommunikation
zwischen Innen und Außen, zwischen den Mitgliedern des Ordens und den
Gästen, aber auch den Bürgern der Stadt. Eine kommunikative Durchlässig-
keit, die sich in der vergleichsweise funktionalen Offenheit der einzelnen Kon-
ventsgebäude spiegelt. Diese Eigenart und besondere Qualität der Bettelor-
densarchitektur wurde lange Zeit übersehen, da die Forschung bei Unklarheiten
stillschweigend die vertrauten Pläne der benediktinischen Häuser voraussetzte.
Das hat Matthias Untermann in seinem jüngsten Aufsatz zu Fehlbenennun-
gen von Klosterräumen ganz unmissverständlich deutlich gemacht. Die For-
schung hat oft in Ermangelung anderer Begriffe, einfach die Benennungen der
herkömmlichen Klosterarchitektur ganz unkritisch verwendet.27 Folgende Be-
funde zur Konventsarchitektur scheinen für die Kommunikationsformen im
Konvent einschlägig:
Erstaunlich oft ist der Kapitelsaal nicht eindeutig lokalisierbar. Die franziska-
nischen Kreuzgänge - oft Doppelanlagen - sind nicht klausuriert, und wurden
nachweislich sowohl von den Religiösen als auch von den weltlichen Gästen
26 Leonie Silberer, Vom „Haus am Fluss“ zum Kloster. Architektur und Identätsstiftung im
Orden der Minderen Brüder, in: Mirko BREITENSTEIN/Julia BuRKHARDT/Stefan Burk-
HARDT/Jörg Sonntag (Hgg.), Identität und Gemeinschaft. Vier Zugänge zu Eigenge-
schichten und Selbstbildern institutioneller Ordnungen (Vita Regularis 67), Münster 2015,
S. 293-314.
27 Matthias Untermann, Fehlbenennungen von Klosterräumen und ihr Effekt auf die For-
schung, in: Gert MELViLLE/Leonie SiLBERER/Bernd Schmies (Hgg.), Die Klöster der Fran-
ziskaner im Mittelalter. Räume. Nutzungen. Symbolik (Vita Regularis 63), Münster 2015,
S. 19-44.