Metadaten

Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0250
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
246 I Henryk Anzulewicz

sau mit einem saugenden Ferkel beobachtet. Die Szene wird als Spott über
Alberts zoologische Studien interpretiert, die der Dominikaner im Kölner Kon-
vent in der Stolkgasse, unweit des im Bau befindlichen Domes, leidenschaftlich
betrieb und in seinem monumentalen, im Autograph erhaltenen Werk „Über die
Tiere“ (De ammalibus) zusammenfasste.3
Liest man Alberts Schriften diachronisch mit Blick darauf, was er über die
Bedingungen seines vielfältigen Wirkens innerhalb des Predigerordens und über
die damit verbundenen Erfahrungen mitzuteilen hat, stellt man fest, dass er
seine Kritik an mangelndem Interesse für die Philosophie und an ihrer Ableh-
nung im Orden wiederholt zum Ausdruck bringt. Eine Wissenskultur und ihre
Ressourcen bei den Predigerbrüdern werden hingegen seltener erwähnt. Die or-
densgeschichtliche Forschung verbindet Teamarbeit mit der Institution der socii,
zu deren ersten, bedeutendsten und bekanntesten Nutznießern sie Albert neben
seinem Schüler Thomas von Aquin rechnet.4 Hierüber kann man aus Alberts
Schriften jedoch wenig erfahren. Die Existenz von Alberts Kommentar zum
Corpus Dionysiacum im Autograph des Thomas von Aquin dürfte zwar vor-
sichtigerweise in diese Richtung interpretiert werden, aber deutlicher und auf-
schlussreicher sind Alberts kritische Äußerungen vom fehlenden Verständnis
für seine wissenschaftlichen Aktivitäten und ihre Rechtfertigung, deren Adres-
saten hauptsächlich die Angehörigen seines Ordens waren. Diese bezeichnet er
als socii. Unter ihnen fanden sich nicht nur seine potenziellen Mitarbeiter, wiss-
begierige Studenten und Leser seiner Werke, sondern auch seine schärfsten Kri-
tiker. Diesen Eindruck vermittelt Alberts Aufforderung an die Letzteren, seine
Werke erst einmal im Licht ihrer Quellen zu studieren, bevor man ihn rüge.
Eine vergleichende Lektüre seiner Schriften zur Naturphilosophie mit den
3 Näheres hierzu vgl. Willy Weyres, Empirie und Intuition. Bemerkungen zu zwei Mönchs-
darstellungen am Chorgestühl des Kölner Doms, in: Kölner Domblatt. Jahrbuch des Zent-
ral-Dombauvereins 40, 1975, S. 214-215; Willehad P. Eckert, Die Generalstudien der Men-
dikantenorden in Köln während des 13. und frühen 14. Jahrhunderts, in: Ludger
Honnefelder u. a. (Hgg.), Dombau und Theologie im mittelalterlichen Köln (Studien zum
Kölner Dom 6), Köln 1998, S. 393; Ulrike Bergmann, Das Chorgestühl des Kölner Domes,
2 Bde., Neuss 1987, Bd. 2, S. 48 Nr. 205.
4 Als einschlägig gelten nach wie vor Yves Congar, „In ducedine societatis quaerere verita-
tem“. Notes sur le travail en equipe chez S. Albert et chez les Precheurs au XIIIe siede, in:
Gerbert MEYER/Albert ZiMMERMANN/Paul-Bernd Lüttringhaus (Hgg.), Albertus Mag-
nus Doctor universalis 1280/1980 (Walberberger Studien. Philosophische Reihe 6), Mainz
1980, S. 47-57 und Angelus M. Walz, Albert der Große als lector Coloniensis, in: Angelicum
9, 1932, S. 165-167; vgl. auch Henryk Anzulewicz, Albertus Magnus und seine Schüler.
Versuch einer Verhältnisbestimmung, in: Andreas SPEER/Thomas Jeschke (Hgg.), Schüler
und Meister (Miscellanea Mediaevalia 39), Berlin/Boston 2016, S. 184-187; Michael Hesse,
Philosoph, Heiliger und Mann der Wunder, in: Kölner Stadtanzeiger, 8. Sept. 2014, 02 (The-
men des Tages); hierzu und zum Folgenden vgl. unten mit Anm. 18-22, 25.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften