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Maul, Stefan M.; Maul, Stefan M. [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 10, Teilband 1): Einleitung, Katalog und Textbearbeitungen — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.57036#0118
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Textbearbeitungen: Nr. 3

105

Gegenstand haben, die Grenze zu Therapien, die sich gegen Schadenzauber richten, nicht immer scharf gezogen
(siehe z. B. Z. 11. Text Nr. 16-26. 63 sowie Text Nr. 4-10. 94 und 101; Text Nr. 38-39. 29’ und 10”).
Da die ‘Infektion’ mit der Bann-Erkrankung, wie inZ. 1 des hier kommentierten Textes explizit gesagt, unbemerkt
geschehen war. kann sie erst aufgrund einer Anamnese konstatiert worden sein.
Zahlreiche Rezepte zur Herstellung von Medikamenten, die vor Krankheiten bewahren sollten, welche auf die
Einwirkung von verschmutztem Waschwasser oder von magisch manipulierten Kontaktstoffen zurückgeführt
wurden, sind beispielsweise in der aus Assur stammenden und in Istanbul aufbewahrten Tafel A 522.
Kol. II. 38-Kol. III. 9 zusammengestellt (siehe D. Schwemer. JCS 65. 187-188).
2-9 In den Zeilen 2-9 sind in der Folge ihres Auftretens die Symptome aufgeführt, die man für die frühe Phase der
Bann-Erkrankung als wesentlich erachtete. Das hier gezeichnete Krankheitsbild unterscheidet sich von zeitgenös-
sischen Vorstellungen insofern grundlegend, als es nicht nm physische, psychosomatische und psychische Krank-
heitszeichen einbezog, sondern auch ökonomische und soziale. Die altorientalischen Heiler sahen in anhaltendem
ökonomischen Mißgeschick eines Menschen die ersten Kennzeichen des Bann-Leidens (siehe Z. 2-4). welches
darin gipfelte, daß in dem Haushalt des Betroffenen Tiere und dann auch Menschen immer wieder zu Tode kamen.
Die zweite Phase der Erkrankung äußerte sich im einem beeinträchtigten Selbstvertrauen des Betroffenen und dem
sich steigernden Verlust seiner Autorität, wobei sich erste somatische Störungen wie Schlaflosigkeit. Angstzustände
und Taubheitsgefühl der Glieder einstellten (Z. 5-6; zu einem therapeutischen Verfahren, welches das Fortschreiten
eines ähnlichen Leidens bereits an dieser Stelle unterbinden sollte, siehe S. M. Maul. Fs. Freydank.181-205). Inder
dritten Phase des Leidens, das. wenn es unbehandelt blieb, tödlich enden konnte, gewannen sowohl die physischen
(Völlegefühl; Schlappheit; Schlaflosigkeit; Taubheitsgefühle. Appetitlosigkeit) als auch die psychischen (Angstzu-
stände; Alpträume; Bewußtseinsstörungen) Krankheitszeichen erheblich an Gewicht (Z. 7-9a).
Die hier beschriebene Behandlung sollte in dieser dritten Phase der Erkrankung durchgeführt werden, bevor die
zu befürchtende massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes einsetzte und “die Verfinsterungen” an den
Patienten “Hand anlegen” (Z. 12) konnten.
2- 5 Vgl. die vergleichbaren Beschreibungen von Krankheitszeichen in Text Nr. 11. 1-5. STT 254. Vs.! 1-2 und
K 2535+. 1-8 (siehe S. M. Maul. Fs. Freydank. 186).
2 Vgl. die Parallelstellen Text Nr. 11. 2 (mütu u hulqu ittlsu raksüma) sowie ferner Text Nr. 48-51. 9.
3- 4 Vgl. die Parallelstelle Text Nr. 11. 2-4. wo als eines der wichtigsten Kennzeichen der sich entfaltenden Erkran-
kung der Umstand genannt wird, daß im Haus des unter einem Bann Stehenden das Sterben um sich greift. Siehe
dazu auch STT 254. Vs.! 1-2: [DIS ina E NA ÜG.MES-.s?/ (?) Ü]S.ÜS-tM GIG.MES-^m17 [m]a-a-du ZI.GA IR u
GEME GAR-szi lu x [ ] ma-a-da / [SU NAM.E]RIMDAB-sw); K 2535+ [S. M. Maul. Fs. Freydank. 181-205],
1-3: DIS NA BL1 lib-bi-sü KAR-zr /[;/(-;/) ] / lu DUMU.MES lu-ii DUMU.MUNUS.MES lu-hd [rabütu lü
sehrütu (?) (...)] / mit-ha-ris US.MES lu-u ZI.G[A huluqqü u sahluqtu ittisu raksüma mütu (?)] / ka-\a-a-n]a ina
E-sü sa-dir und Text Nr. 48-51, 9: si-i-ta hul-qu-u NU DÜG.GA UZU is-sak-na. Zu Z. 4 vgl. ferner den Kom-
mentar zu Z. 9-11.
5 Vgl. die Parallelstelle W. R. Mayer, OrNS 73, 201f., 3-6 (“Marduk 4”): qabü u lä semü iddalpanni / sasü u
lä apälu iddäsanni / ammätlja ina libbija ustesima / kima sibi uqtaddidanni (“Anweisung geben, ohne daß
dem willfahren wird, hat mich aufgestört. Rufen, ohne daß geantwortet wird, hat mich niedergedrückt, ließ
mir die Kräfte so aus meinem Inneren weichen, daß es mich beugte wie einen Greis”). Siehe auch S. M. Maul.
Fs. Freydank, 197 zu K 2535+, Z. 10).
E. K. Ritter und J. V. Kinnier Wilson hatten in ihrer Edition unseres Textes in AnSt 30, 24 das Zeilenende
emendiert und i-zi-im-tü ka<-sä-du> nise hi-a-t[u] gelesen. Da dies mit den vorhandenen Spuren nicht vereinbar
ist. schlug M. Stol vor, stattdessen "i-zi-ir(\)-tü KA UN.MES HI.A.M[ES] (= pi msi madäli)". “the course of
numerous people” (M. Stol. Epilepsy. 29 mit Anm. 55; siehe auchM. Stol in: T. Abusch, K. van der Toorn [Hrsg.].
Mesopotamian magic. 65) zu lesen (siehe dazu auch W. Färber, BID 64f„ Z. 11: izzir pinist mddäti sikinsu. “er
steht unter dem Fluch aus dem Mund vieler Leute”). Da aber im Text tatsächlich i-zi-im-tü (“Begehren”) steht und
darüber hinaus am Zeilenende, ebenso wie in der voranstehenden Passage, ein Infinitiv zu erwarten ist. kann auch
dies nicht sein. Daher dürfte hier die gut bezeugte Wendungpi nisi hiäru (siehe AHw 343a) vorliegen, die bestens
mit den erhaltenen Spuren zu vereinbaren ist. Zwar könnte HI.A auch für mädu(m) I, maädu (“viel, zahlreich
sein bzw. werden”) stehen, aber selbst wenn man in der mit den Spuren halbwegs zu vereinbarenden Lesung
HI.A-c/|z/| einen Infinitiv des S-Stamms sehen wollte (vgl. S. M. Maul. R. Strauß. KAL 4, Text Nr. 22, 16’: |.v<7
in]a KA ÜG.MES ma-d-da). ergäbe dies keinen rechten Sinn.
6 In R. Borger, ABZ, 177 und MZL, 413 ist als Lesung des Logogramms ("eä)KI.NÄ lediglich "maj(j)älu, Bett”
angegeben. Die Umschriftensynopse der Zeile Surpu. Tafel 8, 61 (R. Borger, Fs. Lambert. 86-87) zeigt aber
deutlich, daß ("eä)KI.NÄ auch für majjältu, “Bett” stehen kann. Welche der beiden Lesungen in Z. 6 anzusetzen
ist. bleibt unklar.
Die rimütu genannten Beschwerden sollten gemeinsam mit der “Hand des Banns” und weiteren Leiden mit dem
in Text Nr. 73-74 beschriebenen Einlauf bekämpft werden.
7 Wie die Formulierungen in den medizinischen Texten BAM 231, Z. 2 (mi-na-tu-su it-ta-n[a-ä]s-pa-ka) und
BAM 319, Z. 1 (sum-ma LÜ mi-na-tu-sü GIN7 mar-si D[U]B.MES-äy7) zeigen, dürfte hier DUB.DUB-cA wohl
versehentlich für ittanaspakä(D\JE> ?E)\JE>-ka) stehen.
 
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