Metadaten

Maul, Stefan M.; Maul, Stefan M. [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 10, Teilband 1): Einleitung, Katalog und Textbearbeitungen — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.57036#0287
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
274

Bannlösung (nam-erim-bür-ru-da)

Übersetzung:
1’
[
2’
[
3’
[
4’
[
5’
[
6’
[
(abgebrochen)

in einem abgelegenen] Raum [ ].
Da]nach [versorgst du sie7 (fern. Sg.)] mit einem Totenopfer.
]. Du gießt [ihr7 eine heiß]gekochte (Suppe) [aus].
]. Dann [läßt du an ihr7] das Mundwaschungsritual durchführen.
Du libierst ihr7 Wass]er (und) Bier aus Röstkom.
Hon] ig. Butterschmalz. Mil [ch ].

Kommentar:
Der in VAT 12157 erhaltene Textabschnitt weist sehr enge Parallelen zu den hier veröffentlichten Beschreibungen
von Bannlösungsverfahren auf. Die Parallelstellen aus Text Nr. 1-2. 5’—15’, Text Nr. 3.13-18 und Text Nr. 4-10.
2-8 zeigen, daß VAT 12157 Reste von Anweisungen enthält, ein aus Ton geformtes Figürchen zu bekleiden, mit
Reiseproviant zu versehen und mit einer heißen Suppe zu bewirten, nachdem man ihm ein Totenopfer (kispii)
dargebracht hatte. Aufgrund des fragmentarischen Erhaltungszustands des Tafelbruchstücks ist allerdings nicht
mehr zu erkennen, ob dieses Figürchen, so wie in der Textrekonstruktion angenommen, tatsächlich ein weibliches
Wesen darstellte. Nur in diesem Fall wäre in VAT 12157 von dem tönernen Abbild eines Banns die Rede. Wären
die zu ergänzenden Verbalsuffixe maskulin, hätte das Figürchen eine männliche Gestalt repräsentiert. In diesem
Fall würde das Tafelbruchstück VAT 12157 nicht zu der Beschreibung eines Bannlösungsverfahrens gehören,
sondern zu einer Therapiebeschreibung, deren Ziel es war. einen in die Lebenswelt der Menschen zurückgekehrten
Totengeist zu bannen und in die Unterwelt zurückzuführen (In den Kommentaren zu Text Nr. 1-2.4’-8’. 14’—15’.
3 ” und 24”-26” ist auf die Überschneidungen verwiesen, die sich zwischen den Bannlösungsverfahren und den
Ritualen zur Abwehr eines bösartigen Totengeistes ausmachen lassen).
1 ’-2’ Vgl. die enge Parallele aus Text Nr. 4-10. 7.
3 ’ Die Ergänzung richtet sich nach der Parallelstelle Text Nr. 3. 18.
4’ Die Zeichenfolge KA.LUH dürfte hier anstelle der sonst gebräuchlichen Schreibungen KA.LUH.HU.DA
bzw. KA.LUH.Ü.DA (= mis pi. "Mundwaschung") verwendet worden sein. In den modernen Zeichenlisten
ist sie nicht gebucht. Es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, daß die Mundwaschung nicht an dem ein
Unheil verkörpernden Figürchen, sondern - so wie in Text Nr. 1-2. 19" - an dem zu therapierenden Patienten
vorgenommen werden sollte. Aufgrund der Position der Anweisung ist dies jedoch weniger wahrscheinlich.
Gemäß dem ‘Leitfaden’ zur Durchführung des Bannlösungsverfahrens ist in der Phase der Therapie, die dem in
VAT 12157 erhaltenen Textabschnitt entspricht (Text Nr. 1-2. 9’). vorgesehen, eine Art Mundöffnungsritual an
dem Figürchen vorzunehmen, indem man mit einem Gemisch (?) aus Honig und Butter(schmalz), das mit (Spänen '
von) Zedemholz und “Süßrohr” versetzt war. den Mund des Figürchens berührte. Es sollte dadurch befähigt
werden, die im folgenden dargereichten Opfergaben anzunehmen. Die hier vorgeschriebene Mundwaschung
könnte ein vergleichbares Ziel verfolgen und die in dem Figürchen dargestellte Macht verpflichten, sich der
gottgewollten Ordnung zu beugen und in ihren ‘Äußerungen’ auf das dem Menschen Schädliche zu verzichten.
5’ Vgl. die Parallelstelle Text Nr. 4-10. 8.
6’ Parallelstellen lassen keinen Zweifel daran, daß die hier aufgezählten Flüssigkeiten für eine vor einem Gott
durchgeführte Libationbestimmt waren (vgl. z. B. S. M. Maul. BaF 18. 131. Z. 42. 134. Z. 90. 369. Z. 21 ’—23 ’
und 371. Z. 11-13). Als Adressat kommt hierfür wohl nur der Sonnengott in Frage (vgl. die oben aufgeführten
Parallelen aus den Beschreibungen von Bannlösungsverfahren).

68) VAT 14113 (Kopie: S. 512) Tafelbruchstück unsicherer Zuordnung 4
Fundstelle in Assur: wohl hD8I. Suchgraben; Fundnummer: bw; Archivzugehörigkeit: wohl N 4 (sog. Haus des
Beschwörungspriesters)
Beschreibung: Braunes Tafelfragment, mit dem die rechte untere Ecke einer Tontafel erhalten blieb (Maße: 30 mm x 30 mm x
21 mm). Machart. Schriftduktus und Inhalt lassen es als denkbar erscheinen, daß VAT 14113 zu der gleichen Tontafel
wie VAT 13760 (Text Nr. 1) und somit zu dem ‘Leitfaden’ zur Durchführung der nam-erim-bür-ru-da genannten
Heilbehandlung gehört. Während in VAT 14113 der rechte Tafelrand weitgehend unbeschädigt ist. sind der untere
Tafelrand und mit ihm die letzte oder die letzen beiden Zeilen der Vs. und die erste Zeile der Rs. zerstört. Auf der Vs.
haben sich Reste von 4. auf der Rs. Reste von 8 Zeilen in spätneuassyrischem Schriftduktus erhalten.
Datierung: neuassyrisch. Mitte des 7. Jh. v. Chr.
Ältere Kopie: - ; Bearbeitung: -
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften