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Maul, Stefan M.; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 10, Teilband 1): Einleitung, Katalog und Textbearbeitungen — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.57036#0328
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Textbearbeitungen: Nr. 81

315

Kommentar:

12’ Wenn ein Mensch zum 11. Mal der obige (Wortlaut) (und er) beim Bogen eines Gottes geschworen hat. führst du?.
was diesen Menschen anbetrifft, noch am selbigen Tag
13’ die Behandlung durch, die (mit der Rezitation) der Beschwörung “Wie die Waffe des Labbu” (verbunden ist).
Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen.


14’ Wenn ein Mensch zum 12. Mal der obige (Wortlaut), (und wenn) aus dessen Schoß etwas gestohlen wurde und
er dann auf die Namensnennung des Gottes
15’ oder bezüglich des Lebens des Gottes keine Aussage machte (wörtlich: nicht sprach), verzierst du. was diesen
Menschen anbetrifft, noch am selbigen Tag eine Fackel
16’ mit roter Wolle und gekämmter Wolle. Mit Schwefel entzündest du das Feuer. Dann
17’ reinigt er sich selbst. Dann wirft er die Fackel auf der Straße zu Boden. Dann
18’ salbst du seinen Leib mit Öl und Bier. Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen.


19’ Wenn ein Mensch zum 13. Mal der obige (Wortlaut), (und wenn) aus dessen Schoß etwas gestohlen wurde und
er dann auf die Namensnennung des Gottes
20’ oder bezüglich des Lebens des Gottes keine Aussage machte (wörtlich: nicht sprach), salbst du diesen Menschen
noch am selbigen Tag mit Wasser und dem Talg eines Schafes.
21 ’ Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen.


22’ Wenn ein Mensch fortgeht, um einen Eid (zu leisten), wäscht er sich die Hände mit Wasser. Dann
23 ’ spricht er zu Samas. Samas wird dann sein Anliegen erhören.
24 ’ Sobald er (die Zwiesprache mit dem Sonnengott) beendet haben wird, rasiert er sich (vollständig). Dann sammelt
er (die abgeschnittenen Haare) in einem porösen Gazellenkopf-Rhyton (?)
25 ’ ein und wirft es in den Fluß. Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen.


26’ Wenn ein Mensch zum 2. Mal der obige (Wortlaut) (d. h.: fortgeht, um einen Eid (zu leisten)), dann wendet er
eine Scherbe von der Straße, die für ihn umwickelt wurde, von seiner rechten zu seiner linken Seite
27’ siebenmal um und wirft sie einem Wirtshaus hin. Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen.


28’ Wenn ein Mensch zum 3. Mal der obige (Wortlaut) (d. h.: fortgeht, um einen Eid (zu leisten)), geht er in der
Morgendämmerung, noch bevor irgend jemand anderes unterwegs ist. in die Steppe hinaus. Dann reißt er eine
Tamariske aus und wirft dann
29’ im Feld die daran haftende Erde (?) ins Feuer. Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen.


30’ [Wenn ein Mensch zum 4. Mal der obige (Wortlaut) (d. h.: fortgeht, um einen Eid (zu leisten)) t er in der
Morgendämmerung, noch bevor irgendjemand anderes auf dem Platz unterwegs ist seines Gottes
31’ [ ]....dann er es in seine Hand und ....[ ]
32’ [ ]... Dies macht [er] drei Tage lang. [Dann ]
33’ [ ] [. Das ist dann das (Verfahren), einen Bann zu lösen]


(abgebrochen)

Die hier vorgelegte mittelbaby Ionische Tontafel aus Nippur zeigt wie kaum ein anderer bekannt gewordener Text,
wie groß im alltäglichen Rechtsleben Babyloniens die Furcht vor einem Bann und seinen Auswirkungen gewe-
sen sein muß. In HS 1911 sind in kurzen, aus jeweils zwei bis fünf Zeilen bestehenden Abschnitten sehr einfach
strukturierte Reinigungsverfahren beschrieben, die allesamt mit dem Rubrum NAM.ERIM.BÜR.RU.DA.KAM
versehen wurden. Die Durchführung einer ersten Gruppe dieser Rituale sollte Personen, die im Rahmen eines
Rechtsaktes einen Eid geleistet hatten, vor einem Bann und den damit verbundenen Leiden schützen, die gege-
benenfalls - aus welchen Gründen auch immer - von der Eidesleistung ausgelöst werden könnten (Z. 1 ’—13 ’).
Im vorliegenden Fall waren die rituellen Maßnahmen gewiß nicht dazu gedacht, nach einer Falschaussage den
Eidleistenden vor drohendem Unheil zu bewahren. Vielmehr sollten sie der potentiellen Gefahr entgegenwirken,
daß sich der Eidleistende an dem Schwurort schuldlos und unwissentlich Verunreinigungen zuzog. die einen
göttlichen Bann zur Folge haben konnten.
Unter allen keilschriftlichen Zeugen für die Bannlösungsverfahren ist allein dem hier präsentierten Text Näheres
über die Umstände einer solchen Eidesleistung zu entnehmen. Im wesentlichen dürften dort Verhältnisse der
altbaby Ionischen Zeit gespiegelt sein. Bisher waren lediglich Gerichtsurkunden und verwandte, dem Rechtswesen
entspringende Texte bekannt, die zeigen, daß es üblich war. einen assertorischen Eid mit der damit verbundenen
Selbstverfluchung vor einer bisweilen aus einem Tempel herausgebrachten “Götterwaffe” oder vor anderen
Göttersymbolen abzulegen (siehe dazu M. Stol. Fs. Van Lerberghe. 561-583 mit weiterführender Literatur).
 
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