XXXII
Einleitung des Herausgebers
tragen wird. Die Rückkehr zur Wirklichkeit vollzieht den Schritt vom bloßen Bewußt-
sein zum wirklichen Dasein, zu dem Dasein, das Anfang und Ende hat, sich in seiner
Umwelt müht und kämpft oder ermüdet und nachgibt, genießt und leidet, Angst hat
und Hoffnung. Und ich bin weiter nicht nur Dasein, sondern ich bin wirklich als Geist,
in dessen ideelle Totalitäten alles vom Bewußtsein Gedachte und als Dasein Wirkliche
aufgenommen werden kann.«125 Die Formulierungen - >mit dem Bewußtsein nicht er-
schöpft«, sondern auch Dasein, und »nicht nur Dasein«, sondern auch »Geist« - klin-
gen nach Ergänzungen. Das »Ich bin« jedoch, von dem hier die Rede ist, ist wiederum
doppelt besetzt. Einerseits steht es für das subjektiv Umgreifende, nun gegliedert in Be-
wusstsein überhaupt, Dasein und Geist. Zum anderen für das transzendierende Ich, das
sich im Überschreiten der Subjekt-Objekt-Beziehung als Umgreifendes im Plural inne-
wird. Jaspers unterstreicht diese Doppelung nicht besonders, weil es ihm grundsätzlich
um die Nebenordnung von Dasein, Geist und Bewusstsein geht, nicht um anthropolo-
gische (»Dasein«) oder kulturelle (»Geist«) Bedingungen des Bewusstseins überhaupt.
Kein Bewusstsein zwar ohne Materialisierung im Dasein und ohne die »ideellen To-
talitäten« des Geistes, in denen es sich artikuliert. Als Bedingungen des Bewusstseins
aber wären Dasein und Geist nicht selber Weisen des Umgreifenden, sondern nur -
verkörpertes Bewusstsein. Die Rückkehr zur Wirklichkeit soll demgegenüber eine Di-
mension erschließen, in der wir uns gleichursprünglich als Bewusstsein überhaupt, Da-
sein und Geist vorfinden. Diese Dimension ist für Jaspers die Sprache, ihre Erschließung
hat die kommunikative Form der Mitteilung. »Erst im Verstehbarwerden durch Sprache
verwirklichen sich die Weisen des Umgreifenden.«126 Verstehbar durch Sprache, sind
die verschiedenen Weisen des Umgreifenden Formen der Kommunikation und erst
hier wird die »hermeneutische« Zwischenstellung des In-der-Welt-seins deutlich, das
weder nur als ein Nachaußensetzen des Lebens noch als Staffage der Existenz beschrie-
ben werden kann. In einer Welt leben heißt - wie der Sache nach schon in der Psycho-
logie der Weltanschauungen - Transzendieren, aber nicht zur Welt als einem komplexen
Objekt, sondern zu den Weisen des Umgreifenden von Bewusstsein überhaupt, Dasein
und Geist, in denen sich eine Welt aufbaut; Transzendieren zu diesen Weisen des Um-
greifenden heißt, den Aufbau einer Welt in ihnen (oder durch sie) als Sprache verste-
hen, in der wir uns mitteilen.
Jaspers setzt dabei voraus, dass »wir sind, was wir sind, nur durch die Gemeinschaft
gegenseitigen bewußten Verständlichwerdens«.127 Tiere bilden Gemeinschaften ins-
tinktiv aus; selbst dort, wo sie durch Signale kommunizieren (bzw. sich so verhalten,
dass es wie Kommunikation und kollektive Intentionalität wirkt), folgen sie biologi-
125 S. 113.
126 Von der Wahrheit, 411.
127 S. 47.
Einleitung des Herausgebers
tragen wird. Die Rückkehr zur Wirklichkeit vollzieht den Schritt vom bloßen Bewußt-
sein zum wirklichen Dasein, zu dem Dasein, das Anfang und Ende hat, sich in seiner
Umwelt müht und kämpft oder ermüdet und nachgibt, genießt und leidet, Angst hat
und Hoffnung. Und ich bin weiter nicht nur Dasein, sondern ich bin wirklich als Geist,
in dessen ideelle Totalitäten alles vom Bewußtsein Gedachte und als Dasein Wirkliche
aufgenommen werden kann.«125 Die Formulierungen - >mit dem Bewußtsein nicht er-
schöpft«, sondern auch Dasein, und »nicht nur Dasein«, sondern auch »Geist« - klin-
gen nach Ergänzungen. Das »Ich bin« jedoch, von dem hier die Rede ist, ist wiederum
doppelt besetzt. Einerseits steht es für das subjektiv Umgreifende, nun gegliedert in Be-
wusstsein überhaupt, Dasein und Geist. Zum anderen für das transzendierende Ich, das
sich im Überschreiten der Subjekt-Objekt-Beziehung als Umgreifendes im Plural inne-
wird. Jaspers unterstreicht diese Doppelung nicht besonders, weil es ihm grundsätzlich
um die Nebenordnung von Dasein, Geist und Bewusstsein geht, nicht um anthropolo-
gische (»Dasein«) oder kulturelle (»Geist«) Bedingungen des Bewusstseins überhaupt.
Kein Bewusstsein zwar ohne Materialisierung im Dasein und ohne die »ideellen To-
talitäten« des Geistes, in denen es sich artikuliert. Als Bedingungen des Bewusstseins
aber wären Dasein und Geist nicht selber Weisen des Umgreifenden, sondern nur -
verkörpertes Bewusstsein. Die Rückkehr zur Wirklichkeit soll demgegenüber eine Di-
mension erschließen, in der wir uns gleichursprünglich als Bewusstsein überhaupt, Da-
sein und Geist vorfinden. Diese Dimension ist für Jaspers die Sprache, ihre Erschließung
hat die kommunikative Form der Mitteilung. »Erst im Verstehbarwerden durch Sprache
verwirklichen sich die Weisen des Umgreifenden.«126 Verstehbar durch Sprache, sind
die verschiedenen Weisen des Umgreifenden Formen der Kommunikation und erst
hier wird die »hermeneutische« Zwischenstellung des In-der-Welt-seins deutlich, das
weder nur als ein Nachaußensetzen des Lebens noch als Staffage der Existenz beschrie-
ben werden kann. In einer Welt leben heißt - wie der Sache nach schon in der Psycho-
logie der Weltanschauungen - Transzendieren, aber nicht zur Welt als einem komplexen
Objekt, sondern zu den Weisen des Umgreifenden von Bewusstsein überhaupt, Dasein
und Geist, in denen sich eine Welt aufbaut; Transzendieren zu diesen Weisen des Um-
greifenden heißt, den Aufbau einer Welt in ihnen (oder durch sie) als Sprache verste-
hen, in der wir uns mitteilen.
Jaspers setzt dabei voraus, dass »wir sind, was wir sind, nur durch die Gemeinschaft
gegenseitigen bewußten Verständlichwerdens«.127 Tiere bilden Gemeinschaften ins-
tinktiv aus; selbst dort, wo sie durch Signale kommunizieren (bzw. sich so verhalten,
dass es wie Kommunikation und kollektive Intentionalität wirkt), folgen sie biologi-
125 S. 113.
126 Von der Wahrheit, 411.
127 S. 47.