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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0041
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XL

Einleitung des Herausgebers

freilich dazu heraus, den Rahmen einer immanenten Kritik zu überschreiten.«152 Die
Herausforderung übernimmt Horkheimer selbst, sekundiert durch Löwith.153 Es sei,
so Löwith, »die ungewollte Paradoxie dieser Existenzphilosophie, dass J. gerade dort,
wo er zu >appellieren< vermeint, in Wirklichkeit eine lange Rede hält, [...] während er
doch nur das Entweder-Oder von Nietzsche und Kierkegaard umgeht, in der Ausflucht
zu einem »philosophischen Glauben«, der inhaltslos zwischen der Gottlosigkeit und
dem Glauben an die christliche Offenbarung schwebt.«154 Nicht weniger scharf, da-
für doppelt, reagierte Adorno aus Anlass von Jean Wahls Etudes Kierkegaardiennes. Um
die Recherches philosophiques habe sich in Frankreich »eine existentialphilosophische
Schule« gebildet, die Heidegger und Jaspers propagiere; Wahls Buch diene nun »der Ab-
sicht, jene Bestrebungen durch Dokumentation zu stützen und auf den Ursprung der
Existenzphilosophie in Kierkegaard zurückzugehen, der bei der akademischen deut-
schen Seins- und Daseinsphilosophie offen zutage liegt.« Dabei werde die Verharmlo-
sung Kierkegaards »besonders manifest daran, dass Heidegger und Jaspers, die zuerst
in größerem Stil Kierkegaard konformistisch und ideologisch umgebogen haben, in
langen eigenen Abschnitten mit diesem inter pares behandelt, ihre Relationen subtil
diskutiert werden, ohne dass geschähe, was selbst von der getreuen Exegese gefordert
werden müsste: der Protest gegen den Missbrauch des Kierkegaardschen Opfers von
unglücklichem Bewusstsein zum festlichen Kult der Finsternis.«155 In einem Brief an

152 Ebd., 267, Anm. I.

153 M. Horkheimer: »Bemerkungen zu Jaspers' >Nietzsche<«, Zeitschrift für Sozialforschung 6 (1937),
407-414; K. Löwith: »Jaspers, K., Nietzsche. Einführung in das Verständnis seines Philosophie-
rens. Walter de Gruyter. Berlin und Leipzig 1936. Nietzsche, F., Mein Leben. Moritz Diesterweg.
Frankfurt a.M. 1936. Oehler, H., F. Nietzsche und die deutsche Zukunft. Armanen-Verlag. Leipzig
1935«, Zeitschrift für Sozialforschung 6 (1937) 405-407.

154 Ebd., 405L Nur im Ton moderater urteilt Löwith in einer späteren Sammelrezension »Zur neusten
Nietzsche-Forschung« (Theologische Rundschau 10 (1938) 187-199): »Der Weg, den K. Jaspers' Den-
ken von der »Psychologie der Weltanschauungen« bis zur eigenen »Philosophie« und ihrer Erprobung
an M. Weber, Kierkegaard und Nietzsche durchschritten hat, manifestiert sich deutlich in drei ver-
schiedenen Fassungen des Problems, welches Nietzsche ist: zuerst in der »Psychologie der Weltan-
schauungen«, dann in »Vernunft und Existenz« und schließlich in diesem Werk über Nietzsche [sc.
Nietzsche. Einführung in das Verständnis seines Philosophierens], das mit einer Art Meisterschaft den
Stoff von allen Seiten umgreift, präpariert und einheitlich auslegt. Trotzdem dürfte es nicht nur an
der Kurzatmigkeit des Lesers liegen, wenn die 400 Seiten dieses breit angelegten Werkes weniger
»appellierend« anmuten als die gedrängte und prägnante Gegenüberstellung von Kierkegaard und
Nietzsche in der ersten Vorlesung von »Vernunft und Existenz«, welche Schrift im übrigen auch be-
reits alle entscheidenden Begriffe für die extensive Auslegung von Nietzsche enthält.« (195).

155 T. W. Adorno: »Wahl, Jean, Etudes Kierkegaardiennes. Editions Montaigne. Paris 1938. Lowrie,
Walter, Kierkegaard. Oxford University Press. London u. New York 1938. The Journals of Soren Ki-
erkegaard; a selection, edited and translated by Alexander Dru. Oxford University Press. London
u. New York 1938«, Zeitschrift für Sozialforschung 8 (1939/40) 232-235,232L und Th. Wiesengrund-
Adorno: »Etudes Kierkegaardiennes. Jean Wahl. Paris: Fernand Aubier. 1938«, The Journal ofPhilo-
sophy 36 (1939) 18-19.
 
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