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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0133
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Vernunft und Existenz

argumentierend verwenden oder technisch machen zu können. So erfährt es in der
Verwirrung die ruinösen Folgen solcher Verkehrung, die das Ohnmächtige als Macht
im Sinne des Bewußtseins überhaupt verwenden wollte. Aber trotz aller Ohnmacht ist
dieses Denken von der nicht zweckhaft zu wollenden und nicht technisch zu dirigie-
renden Macht, die im Innersten des Menschseins Offenbarkeit und Verwandlung laut-
los hervorbringt.
Aus dem unermeßlichen Felde logischer Erhellung im transzendierenden, schlecht-
hin universalen Denken - dem Denken, von dem allein zu sagen ist, daß nichts für uns
ist, ohne ins Denken zu treten - wollen wir in den gekennzeichneten zwei Richtungen
an Beispielen zeigen, worum es sich handelt: erstens in der vernünftigen Alogik, zwei-
tens in der fälschlichen Logisierung.
Wir gehen aus von der Vergegenwärtigung eines Kantischen Gedankens. Kant begreift
alle Gegenständlichkeit als ein vom Subjekt als Bewußtsein überhaupt durch die Ka-
tegorien geformtes Material. Wir leben in dieser Welt der zwar nirgends dem Dasein
nach, aber überall der Form nach durch uns hervorgebrachten Erscheinung. Das Ding
iii | an sich, ein bloßer Grenzbegriff, der die Erscheinungshaftigkeit des Daseins kund-
gibt, ist schlechthin verborgen. Nun sind die Kategorien, wie Einheit, Vielheit, Sub-
stanz, Kausalität usw., für Kant abzuleiten aus der ursprünglichen Einheit denkenden
Bewußtseins, der sogenannten Einheit der transzendentalen Apperzeption, welche al-
les uns Vorkommende jeweils zur Einheit eines Gegenstandes verbindet.184 Aber, sagt
Kant, »diese Einheit, die apriori vor allen Begriffen der Verbindung vorhergeht, ist
nicht etwa jene Kategorie der Einheit«.185 Kant fordert uns also auf, in Kategorien den-
kend - denn anders als in Kategorien können wir nach ihm nicht denken - etwas nicht
in Kategorien Stehendes zu erfassen. Das muß er fordern, weil er den Ursprung aller
Gegenständlichkeit, der selbst nicht gegenständlich sein kann, treffen will. Ich soll ein
Ungegenständliches gegenständlich, ein die Kategorien, also auch die Kategorie Ein-
heit, Begründendes in der Kategorie der Einheit denken. Es handelt sich formallogisch
entweder um einen Zirkel: die Einheit wird durch die Einheit erklärt, oder um einen
Widerspruch: die Einheit ist nicht die Einheit.
In allen wirklichen Philosophien finden wir an entscheidenden Punkten solche
Zirkel und Widersprüche, ob es sich um Metaphysik oder Transzendentalphilosophie
oder Existenzerhellung handelt. Überall sieht man die Kritiker an der Arbeit, die tri-
umphierend diese Mängel herausholen und die kritisierte Philosophie jeweils dadurch
für vernichtet halten.
Diese Denkform ist als der Natur der Sache nach im Philosophieren notwendig zu
zeigen. Um das zu tun, sehen wir zunächst zu, wo bei rein formallogischer Überlegung
diese logischen Fehler des Zirkels und Widerspruchs auftauchen;186 und zwar interes-
sieren uns nicht die vielen ohne weiteres korrigierbaren Fehler durch Wortverwechse-
 
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