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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0269
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208

Stellenkommentar

iert, dass sie aufeinander aufbauen und sich wechselseitig »hervortreiben« (ebd., 69). Zu-
gleich bleibt in jedem der Bezüge eine Spannung erhalten, die das Selbstverhältnis der Exis-
tenz als unaufhebbar antagonistisch ausweist. Tag und Nacht stehen speziell für die
Zweideutigkeit des »Aufschwungs« zur Transzendenz: Er kann sich als Wille zur Vollendung
des Daseins wie als Wille zur Destruktion vollziehen. Der erste Weg führt über die Vernunft
zu einem Transzendenzbezug, der sich an die Maximierung von Ordnung, an Ideale, an So-
lidarität und Treue bindet. Auf dem zweiten Weg sucht die Leidenschaft Transzendenz im
Chaos und im Ruin des Daseins. Beide Wege sind nicht voneinander trennbar, vielmehr
steht die Leidenschaft zur Nacht dem Gesetz des Tages stets im Rücken als die »Schuld«,
durch Verabsolutierung der Vernunft Realität zu verfehlen (ebd., 110-111).
144 I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, AA 3, 75: »Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauun-
gen ohne Begriffe sind blind.«
145 Vgl. die Analyse des dämonischen Willens als verzweifeltes Selbstseinwollen im Anschluss
an Kierkegaard in der Psychologie der Weltanschauungen, 430-432.
146 Ausführlicher in: »Der Weltschöpfungsgedanke« [1952], in: Philosophie und Welt. Reden und
Aufsätze, München 1963, 139-147.
147 Wie auch immer das Umgreifende gedacht wird [...] unter ihre Begriffe erkennend und be-
urteilend subsumierte. -1 Die fünf Absätze S. 42-44 hat Jaspers in den Entwurf der für den
Zweiten Teil der Philosophischen Logik vorgesehenen Wissenschaftslehre übernommen,
vgl. Nachlaß zur Philosophischen Logik, 376-377. In einem ergänzenden Exkurs über die Wis-
senschaften des Umgreifenden unterstreicht er hier, deutlicher als in Vernunft und Existenz
und Von der Wahrheit, deren interdisziplinären Charakter: In dem Maße, in dem das Umgrei-
fende Gegenstand der Forschung sein kann, ist es nie nur Gegenstand einer Einzeldiszip-
lin, sondern von »hindurchgehenden Wissenschaften«: Logik, Psychologie, Anthropolo-
gie oder Soziologie. »Sie bleiben die unbestimmt begrenzten [...] Bemühungen um die
sachlich gegenständliche Erforschung des Umgreifenden als des Ganzen. Auch die Namen
>Geisteswissenschaften< und >Kulturwissenschaften< gehören hierhin« (ebd., 488).
148 Im Unterschied zur Daseinsanalyse, die das Dasein als >In-der-Welt-sein< (vgl. Philosophie I,
66) strukturell und unter Vorgaben des Bewussteins überhaupt beschreibt, bezieht sich die
Existenzerhellung auf »die Möglichkeit des Einzelnen« (Philosophie I, 31; zur Genese dieser
Unterscheidung vgl. das »Nachwort (1955) zu meiner >Philosophie< (1931)«, XX). »Erhel-
lung« bedeutet dabei jeweils ein transzendierendes Denken, das auf die individuelle Exis-
tenz zurückführt: in der Weltorientierung vom Gedanken der prinzipiellen Ungeschlos-
senheit des All zum geschichtlich situierten Selbst, in der Metaphysik vom Gedanken des
absolut Einen zu den Chiffren der Transzendenz. Anders als die Existenzerhellung in Welt-
orientierung und Metaphysik (»Existenzerhellung im weitesten Sinne«, Philosophie I, 32)
vollzieht sich die Existenzerhellung »im besonderen Sinne« zugleich reflexiv - als »Kreisen
um sich selbst«: Der »Rückstoß« vom Denken in die Existenz erfolgt hier aus den durch Si-
gna konturierten Möglichkeiten des Selbstseins. Sie bleiben zwar »gedachte Möglichkei-
ten«, in denen sich der Einzelne aber bereits zu sich selbst verhält, während das Selbstver-
hältnis im existenzerhellenden Denken von Weltorientierung und Metaphysik noch
vermittelt ist über (Grenz-)Begriffe des All und des absoluten Seins.
149 Vgl. G.W. F. Hegel: Wissenschaft der Logik. Erster Band. Die objektive Logik (1812/13), GW 11,
21: »daß dieser Inhalt [sc. der Logik als des Systems der reinen Vernunft] die Darstellung
 
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