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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0278
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Stellenkommentar

217

208 Zur Kritik der Fortschrittsidee in der Philosophie: Der philosophische Glaube, 153; zum Mo-
tiv des »von vorn Anfangens« vgl. aus den Notizen zu Martin Heidegger, 45 (und der Korres-
pondenz mit Gerhard Krüger, Korrespondenzen II, 422): »Ganz von vorn anfangen, jetzt be-
ginnt erst die wahre Philos. / 1. Dieses war enthusiastische Wirklichkeit gesteigerter
Persönlichkeit in der Renaissancephilos. / 2. Es war Stil und Sinn bei Descartes / 3. Es wurde
Tragödie bei Kant (der wirklich unerhört Neues, einen Anfang brachte - und diesen Anfang
als >Wissenschaft< mißverstehen mußte im Sinn der Tradition der neuen wissenschaftl. Phi-
los.) / 4. Es wurde nachfolgendes Satyrspiel bei Husserl / 5. Es ist nihilistische Hybris bei
Heidegger.«
209 Die »alte Vorstellung einer Geschichte Gottes« diskutiert Jaspers als literarisches Motiv be-
reits in Strindberg und van Gogh, 72-74. Dass Gott »kein werdendes Wesen« sein könne, er-
gab sich für ihn aus dem Monotheismus der philosophischen Tradition, während der Mo-
notheismus der hebräischen Bibel einerseits die Bildlosigkeit Gottes einklagt, den bildlosen
Gott andererseits als führendes und forderndes Gegenüber des Menschen: als lebendigen
Gott darstellt, der Entscheidungen trifft und revidiert (Der Philosophische Glaube, 73-75).
Solche personalisierenden Chiffren dementieren aus Jaspers' Sicht nicht die Transzendenz
Gottes, sondern vergegenwärtigen sie existeniell - was Jaspers' Konzeption der Geschicht-
lichkeit als »Einheit von Zeit und Ewigkeit« (Philosophie II, 126) entspricht. Unter Ewigkeits-
aspekten verhalten sich der Gott der Philosophen und der Gott Abrahams, Isaaks und Ja-
kobs komplementär; diese Komplementarität erlaubt allerdings nicht, die Offenbarung als
ein Ereignis zu verstehen, das selbst erst Geschichte stiftet. Daran entzündet sich die spä-
tere Kontroverse mit Bultmann: Die Frage der Entmythologisierung, 67-73, 101-103.
210 Nach Thomas betreffen die praeambula fidei, was »im Glauben zu wissen notwendig ist und
mit Hilfe natürlicher Gründe von Gott aufgewiesen wird« (quae necesse est in fide scire, ut
ea quae naturalibus rationibus de Deo probantur): ut Deum esse, Deum esse unum et alia
huiusmodi vel de Deo vel de creaturis in philosophia probata, quae fides supponit (Super
De Trinitate, pars 1 q. 2 a. 3 co. 3).
211 Ein differenzierteres Bild zeichnet Jaspers in: Descartes und die Philosophie, 70-75.
212 G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Religion. Teil 1: Einleitung. Der Begriff der
Religion, hg. von W. Jaeschke, Hamburg 1983, 63-64: »Die Philosophie ist in der Tat selbst
Gottesdienst.«
213 F. Nietzsche: Also sprach Zarathustra, KSA 4, 340 und: Zur Genealogie der Moral, KSA 5, 399.
214 Zur eigenen religiösen Herkunft äußert sichjaspers in diversen autobiographischen Kontex-
ten, die vor allem die liberale Erziehung im Elternhaus (»ohne Kirchlichkeit, aber auch ohne
Kirchenfeindschaft«: »Lebensbeschreibung«, 2) und eine Art urfriesisches Heidentum her-
ausstreichen. Einschlägige Anekdoten, wie von Radbod, der die Taufe verweigerte, weil er
nach dem Tod bei seinen Ahnen sein wollte, die der Priester (»offenbar ein Schaf«) in der Hölle
vermutete, liebte Jaspers. »Noch viele Geschichten, an denen ich einen Spaß habe, von der
Barbarei und Gutmütigkeit meiner Vorfahren, kann ich erzählen. Nur noch eine: Bei uns an
der Küste wußte man eigentlich von nichts. Der Bauer, selbständig und unabhängig, tat seine
schwere Arbeit. An einem Karfreitag kommt der Pfarrer zu einem, der in seinem Groden ar-
beitet und ermahnt ihn: Heute ist unser Herr Christus gestorben, wie kannst Du da arbeiten!
O! - antwortet der Bauer - ist der arme Mann tot, das tut mir leid - und arbeitete weiter. Et-
was von der gutmütigen Barbarei ist noch in mir« (K. Jaspers an M. Salditt, 25. Februar 1956).
 
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