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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0293
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Stellenkommentar

mitzudenken, und vielleicht etwas zu sagen, das durchzudenken, und zwar mit dem Her-
zen und dem Kopfe zugleich, sich lohnt. Ich wünsche es mir« (K. Jaspers an D. Sternberger,
29. März 1948, Korrespondenzen III, 675-676). Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang
schließlich Jaspers' Reaktion auf eine Kritik von Klaus Piper, den die Bezeichnung »deutsche
Konzentrationslager« im Manuskript Vom Ursprung und Ziel der Geschichte erschreckte. Man
könne nicht »von deutschen Konzentrationslagern, wie von deutschen Fabriken oder deut-
schen Kunstwerken [sprechen]. Diese Lager sind von fanatischen Nationalsozialisten einge-
richtet und geführt worden. Die Mehrheit des deutschen Volkes hat sich, soweit sie von den
Lagern überhaupt wußte - ich bin davon im tiefsten überzeugt - zu diesen innerlich niemals
bekannt« (K. Piper an K. Jaspers, 20.Januar 1949, DLA, A: Jaspers). Piper schlug vor, »die Kon-
zentrationslager [...] als nationalsozialistische zu bezeichnen und auf dieselben Vergewalti-
gungen des Menschen auch in anderen modernen totalitären Staaten hinzuweisen«. Wo-
mit Jaspers einverstanden war: »Dass mir diese Formulierung passieren konnte, beruht auf
dem doppelten Gebrauch des Wortes >deutsch<, den wir vorläufig nicht entbehren zu kön-
nen scheinen, aus dem gerade mein geplantes Buch hinausführen möchte: >Deutsch<, als po-
litischer Begriff des letzten Jahrhunderts, und >deutsch< als Kultur- und Daseinsbegriff. Der
erstere scheint mir realiter gegenstandslos geworden zu sein, - und wir sollten heute, nach
einer radikalen Klärung, >deutsch< vielleicht nur für den zweiten Sinn verwenden, wo wir sel-
ber und unsere Liebe dabei sind. Ich habe den Gebrauch des Wortes deutsch für jenen poli-
tischen Sinn an jener Stelle ohne Interpretation beibehalten, - in der Stimmung verführt,
weil die meisten Landsleute noch mit diesem politischen Begriff operieren. Mir scheint, wir
müssen es nach diesem Missbrauch des Begriffs >deutsch< es erst wieder lernen, von >deutsch<
in einem einwandsfreien Sinne zu reden. Mein Missgriff macht mir dies wieder einmal sehr
deutlich« (K. Jaspers an K. Piper, 24. Januar, DLA, A: Jaspers; die bereinigte Stelle in: Vom Ur-
sprung und Ziel der Geschichte, KJG I/10, 140).

Lettre de M. Karl Jaspers
290 Übersetzt von H. Pollnow, Bulletin de la societe francaise de philosophie 37 (1937) 195-198. Aus
dem Briefdatum (30. Januar 1938), der Erwähnung der Frankfurter Vorlesungen (publiziert
im Februar 1938) und aus der Korrespondenz mit Pollnow ergibt sich, dass der Text Jaspers'
entgegen der üblichen bibliographischen Angaben (Rabanus, Nr. 539) nicht bereits im »De-
zember 1937« erschienen sein kann. Erhalten hat Jaspers das genannte Heft des Bulletin je-
denfalls erst Anfang September 1938 (Brief an Jean Wahl vom 4. September 1938). - Anlass für
das Jaspers'sche Positionspapier war offensichtlich eine (deutlich kürzere) Replik Heideggers
(vgl. unten Nr. 306), die Jean Wahl komplettiert wissen wollte: »Wie Ich Ihnen schrieb, sprach
vor einigen Wochen Wahl in der Societe de Philosophie über Kierkegaard, Heidegger und Sie.
Er schickte Ihnen ein Resume seines Vortrages. [...] Nun bittet mich Wahl, Ihnen zu sagen,
dass Heidegger ihm auf sein Resume mit einem Brief, der seine Stellungnahme präzisiert, ge-
antwortet hat. Er wäre sehr froh, wenn Sie das gleichfalls täten; es braucht nicht ein sehr aus-
führliches Schreiben zu sein« (H. Pollnow an K. Jaspers, 28. Januar 1938). Auf diese Mitteilung
reagierte Jaspers prompt, nachdem das Vortragsresümee Wahls längere Zeit liegen geblieben
war und vermutlich nicht oder nur kursorisch beantwortet werden sollte. Zum weiteren Kon-
 
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