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Grundsätze des Philosophierens
Ankara und Augustus, vgl. Rich. Heinze, Auctoritas in: Vom Geist des Römertums,
Leipzig 1919):268 »Als ich in meinem sechsten und siebenten Konsulat den Brand des
Bürgerkriegs gelöscht hatte und mit Zustimmung der ganzen Welt alle Macht in Hän-
den hielt, habe ich den Staat aus meiner Gewalt wieder in die Hände des Senats und
des römischen Volkes gelegt ... Seit dieser Zeit stand ich an persönlichem Ansehen
(auctoritas) über allen, an Amtsgewalt aber besass ich nicht mehr als auch meine Kol-
legen in denselben Ämtern besassen.«269 Dass der Ursprung dieser Autorität nicht al-
lein in überragenden Leistungen, nicht nur in der persönlichen Überlegenheit lag,
zeigt sich daran, dass des Augustus Vater als divus Caesar verehrt und dass die princi-
pes in der Folge vergöttert wurden, also schon während sie lebten ihren Kult hatten
(Kaiserkult).
Beide Beispiele von Bestimmungen der Autorität in geschichtlicher Erscheinung -
beide grossartig und wahr in ihrer Situation - sind keineswegs als solche allgemeingil-
tig für immer. Im Gegenteil, die bestimmte Formulierung, die in ihrer Einfachheit für
ihre Zeit überzeugend war, Herrschaft und Gehorsam deutete und bestätigte, ist bei
Übertragung auf andere Zeiten und Situationen fragwürdig; denn dann wird sie die Fi-
xierung eines Seins, das seiner Natur nach in Bewegung ist.
h. Verwandlung der Autorität in der Daseinsordnung
Gegenüber der Idee der Weltordnung in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden steht die
Bindung an den geschichtlichen Grund des Ganzen. Gegenüber der gesamten Welt
des Allgemeinen, des Planens und Beabsichtigens steht grundsätzlich als Gegenpol
das Umgreifende, das hinzunehmen ist.
Frage ich diesen geschichtlichen Grund des Ganzen, was er sei, was aus ihm mög-
lich und nicht möglich sei, was aus ihm sich verwirklicht, so erscheint er mir in Bil-
dern, in gehaltvollen Symbolen, aber gibt keine allgemeine Antwort. Er ist das Umgrei-
fende des geschichtlichen Seins, das die Ideen des Allgemeinen in sich birgt und seine
Wirklichkeit zeigt durch die Grenze aller Ideen, an der sie scheitern. Entfalte ich die
Autorität in gedanklichen Konstruktionen, so wird sie in der Tat allgemein; in solcher
Speculation - etwa geschichtsphilosophischer Totalanschauung - wird die Autorität,
die sie im Entwurf noch beseelte, faktisch verloren zugunsten eines notwendig Frage
und Zweifel erweckenden Gedankens.
Was unserem Hinhören auf den autoritativen Grund in uns folgt, kann vielleicht
reiner werden durch das helle Bewusstsein von dem Sinn dessen, was hier überhaupt
hörbar werden kann.
aa. Verwandlung in der Erscheinung der Autorität: Die Autorität liegt in dem Um-
greifenden von Subjekt und Objekt. Der geglaubten gegenständlichen Autorität ent-
spricht ein existentieller Gehalt des glaubenden Subjekts. Das Gegenständliche ist je-
weils fixierte Autorität, ihre geschichtliche Erscheinung, ihre Sprache, nicht sie selbst.
Grundsätze des Philosophierens
Ankara und Augustus, vgl. Rich. Heinze, Auctoritas in: Vom Geist des Römertums,
Leipzig 1919):268 »Als ich in meinem sechsten und siebenten Konsulat den Brand des
Bürgerkriegs gelöscht hatte und mit Zustimmung der ganzen Welt alle Macht in Hän-
den hielt, habe ich den Staat aus meiner Gewalt wieder in die Hände des Senats und
des römischen Volkes gelegt ... Seit dieser Zeit stand ich an persönlichem Ansehen
(auctoritas) über allen, an Amtsgewalt aber besass ich nicht mehr als auch meine Kol-
legen in denselben Ämtern besassen.«269 Dass der Ursprung dieser Autorität nicht al-
lein in überragenden Leistungen, nicht nur in der persönlichen Überlegenheit lag,
zeigt sich daran, dass des Augustus Vater als divus Caesar verehrt und dass die princi-
pes in der Folge vergöttert wurden, also schon während sie lebten ihren Kult hatten
(Kaiserkult).
Beide Beispiele von Bestimmungen der Autorität in geschichtlicher Erscheinung -
beide grossartig und wahr in ihrer Situation - sind keineswegs als solche allgemeingil-
tig für immer. Im Gegenteil, die bestimmte Formulierung, die in ihrer Einfachheit für
ihre Zeit überzeugend war, Herrschaft und Gehorsam deutete und bestätigte, ist bei
Übertragung auf andere Zeiten und Situationen fragwürdig; denn dann wird sie die Fi-
xierung eines Seins, das seiner Natur nach in Bewegung ist.
h. Verwandlung der Autorität in der Daseinsordnung
Gegenüber der Idee der Weltordnung in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden steht die
Bindung an den geschichtlichen Grund des Ganzen. Gegenüber der gesamten Welt
des Allgemeinen, des Planens und Beabsichtigens steht grundsätzlich als Gegenpol
das Umgreifende, das hinzunehmen ist.
Frage ich diesen geschichtlichen Grund des Ganzen, was er sei, was aus ihm mög-
lich und nicht möglich sei, was aus ihm sich verwirklicht, so erscheint er mir in Bil-
dern, in gehaltvollen Symbolen, aber gibt keine allgemeine Antwort. Er ist das Umgrei-
fende des geschichtlichen Seins, das die Ideen des Allgemeinen in sich birgt und seine
Wirklichkeit zeigt durch die Grenze aller Ideen, an der sie scheitern. Entfalte ich die
Autorität in gedanklichen Konstruktionen, so wird sie in der Tat allgemein; in solcher
Speculation - etwa geschichtsphilosophischer Totalanschauung - wird die Autorität,
die sie im Entwurf noch beseelte, faktisch verloren zugunsten eines notwendig Frage
und Zweifel erweckenden Gedankens.
Was unserem Hinhören auf den autoritativen Grund in uns folgt, kann vielleicht
reiner werden durch das helle Bewusstsein von dem Sinn dessen, was hier überhaupt
hörbar werden kann.
aa. Verwandlung in der Erscheinung der Autorität: Die Autorität liegt in dem Um-
greifenden von Subjekt und Objekt. Der geglaubten gegenständlichen Autorität ent-
spricht ein existentieller Gehalt des glaubenden Subjekts. Das Gegenständliche ist je-
weils fixierte Autorität, ihre geschichtliche Erscheinung, ihre Sprache, nicht sie selbst.