Einleitung des Herausgebers
XXI
Papierindustrie, war Parteigenosse, aber »mutig«.10 Birnbach ließ anfragen, ob Jaspers
nicht eine kleinere Schrift zur Veröffentlichung habe. Kampffmeyer dachte sogleich
an Nietzsche und das Christentum, denn Birnbach suchte vor allem »kleinere Schrif-
ten von Autoren, möglichst mit international bekanntem Namen (denen aber sonst
vielleicht die Publikation erschwert ist)«," und zu diesem Personenkreis gehörte Jas-
pers zweifellos. Mutig verhielt sich Birnbach durchaus; denn er betonte »von sich aus,
daß er nicht wie die großen Verlage auf irgend jemand Rücksicht nehmen müsse und
daher auch nicht seine Veröffentlichungen von der Prüfungsstelle abhängig machen
würde«12 - im Unterschied zu de Gruyter. Der Krieg, der Jaspers von einer Publikation
zurückhielt, sei für Birnbach gerade mit ein Antrieb, sich der Verlegung einer »»wert-
beständigen« Arbeit zu versichern«.13 Doch Jaspers wollte noch abwarten und ließ
Birnbach auf später vertrösten. Dass dies eine »Ausrede« war, durchschaute der Ver-
leger.14
Auch Koehler & Amelang, ein anderer Leipziger Verlag, interessierte sich für die
kleine Nietzsche-Schrift und verfügte offensichtlich über die für eine Publikation
erforderlichen Beziehungen. Im Herbst 1942 besuchten die beiden Verlagsinhaber,
Hellmut Köster und Arnold Fratzscher, Jaspers in Heidelberg und konnten ihn wohl
von ihren guten Kontakten zu den Reichsbehörden überzeugen, so dass er befand:
»Ich lasse es versuchen, um zu sehen, ob die notwendigen Genehmigungen gelin-
gen. Ich zweifle. [...] Ich selber erlebte noch einmal, dass einer Firma viel an mir gele-
gen war«.15 Doch der im Dezember 1942 gestellte Antrag auf Druckerlaubnis wurde
am 2. Februar 1943 abgelehnt.16 Zudem wurde dadurch die Reichsschrifttumskam-
mer überhaupt erst auf Jaspers aufmerksam und bat Koehler & Amelang um seine
Adresse.17 Offenbar hatte der Verlag die Situation falsch eingeschätzt bzw. seine Kon-
takte zu den NS-Behörden überschätzt.18
10 J. Kampffmeyer an K. Jaspers, 8. März 1940, DLA, A: Jaspers. Vgl. auch J. Kampffmeyer an K. Jas-
pers, 12./15. März 1940, ebd.
II J. Kampffmeyer an K. Jaspers, 8. März 1940, ebd.
12 Ebd.
13 Ebd.
14 Vgl. J. Kampffmeyer an K. Jaspers, 17. April 1940, ebd.
15 K. Jaspers an E. Dugend, 31. Oktober 1942, ebd.
16 Vgl. Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda an den Verlag Koehler & Amelang,
2. Februar 1943, KJG III/8.1, 622, sowie D. Fonfara: »Einleitung des Herausgebers«, ebd., LXXV1-
LXXV1I.
17 Präsident der Reichsschrifttumskammer an den Verlag Koehler & Amelang, 17. Februar 1943, ebd.,
623. - Zu der sich daran anschließenden Korrespondenz zwischen Jaspers und der Reichsschrift-
tumskammer vgl. ebd., 624-628.
18 Hellmut Köster schildert den Vorgang in einem Brief an den mit Jaspers eng befreundeten Hei-
delberger Rechtswissenschaftler Gustav Radbruch wie folgt: »Wir hatten die Arbeit von Profes-
sor jaspers über Nietzsche und das Christentum dem Propagandaministerium einreichen müs-
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Papierindustrie, war Parteigenosse, aber »mutig«.10 Birnbach ließ anfragen, ob Jaspers
nicht eine kleinere Schrift zur Veröffentlichung habe. Kampffmeyer dachte sogleich
an Nietzsche und das Christentum, denn Birnbach suchte vor allem »kleinere Schrif-
ten von Autoren, möglichst mit international bekanntem Namen (denen aber sonst
vielleicht die Publikation erschwert ist)«," und zu diesem Personenkreis gehörte Jas-
pers zweifellos. Mutig verhielt sich Birnbach durchaus; denn er betonte »von sich aus,
daß er nicht wie die großen Verlage auf irgend jemand Rücksicht nehmen müsse und
daher auch nicht seine Veröffentlichungen von der Prüfungsstelle abhängig machen
würde«12 - im Unterschied zu de Gruyter. Der Krieg, der Jaspers von einer Publikation
zurückhielt, sei für Birnbach gerade mit ein Antrieb, sich der Verlegung einer »»wert-
beständigen« Arbeit zu versichern«.13 Doch Jaspers wollte noch abwarten und ließ
Birnbach auf später vertrösten. Dass dies eine »Ausrede« war, durchschaute der Ver-
leger.14
Auch Koehler & Amelang, ein anderer Leipziger Verlag, interessierte sich für die
kleine Nietzsche-Schrift und verfügte offensichtlich über die für eine Publikation
erforderlichen Beziehungen. Im Herbst 1942 besuchten die beiden Verlagsinhaber,
Hellmut Köster und Arnold Fratzscher, Jaspers in Heidelberg und konnten ihn wohl
von ihren guten Kontakten zu den Reichsbehörden überzeugen, so dass er befand:
»Ich lasse es versuchen, um zu sehen, ob die notwendigen Genehmigungen gelin-
gen. Ich zweifle. [...] Ich selber erlebte noch einmal, dass einer Firma viel an mir gele-
gen war«.15 Doch der im Dezember 1942 gestellte Antrag auf Druckerlaubnis wurde
am 2. Februar 1943 abgelehnt.16 Zudem wurde dadurch die Reichsschrifttumskam-
mer überhaupt erst auf Jaspers aufmerksam und bat Koehler & Amelang um seine
Adresse.17 Offenbar hatte der Verlag die Situation falsch eingeschätzt bzw. seine Kon-
takte zu den NS-Behörden überschätzt.18
10 J. Kampffmeyer an K. Jaspers, 8. März 1940, DLA, A: Jaspers. Vgl. auch J. Kampffmeyer an K. Jas-
pers, 12./15. März 1940, ebd.
II J. Kampffmeyer an K. Jaspers, 8. März 1940, ebd.
12 Ebd.
13 Ebd.
14 Vgl. J. Kampffmeyer an K. Jaspers, 17. April 1940, ebd.
15 K. Jaspers an E. Dugend, 31. Oktober 1942, ebd.
16 Vgl. Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda an den Verlag Koehler & Amelang,
2. Februar 1943, KJG III/8.1, 622, sowie D. Fonfara: »Einleitung des Herausgebers«, ebd., LXXV1-
LXXV1I.
17 Präsident der Reichsschrifttumskammer an den Verlag Koehler & Amelang, 17. Februar 1943, ebd.,
623. - Zu der sich daran anschließenden Korrespondenz zwischen Jaspers und der Reichsschrift-
tumskammer vgl. ebd., 624-628.
18 Hellmut Köster schildert den Vorgang in einem Brief an den mit Jaspers eng befreundeten Hei-
delberger Rechtswissenschaftler Gustav Radbruch wie folgt: »Wir hatten die Arbeit von Profes-
sor jaspers über Nietzsche und das Christentum dem Propagandaministerium einreichen müs-