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Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0016
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Einleitung

15

Das Werk — die Frage nach Definition und Interpretation
In besonderem Maße diskutierte die Forschung neben der grundsätzlichen Frage, wel-
cher Textgattung die Chronik des Malalas zuzuordnen ist (s.u.), seit längerem das Pro-
blem des Endpunkts der von Malalas dargestellten Handlung sowie des Aufbaus der
18 Bücher umfassenden christlichen Weltchronik. In der Einleitung setzt sich der Autor
zwei Ziele: einerseits einen Überblick über die hebräische Geschichte seit Adam, an-
dererseits eine Geschichte des Römischen Reichs bis zu den Herrschern seiner Gegen-
wart zu liefern. Dieses Programm spiegelt sich in der Struktur der Chronik wider, die in
zwei Hälften aufgegliedert 1st.27 Während die ersten neun Bücher einen Mix aus bibli-
scher, säkularer und mythischer Geschichte enthalten, sind die Bücher 10-18 durch die
chronologische Abfolge der Kaiserherrschaften gegliedert. Das Bindeglied zwischen
beiden Teilen stellt die Geburt Jesu dar, die in die Regierungszeit des Augustus fällt.
Für Malalas ist es kein Zufall, dass die Inkarnation mit dem Beginn der Monarchie ko-
inzidiert.28 29 Im Gegenteil, der Plan Gottes kulminiert in der Herrschaft der christlichen
Kaiser, die von Buch 13 an in zunehmender Detailliertheit behandelt werden.
Der erhaltene Text bricht kurz vor dem Tod Justinians (565) ab. Ob dieses Ereignis
den ursprünglichen Endpunkt des Werkes dargestellt hat bzw. darstellen sollte, ist um-
stritten. Zwar endet der lateinische Laterculus Malalianus^ (ein kurzes Dokument, das
chronologische Implikationen der Geburt Christi thematisiert und gegen Ende des 7.
Jahrhunderts offensichtlich auf der Basis der Chronik des Johannes Malalas entstanden
ist, s.u.) erst im Jahr 574, also dem 9. Regierungsjahr des Kaisers Justin II. (565-578), und
stützt so auf den ersten Blick die mehrfach vertretene These, dass auch Malalas sein
Werk bis in die Zeit Justins II. fortgeführt habe. Gewichtige Argumente sprechen aber
dafür, das Jahr 565 als eigentlichen Endpunkt der Chronik zu betrachten.30
Umgekehrt gibt es deutliche Hinweise, dass kürzere Fassungen der Chronik zir-
kuliert haben müssen, die wohl nicht nur aus der Überlieferung, sondern auch aus
den unmittelbaren Umständen der Abfassung resultieren. Der angesprochene Wech-
sel des narrativen Fokus liegt bei der Beschreibung des „Ewigen Friedens“, der 532
mit den Persern geschlossen wurde. Möglicherweise endete an diesem Punkt eine
antiochenische Fassung, die Malalas später fortsetzen wollte. Ob die heute erhaltene
zweite Edition jedoch einfach eine Fortsetzung war oder eine Überarbeitung der vor-
liegenden Teile der ersten Edition einschloss, bleibt unklar.31 Einen neuen Ansatz zur
Aufarbeitung dieses Forschungsproblems stellt die Annahme eines living texts dar, die
davon ausgeht, dass sich Texte nach ihrer Veröffentlichung verändern konnten und
von nachfolgenden Autoren des gleichen Genres „weitergeschrieben“ wurden (s.u.).

27 Jeffreys (2003), S. 499.
28 Mecella (2013), S. 354-365.
29 Vgl. hier Stevenson (1990), S. 287-298 sowie Siemens (2010), S. 68-80.
30 Thurn (2000), S. 1* f.; Jeffreys (2003), S. 497-527; Scott (1990b), S. 147-164.
31 Vgl. Jeffreys (2003), S. 505.
 
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