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Meier, Mischa [Editor]; Radtki, Christine [Editor]; Schulz, Fabian [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0048
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Miaphysitische Tendenzen bei Malalas?

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c) Ordnungssystem des Malalas sind die Kaiser. Insofern liegt es nahe, Kaiser um
Kaiser durchzugehen, denn eventuell ergeben sich hier im einzelnen Unter-
schiede, die auch von den zugrundeliegenden Quellen und deren Einschätzungen
abhängig sind. Dementsprechend gliedern sich die folgenden Ausführungen in
vier Teile.
i. Zenon
Für Zenon8 ist eine kurze Notiz über die Absetzung des Petrus Fullo von Antiochia
zu vermerken.9 Dieser Petrus Fullo wurde direkt am Beginn von Buch 15 eingeführt,
als aus Chalkedon stammender Kleriker, der von Zenon wenige Monate nach Antritt
der Herrschaft zum Patriarchen von Antiochia gemacht wird. Uber die kirchenpo-
litische Position des Petrus Fullo (einem - man könnte sagen - gemäßigten Mia-
physiten) erfährt man nichts. Die Absetzung, die Malalas in Buch 15 erzählt, wird
denn auch gar nicht mit kirchenpolitischen Vorgängen begründet, sondern mit der
Unterstützung des Basiliskos durch Petrus Fullo.10 Direkt anschließend nennt Ma-
lalas in kurzen Stichworten die weitere Geschichte des Kampfes um den Thronos in
Antiochia bis zur Rückkehr des Petrus Fullo 484.11 Dabei übergeht er den miaphyiti-
schen Kandidaten Johannes Kodonatos, der nur drei Monate amtiert hat, nennt aber
Stephanus und Kalandion. Für ersteren wird die Hinrichtung genannt, für letzteren
die Verbannung. Bei beiden wird in stereotyper Weise als Grund angegeben, dass
sie Nestorianer seien (gemeint ist eine pro-chalkedonische Politik, die durchaus im
Sinne des Kaisers gewesen sein dürfte). Die Erzählung hat jedoch deutlich mehr
Interesse an der Art, wo und wie Stephanos hingerichtet worden ist (durch die eige-
nen Kleriker, mit zugespitzten Rohrstäben, bei einer Prozession zu einer Märtyrer-
stätte außerhalb der Stadt, sein Leichnam wird in den Orontes geworfen, also nicht
beigesetzt), als dass sie auf die kirchenpolitischen Verwicklungen eingehen würde.
Insbesondere der Zusammenhang des Kalandion mit Illus wird nicht weiter ver-
folgt (obwohl dies im Hinblick auf das Thema der legitimen Herrschaftsausübung
der Kaiser nahegelegen hätte). Die Ketzerbezeichnung als Nestorianer wird zwar
zwei Mal gebraucht (und zwar in polemischer Bedeutung als Bezeichnung einer
pro-chalkedonischen Position), doch beide Male macht sich der Erzähler diese Po-
8 Aus der Verwendung des Adjektivs θειότατος für Zenon (Malalas, Chronographia XV1 (301,5 Thurn)),
Anastasius (Malalas, Chronographia XVI i (319,3 Thurn)), Justin (Malalas, Chronographia XVII1 (336,5
Thurn)) und Justinian (Malalas, Chronographia XVIII1 (354,4 h Thurn)) lassen sich keine Rückschlüsse
auf Malalas’ kirchenpolitische Prägung gewinnen, es handelt es sich um ein weitgehend formales, un-
terschiedslos für die betreffenden Kaiser gebrauchtes Adjektiv (anders Alpi (2006), S. 228 f.).
9 Malalas, Chronographia XV 6 (304, 73-75 Thurn).
10 Diese war zuvor im 15. Buch genannt worden, wo Petrus Fullo als besonders undankbarer Geselle er-
scheint, der sich gegen den Kaiser stellt, dem er das eigene Amt verdankt (Malalas, Chronographia XV
5; 302,33-35 Thurn).
11 Malalas, Chronographia XV 6 (304, 75-89 Thurn).
 
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