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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0243
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242 Jonas Borsch, Christine Radtki-Jansen
aber zweifelsohne mit vielen Teilnehmern der geschilderten Feldzüge bekannt war
und auch verschiedentlich Verweise aus der Kategorie ώς φασιν („wie sie sagen“)
in seinen Bericht einbaut,25 ist die Meinung, dass er mündliche Informanten heran-
gezogen hat, auch über ihn geäußert worden.26 Sie ist allerdings nicht ohne Wider-
spruch geblieben: In einem kürzlich erschienen Aufsatz hat Ian Colvin die Ansicht
vertreten, dass Prokops Kriegsdarstellungen, und insbesondere die vielgerühmten
Schlachtenbeschreibungen, kaum einmal genaue Ortskenntnis bezeugen, dagegen
aber oft generische oder erfundene Elemente (z.B. Reden) enthalten und nur in
Bezug auf Geschichten heroischen Handelns und einige Grundfakten (Teilneh-
mer, Heeresstärken, Verluste etc.) Detailwissen offenbaren.27 Diesen Befund erklärt
er damit, dass die Darstellungen nicht etwa aus einem eigenen Tagebuch oder auf
Basis von Zeugenbefragungen, sondern mithilfe von in Konstantinopel verfügbaren
Vorlagen kompiliert worden seien: Prokop (und mit ihm auch Agathias und andere
Zeitgenossen) habe sich auf archivarisch verwahrte Dossiers gestützt, die etwa Kor-
respondenzen des Kaisers mit Verbündeten oder eigenen Generälen, Untersuchungs-
berichte von Sondergesandten, Zitationen (ehrenvolle Erwähnungen) von Kriegs-
helden sowie Kurzberichte mit Basisfakten zu einzelnen Schlachten enthielten; dass
solche Kurzberichte existierten, leitet Colvin aus den standardisierten Schlachten-
darstellungen des etwas früheren Marcellinus Comes ab.28 Die Existenz von staat-
lichen Archiven ist für Konstantinopel und Antiochia, wie bereits angedeutet, kon-
trovers diskutiert worden.29 Man könnte zudem einwenden, dass die Verwendung
generischer Einzelelemente nicht unbedingt auf Unkenntnis des eigentlichen* Sach-
verhaltes deuten muss, sondern in erster Linie die Orientierung an der klassischen
Tradition dokumentiert. Gleichförmige Strukturen sind überdies für den Stil eines
chronikalischen Werkes wie desjenigen des Marcellinus Comes typisch und können
entsprechend nur mit Vorsicht als Beleg für die Existenz standardisierter Vorlagen
herangezogen werden. Gerade mit Blick auf die bei Prokop immer wieder direkt
zitierte oder bezeugte schriftliche Korrespondenz hat Colvins Interpretation jedoch
einiges für sich: Die Annahme, Prokop habe einen Großteil seiner Darstellung sol-
chen Briefen entnommen, birgt jedenfalls den Vorteil der Einfachheit und Stringenz.
Diese Problematik - gute Informationen lassen sich immer auch aus Schriftquellen
ableiten - muss bei einem Blick auf die Natur der diplomatischen Berichterstattung
bei Malalas zwingend Beachtung finden.
Malalas’ Darstellung der Verhandlungen von 529 bis 532 erstreckt sich (in der seit
der englischen Übersetzung von 1986 gängigen Kapitelzählung) von Abschnitt XVIII
34 bis XVIII 76 der Chronographia, d.h. sie zieht sich, immer wieder unterbrochen von
25 Vgl. e.g. Procopius, Bellum Gothkum 11, 25; IV 4,10; IV 19, 2; IV 20,49; IV 32,32.
26 Vgl. etwa Treadgold (2007), S. 215 Anm. 154.
27 Colvin (2013), insb. zu diesem Ausgangsbefund S. 571-577.
28 Zum letzten Punkt Colvin (2013), S. 592-593; zusammenfassend S. 593-596.
29 Siehe dazu oben Anm. 20; vgl. für die Gegenargumente insbesondere den Beitrag von Michael
Kulikowski in diesem Band.
 
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