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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0252
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Diplomaten und Anekdoten

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tet dessen drei Töchter im Rahmen einer Mitgift mit mehr als dem Doppelten der von
Eulalios erbetenen Summe aus, und lässt schließlich noch das Erbe des Eulalios voll-
ständig an dessen drei Töchter übergehen:67 Er überbietet damit bei weitem das, was von
ihm erhofft worden war. Neben der vorbildlichen Freigebigkeit des Kaisers ist zudem
bemerkenswert, dass der Herrscher sich derartig persönlichen Belangen eines einzelnen
Untertanen so bedingungslos widmet und darüber hinaus noch seine Ehefrau Theodora
miteinbezieht.68 Die hier zur Schau gestellte Nahbarkeit des Kaiserpaares bleibt - zu-
mindest mit Blick auf die uns überlieferten Quellen - ohne Vergleich.
Vor allem im Zusammenhang mit den zahlreich in der Chronographia erwähn-
ten Naturkatastrophen ist es ein Charakteristikum der Sujetgestaltung bei Malalas,
dass wiederholt auf die Reaktion des jeweils herrschenden Kaisers eingegangen wird.
Die Eulalios-Geschichte ist in diesem Sinne auf den ersten Blick kein Sonderfall:
Im Angesicht von Not und Elend greifen die Kaiser immer wieder den betroffenen
Menschen freigebig und ohne Zögern unter die Arme und leisten Hilfe - monetär
wie symbolisch. Die Handlungen des Kaisers erfolgen dabei jedoch sehr stereotyp
und bei allen Herrschern, gleichgültig ob pagan oder christlich, gut oder schlecht,
ähnlich.69 Malalas kommt es bei diesen schematischen Beschreibungen nicht primär
auf die Betonung herausragender Kaisertugenden an, sondern auf die Beschreibung
eines wirksamen Mechanismus, den er als überzeitliche Konstante des Weltgesche-
hens sieht: Gott straft, sein Stellvertreter auf Erden - der Kaiser - zeigt demütige
und freigebige Milde.70 Diesen Mechanismus beschreibt Malalas in der Regel in sehr
einfachen und schlichten Worten. Die Aktionen, die der Kaiser tatsächlich ausführt,
beschränken sich auf das immer gleiche Entsenden von Geld in die Krisengebiete
sowie das Versprechen, Hilfsleistungen zur Verfügung zu stellen. Anders stellt sich die
Situation in der Eulalios-Geschichte dar.
Bereits vor längerer Zeit hat Roger Scott darauf hingewiesen, dass sich die Ge-
schichte des Eulalios vom üblichen Sprach- und Handlungsduktus der Malalas-Chro-
nik abhebt und durch ihre besondere stilistische Gestaltung und ihre runde Komposi-

βασιλεύς, είπών ζτί με κωλύεις ύπεισελθειν τή κληρονομιά, ευσεβές θέλοντα ποιήσαι;
άπελθε, αποπλήρωσαν πάντας τούς δανειστής αύτού καί τα ληγάτα τα ύπζ αύτού
διατυπωθέντα κτλ.
67 Malalas, Chronographia XVIII 23 (S.367, 3Ι—33 Thurn): κελεύσας τού δοθήναι αύταΐς χάριν
προίκας άνά χρυσίου λίτρων είκοσι καί πάσαν την ύπόστασιν, ήν εϊασεν αύταΐς ό αύτών
πατήρ.
68 Malalas, Chronographia XVIII 23 (S. 367, 29-31 Thum): τάς δε τρεις θυγατέρας αύτού άχθήναι
κελεύω παρά τή Αύγούστα Θεοδώρα τού φυλάττεσθαι αύτάς εν τω δεσποτικω
κουβουκλείω.
69 Vgl. fur die hohe Kaiserzeit exemplarisch die stilistisch wie inhaltlich typische, dabei jedoch besonders
ausführliche Darstellung einer entsprechenden Maßnahme des anderswo als klassischer schlechter
Kaiser charakterisierten Caligula, der der Stadt Antiochia nach einem schweren Erdbeben vorbildlich
unter die Arme greift: Malalas, Chronographia X 18-19 (S. 184, 22-46 Thurn).
70 Dazu grundlegend Meier (2007); vgl. darauf aufbauend auch Leppin (2010), S. 10-15. Zur kaiserlichen
Rolle bei der Bewältigung von Versorgungskrisen Wiemer (2006).
 
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