Metadaten

Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0276
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Johannes „der Rhetor*

tifizieren, die diesen - berechtigten - ,Eindruck der Außerordentlichkeit4 entstehen
lassen. Diese Elemente sollen auf ihre Herkunft hin untersucht werden. Der Fokus
der Analyse wird also auf der Quellenkritik liegen; dabei soll der vorliegende Band
um eine in der Malalas-Forschung immer noch vergleichsweise selten angenommene
literarische und literaturwissenschaftliche Perspektive ergänzt werden.8
Um ein feineres Gespür für den besonderen Charakter von Chronographia XVII
16 zu bekommen, empfiehlt es sich, zuerst einen Überblick über Form und Inhalt der
Erdbebenpassagen in der Malalas-Chronik zu geben.
i. Die Erdbebenpassagen in der Chronik des Malalas: Ein Überblick
über Inhalt, Form und Quellen
Wird ein Erdbeben in der Chronik des Malalas direkt Gegenstand der
Berichterstattung,9 dann besteht der Report im Wesentlichen aus zwei Teilen: erstens
der zeitlichen und geographischen Verortung des Ereignisses, zweitens der Erwäh-
nung der kaiserlichen Hilfsmaßnahme(n) für die betroffene(n) Gemeinde(n). Die
Gebäudeschäden selbst sind entweder gar nicht thematisiert (z.B. in Chronographia
XV 4; XVI 18; XVIII 37; XVIII 40: sehr knappe Passagen) oder nur insoweit be-
rücksichtigt, als sie mit der fürsorglichen Restaurierungstätigkeit des Kaisers in Ver-
bindung stehen (z.B. Chronographia XIV 29). Nur selten bilden sie zusammen mit
den Leiden der Menschen eine dritte, selbständige Sektion zwischen Verortung des
Bebens und Verhalten des Kaisers (so z.B. in Chronographia XVIII19, und auch dort
nur knapp).10
Einige wenige Erdbebenberichte der Malalas-Chronik fallen aus diesem inhalt-
lich und terminologisch einheitlichen Schema heraus, indem sie sich zu z.T. auch
sehr ausführlichen Beschreibungen entwickeln. Neben dem hier im Fokus stehen-
den Kapitel {Chronographia XVII 16) sind aus dieser Kategorie zumindest auch noch
die zwei anderen Passagen zu spätantiken antiochenischen Erdbeben zu nennen, d.h.
Chronographia XIV 36 (gesetzt, man akzeptiert die Vervollständigung durch die Paral-
lelstelle aus Euagrios’ Kirchengeschichte)^ und Chronographia XVIII 27 (vervollständigt
8 Ausgangspunkt für jede moderne quellenkritische Untersuchung der Malalas-Chronik ist nach wie vor
Jeffreys (1990c); siehe auch Jeffreys (2003), S. 516-521. Literaturwerke nehmen in Jeffreys Übersicht der
Quellen des Malalas insgesamt wenig Platz ein.
9 Eine sehr nützliche und so gut wie vollständige Liste der relevanten Passagen hat Jeffreys (1990b),
S. 155-159 zusammengestellt: Dort sind 43 seismische Ereignisse aufgelistet (mit den jeweiligen
Stellenangaben). Es finden sich freilich bei Malalas auch anderswo - meist kurze - Erwähnungen von
σεισμοί o.ä. (z.B. in Chronographia XII 38, S. 237,14 Thurn); diese werden weder bei Jeffreys noch hier
berücksichtigt, weil sie nicht Teil eines berichtenden bzw. beschreibenden Absatzes sind.
10 Zur Formelhaftigkeit von Sprache und Struktur der Erdbebenpassagen bei Malalas siehe Μ. Jeffreys
(1990), S. 228; Maisano (1994), S. 28; Jeffreys (2003), S. 504,512; Meier (2007a), S. 256-257; Meier (2007b),
S. 577-578; Thurn/Meier (2009), S. 13.
11 Evagrius Scholastichus, Historia Ecdesiastka II 12. Euagrios sagt ausdrücklich, dass bezüglich dieses
Bebens „alles im Einzelnen vom Johannes dem Rhetor sorgfältig dargelegt worden ist“. Ιωάννης ό
ρήτωρ ist Johannes Malalas (wie noch unten in Abschnitt 5 genauer zu zeigen sein wird); demzufolge
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften