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Wolfram Brandes
ihnen (neben Nachteilen wie Zwangsanleihen) auch Vorteile brachte: Sie erlebten
einen gesellschaftlichen Aufstieg, der sich u.a. im Zugang zum Hof äußerte.141
Eines sollte klar geworden sein. Johannes Malalas’ Chronographia ist eine un-
schätzbare Quelle nicht nur, aber besonders für die Geschichte des 6. Jahrhunderts.
Und die hier behandelte Verschwörung der Banker mit all ihren Besonderheiten zeigt
doch einmal mehr, dass finanzielle und ökonomische Motive für sehr viele historisch
bedeutsame Ereignisse maßgebend waren (wie ja auch heute noch). Das ist sicher eine
Binsenweisheit, dennoch darf der Historiker die Bedeutung dieser Faktoren nicht ver-
gessen oder gar verdrängen. Und deutlich wird - wie auch immer man den Ausgang
dieses Prozesses des Jahres 562 deuten mag -, dass es letztlich allein dem Kaiser vor-
behalten war, über die Urteile zu befinden. Justinian verhielt sich so, wie gut 180 Jahre
später (im Jahre 741) die Ecloga, d.h. das Gesetzbuch des Kaisers Leo III. und seines
Sohns Konstantin V, festlegte (Titel 17.3):
Wer gegen den Kaiser konspiriert oder Anschläge plant oder eine Verschwörung
gegen ihn oder den Staat der Christen unternimmt, dem gebührt es zwar, unver-
züglich zu sterben, (...) doch muss ein solcher (seil. der Verdächtige) auf der Stelle
unter strenge Bewachung genommen und der ihn betreffende Sachverhalt an den
Kaiser berichtet werden; und weiter muß man so verfahren, wie dieser selbst unter-
suchen und beschließen wird.142
5. Appendix I: Die griechischen Texte
Excerpta de Insidiis, Nr. 49 (S. 173,30-175,18 de Boor)
Ότιήμέρα σαββάτω Λύχνου δευτέρου επιβουλήν έμελέτησάν τινες επί
τω φονεύσαι τον βασιΛέα Ιουστινιανόν καθήμενον εν τω παλατίω εν
τή αυτή εσπέρα, οί δέ τήν αυτήν σκέψιν τής έπιβουλής μελετήσαντες
ήσαν ούτοι· Άβλάβιος ό κατά Μελτιάδην ό μελιστής, καί Μάρκελλος ό
άργυροπράτης ό των ΚιΛίκων ό έχων τό έργαστήριον πλησίον τής άγιας
Ειρήνης τής αρχαίας καί νέας ό κατά Αίθέριον τον κουράτορα, καί
Σέργιος ό άνεψιός τού αύτού Αιθέριου, ίνα καθημένου τού βασιλέως
έν τω παλατίω όψίας προ μινσών σφάξωσιν αύτόν στήσαντες καί
141 Theophanes, Chronographia AM 6060 (S. 242, 22-27 Boor) = 567/568 n.Chr., was zu spät datiert ist:
Τούτω τω έτει μεταστειλαμένη Σοφία, ή εύσεβεστάτη αύγούστα, τούς τε άργυροπράτας
καίσημαδαρίους έκέλευσεν ένεχθήναι τάς ομολογίας των χρεωστούντων καί τα σημάδια·
καί έντυχούσα αύτοΐς έλαβε τα σημάδια παρασχομένη αύτά τοΐς χρεωστούσικαίάπέδωκεν
αύτά τοΐς ίδίοις δεσπόταις· καί μεγάλως εύφημίσθη επί τούτω ύπό πάσης τής πόλεως. Dies
bezieht sich zweifellos auf die bei Corippus zum Jahr 565 geschilderten Vorgänge, was bereits Cameron
(1975), S. 9-10 annahm. Anlässlich des Regierungsantritts Tiberios’ II. (578) erwähnt Johannes von
Ephesos (loannes Ephesinus, Historia Ecdesiastica pars tertia XI, S. ιοί, 15 Brooks [Übersetzung]) unter
den Empfängern von donativa auch die argentarii. Delmaire (1989a), S. 480 sieht hier eine Einreihung in
die „milices palatines“.
142 Edoga 17.3 (S. 226-227 Burgmann; von dort stammt auch die im Fließtext gegebene Übersetzung). Zum
Sachverhalt siehe Zachariä (1892), S. 336-337.
Wolfram Brandes
ihnen (neben Nachteilen wie Zwangsanleihen) auch Vorteile brachte: Sie erlebten
einen gesellschaftlichen Aufstieg, der sich u.a. im Zugang zum Hof äußerte.141
Eines sollte klar geworden sein. Johannes Malalas’ Chronographia ist eine un-
schätzbare Quelle nicht nur, aber besonders für die Geschichte des 6. Jahrhunderts.
Und die hier behandelte Verschwörung der Banker mit all ihren Besonderheiten zeigt
doch einmal mehr, dass finanzielle und ökonomische Motive für sehr viele historisch
bedeutsame Ereignisse maßgebend waren (wie ja auch heute noch). Das ist sicher eine
Binsenweisheit, dennoch darf der Historiker die Bedeutung dieser Faktoren nicht ver-
gessen oder gar verdrängen. Und deutlich wird - wie auch immer man den Ausgang
dieses Prozesses des Jahres 562 deuten mag -, dass es letztlich allein dem Kaiser vor-
behalten war, über die Urteile zu befinden. Justinian verhielt sich so, wie gut 180 Jahre
später (im Jahre 741) die Ecloga, d.h. das Gesetzbuch des Kaisers Leo III. und seines
Sohns Konstantin V, festlegte (Titel 17.3):
Wer gegen den Kaiser konspiriert oder Anschläge plant oder eine Verschwörung
gegen ihn oder den Staat der Christen unternimmt, dem gebührt es zwar, unver-
züglich zu sterben, (...) doch muss ein solcher (seil. der Verdächtige) auf der Stelle
unter strenge Bewachung genommen und der ihn betreffende Sachverhalt an den
Kaiser berichtet werden; und weiter muß man so verfahren, wie dieser selbst unter-
suchen und beschließen wird.142
5. Appendix I: Die griechischen Texte
Excerpta de Insidiis, Nr. 49 (S. 173,30-175,18 de Boor)
Ότιήμέρα σαββάτω Λύχνου δευτέρου επιβουλήν έμελέτησάν τινες επί
τω φονεύσαι τον βασιΛέα Ιουστινιανόν καθήμενον εν τω παλατίω εν
τή αυτή εσπέρα, οί δέ τήν αυτήν σκέψιν τής έπιβουλής μελετήσαντες
ήσαν ούτοι· Άβλάβιος ό κατά Μελτιάδην ό μελιστής, καί Μάρκελλος ό
άργυροπράτης ό των ΚιΛίκων ό έχων τό έργαστήριον πλησίον τής άγιας
Ειρήνης τής αρχαίας καί νέας ό κατά Αίθέριον τον κουράτορα, καί
Σέργιος ό άνεψιός τού αύτού Αιθέριου, ίνα καθημένου τού βασιλέως
έν τω παλατίω όψίας προ μινσών σφάξωσιν αύτόν στήσαντες καί
141 Theophanes, Chronographia AM 6060 (S. 242, 22-27 Boor) = 567/568 n.Chr., was zu spät datiert ist:
Τούτω τω έτει μεταστειλαμένη Σοφία, ή εύσεβεστάτη αύγούστα, τούς τε άργυροπράτας
καίσημαδαρίους έκέλευσεν ένεχθήναι τάς ομολογίας των χρεωστούντων καί τα σημάδια·
καί έντυχούσα αύτοΐς έλαβε τα σημάδια παρασχομένη αύτά τοΐς χρεωστούσικαίάπέδωκεν
αύτά τοΐς ίδίοις δεσπόταις· καί μεγάλως εύφημίσθη επί τούτω ύπό πάσης τής πόλεως. Dies
bezieht sich zweifellos auf die bei Corippus zum Jahr 565 geschilderten Vorgänge, was bereits Cameron
(1975), S. 9-10 annahm. Anlässlich des Regierungsantritts Tiberios’ II. (578) erwähnt Johannes von
Ephesos (loannes Ephesinus, Historia Ecdesiastica pars tertia XI, S. ιοί, 15 Brooks [Übersetzung]) unter
den Empfängern von donativa auch die argentarii. Delmaire (1989a), S. 480 sieht hier eine Einreihung in
die „milices palatines“.
142 Edoga 17.3 (S. 226-227 Burgmann; von dort stammt auch die im Fließtext gegebene Übersetzung). Zum
Sachverhalt siehe Zachariä (1892), S. 336-337.