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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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II. Memoria und Kaisertum
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Mecella, Laura: Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0092
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Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege

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Auch Gagés Interpretation der Antwort von Heliopolis scheint weit hergeholt.
Man hält sich besser an jene Erklärung post event um, die Macrobius gegeben hat, und
ordnet die Befragung des Orakels, falls man sie für historisch gesichert halten will,
zeitlich an den Beginn des Feldzuges ein, also in den Winter 113-114, genauso wie es
im lateinischen Text angegeben wird.33 Gagés These erklärt vor allem nicht den Zu-
sammenhang zwischen den religiösen Riten nach dem Erdbeben und der parthischen
Präsenz in Antiochia - gerade dieser Aspekt stellt aber den Kern der Erzählung bei
Malalas dar. Die Tatsache, dass Malalas die Beschreibung der Kulte nach dem Erdbe-
ben innerhalb seiner Erzählung über die Trajan-Herrschaft in einen falschen Kontext
eingebettet hat, bereitet keine größeren Schwierigkeiten: Da der Abschnitt von Buch
XI, der diesem Thema gewidmet ist (also dem Erdbeben und den darauffolgenden
Opferzeremonien), direkt auf die Erzählung der „antiochenischen Vespern“ folgt und
stark von der hagiographischen Tradition in Zusammenhang mit den Märtyrern von
Antiochia geprägt ist, ist es möglich, dass der Chronist bewusst einen Teil der Aus-
führungen über die Reinigungsriten vorgezogen hat, um das Opfer der Christen stär-
ker hervorzuheben. Die fehlende Erwähnung dieser Maßnahmen in anderen Quellen
könnte auch mit Uberlieferungslücken in Zusammenhang stehen (Cassius Dio ist
in diesem Teil nur durch Xiphilinos’ Auszug auf uns gekommen und von Arrians
Parthica haben wir nur eine kleine Anzahl von Fragmenten34); von diesem Gesichts-
punkt aus erscheinen die Bemerkungen von Gagé vollkommen vertretbar.35 Da jedoch
Malalas die gesamte Geschichte rund um die Anwesenheit der Feinde in Antiochia
konstruiert, darf dieses Element nicht vernachlässigt werden; bei der Interpretation
des Textes ist es deshalb viel sicherer, sich an einen militärischen Kontext zu halten.
Da - wie bereits gesagt - die persischen Angriffe ab der Mitte des 3. Jahrhunderts
immer als schnelle Einfälle mit Plünderungsabsicht ohne feste Belagerung des Ge-
bietes stattgefunden haben, und da Malalas’ Informationen zwar chaotisch sind, aber
doch die Erinnerung nicht nur an die Perser, sondern auch an die Parther bewahren,
neige ich dazu, das mögliche Vorbild für Malalas’ Erfindung eher in der arsakidischen
als in der sasanidischen Geschichte zu suchen.36
cherer ist die Analyse der Anthroponyme, die keine präzise Bestätigung finden; Φούρτων könnte
doch als die älteste Erwähnung des persischen Thraetaona-Firêdûn angesehen werden (daher vielleicht
auch die Variante Φουρτούνας, die im Baroccianus bezeugt ist): siehe Lagarde (1866), S. 229; Justi
(1895), S. in und 331 (s.v. Thraetaona, nr. 4); Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 270 Anm. 26. Auf
parthische Traditionen verweist auch die Verwendung der Trommeln, da dieses Instrument sowohl in
der militärischen als auch in der schamanistischen iranischen Tradition Verwendung fand: siehe Du-
ring (online); Piras (2001), S. 11-12; Traîna (im Druck b).
33 Dazu siehe auch Montero (2000), S. 109-116.
34 Zu den Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion von Arrians Werk siehe Bosworth (1983) mit einer
Abwertung des Zeugnisses von Johannes Lydos; zu Xiphilinos’Auszug vgl. nun allgemein Berbessou-
Broustet (2016).
35 Diesbezüglich folgen ihm schließlich auch Downey (1961), S. 213 Anm. 58 und Montero (2000), S. 61-
62.
36 Auch Brodka (2016), S. 292 Anm. 13 scheint zur parthischen Ära zu tendieren, ohne jedoch detaillier-
tere Vorschläge zu bringen: „Möglicherweise ist die fehlerhafte Datierung der persischen Einnahme
Antiochias auf Trajans Zeit daraus zu erklären, dass zwei unverbundene Informationen (Einnahme
 
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