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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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II. Memoria und Kaisertum
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Brennecke, Hanns Christof: Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0117
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ii6 Hanns Christof Brennecke
Dass die hagiographische Überlieferung oder ein Text wie das sog. Orakel von
Baalbek anderen Gesetzen folgt als die historiographische Überlieferung, ist dabei
aber evident.
c. Die antichalkedonensische (miaphysitische) Überlieferung
Ein ganz anderes Bild dagegen bietet die antichalkedonensische, und das heißt in
diesem Fall miaphysitische Überlieferung, die meist nur noch in Übersetzungen aus
dem Griechischen ins Syrische oder Koptische auf uns gekommen ist.
Die wenigen Fragmente der Historia ecclesiastica des Johannes Diakrinomenos,56
eines Zeitgenossen des Kaisers Zenon, die auf Griechisch überliefert sind, und den
Theodoros Anagnostes benutzt hatte,57 lassen eigentlich keine sicheren Schlüsse auf
sein Urteil über Zenon zu.
Die wichtigste antichalkedonensische Darstellung der Geschichte der Kirche
stammt von Zacharias Rhetor58 und wurde wohl zur Zeit der Herrschaft des Kaisers
Anastasios zu Beginn des sechsten Jahrhunderts in Konstantinopel verfasst.59 Sie liegt
nur noch in einer Epitome (Ps.-Zacharias) in syrischer Übersetzung des ursprünglich
griechischen Textes aus nachjustinianischer Zeit vor, die ein unbekannter Autor in
eine Weltchronik integriert hat.60
Zacharias ist für Euagrios eigentlich die wichtigste Quelle für die Geschichte der
Kirche und des Reiches nach der Synode von Chalkedon.61 Dessen Kirchengeschichte
muss direkt als eine Art Gegendarstellung zu Zacharias angesehen werden.62 Adolf
Lippolds Interpretation einer positiven Sicht Zenons bei Zacharias wegen angeb-
lich miaphysitischer Neigungen des Kaisers kann ich so nicht folgen.63 Sie entspricht
nach meinem Eindruck der bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts
üblichen dogmengeschichtlichen Interpretation des Henoticons als eigentlich mia-
physitisch und gegen die Beschlüsse von Chalkedon gerichtet.64 Im Gegensatz dazu
wird von Zacharias aber das Henoticon als chalkedonensische Häresie abgelehnt.65
Positiv dagegen wird Basiliskos und sein Vorgehen gegen die Beschlüsse von Chalke-
don gesehen.66 In der allein überlieferten Epitome des Zacharias ist zwar keine direkte
Polemik gegen Zenon enthalten, aber der eigentlich wahre und erlauchte Kaiser ist für
ihn - wie auch für den Epitomator - ohne Zweifel der Usurpator Basiliskos.
56 Hansen (1971), S. 152-157.
57 Hansen (1971), S. XIX.
58 Edition von Brooks (1953); vgl. vor allem die ausführliche Einleitung bei Greatrex/Phenix/Horn/
Brock/Witakowski (2011), S. 1-92; Brennecke (2013), S. 68-70.
59 Greatrex/Phenix/Horn/Brock/Witakowski (2011), S. 3-12.
60 Greatrex/Phenix/Horn/Brock/Witakowski (2011), S. 32-65.
61 Allen (1980); Allen (1981), S. 8-9; Hübner (2007), S. 54-56.
62 Hübner (2007), S. 55.
63 Lippold (1972), Sp. 150-151.
64 Brennecke (1998).
65 Ps.-Zacharias, Historia ecclesiastica V pr. V 2; 5; 7; VI1.
66 Ps.-Zacharias, Historia ecclesiastica V pr. V 2; 5.
 
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