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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
II. Memoria und Kaisertum
DOI Kapitel:
Brennecke, Hanns Christof: Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0116
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Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis 115

besonders aus dem Umfeld des Palastes als isaurischer Barbar verhasst war, dem vor-
geworfen wurde, seine isaurischen Landsleute einseitig zu bevorzugen:
„Die Angehörigen des Palastes hassten nämlich den Kaiser Zenon, weil er seiner
Abstammung nach Isaurier war. Gegen ihn erhob sich Basiliskos und herrschte an
seiner statt. Daraufhin erstarkte jedoch Zenon und wurde in seine Würde als Kai-
ser wiedereingesetzt. Da er aber den Hass vieler gegen sich erfahren hatte, errichte-
te er sich eine starke Festung in seinem Land, damit sie als eine Stätte der Zuflucht
für ihn diene, wenn ihm etwas Böses widerfahre. Er hatte als Vertrauensmann in
dieser Angelegenheit den Feldherrn von Antiochia, dessen Name Illus war, und
der Isaurier war. An alle Angehörigen seines Volkes gab er nämlich Ehren- und
Amtsstellen, und aufgrund dessen wurde er von den Römern noch mehr gehasst.“50
Ein besonderer und in seinen historischen Urteilen nicht leicht einzuschätzender Text
ist das wohl ebenfalls in die Zeit des Anastasios zu datierende sogenannte Orakel von
Baalbek in seiner griechischen Überlieferung.51 Mit Kaiser Zenon beginnt die letzte
Epoche der Weltgeschichte. Von ihm wird gesagt, dass er zunächst die Einwohner
von Konstantinopel hasst, und dass seine Herrschaft eben nicht vom Himmel kommt:
και μετά ταΰτα γενηθή Ίσαυρος βασιλεύς και έσται μισών τούς τής
πόλεως αυτού και φύγη <εις> τήν χώραν αύτού.52
και μετά ταύτα ύποστρέψει Ίσαυρος εις τήν βασιλείαν αύτού, πλήν ούκ
έστι διδόμενη εξ ούρανού ή βασιλεία αύτού.53
Positiv dagegen wird sein Einsatz für die Armen und seine Maßnahmen gegen die
Reichen vermerkt: „er liebt die Armen und erniedrigt die Reichen“.54
Deutlich ist, dass die byzantinische Überlieferung Zenon ziemlich einhellig nega-
tiv sieht, wobei selbst aus der Sicht der dann siegreichen chalkedonensischen byzan-
tinischen Orthodoxie - ganz anders als in der lateinischen westlichen Tradition - das
Henoticon nicht unbedingt wie bei Theodoros Anagnostes als Häresie und Abfall von
den Beschlüssen von Chalkedon aufgefasst wird, wie die moderne Forschung häufig
angenommen hat.55

50 Josua Stylites, Chronik 12 (S. 41 Luther).

51 Oracle of Baalbek, Alexander (1967). Zur lateinischen Überlieferung vgl. Alexander (1967), S. 48-66.

52 Oracle of Baalbek ϊ. 148-150 (S. 18 Alexander): „Und danach wird ein Isaurier Kaiser werden. Und er
wird die Einwohner seiner Stadt hassen, und er wird in sein Heimatland fliehen.“ Oracle of Baalbek
ϊ. 150-155 dann die Prophetische Schau der Usurpation das Basiliskos.

53 Oracle of Baalbek ϊ. 155-157 (S. 18 Alexander): „Und danach wird der Isaurier in seine Herrschaft zu-
rückkehren, aber seine Herrschaft ist ihm nicht vom Himmel gegeben.“

54 Oracle of Baalbek V. 159-161 (S. 19 Alexander): καί έσται ή βασίλεια αύτού δυνατή, άρέσκουσα
παντί τώ λαώ. φιλών τούς πένητας δυνάστας καί πλουσίους ταπεινώσει. „Und seine Herr-
schaft wird machtvoll sein, und sie wird bei dem ganzen Volk beliebt sein. Und indem er die Armen
liebt, wird er die Mächtigen und Reichen erniedrigen.“

55 Z.B. Lippold (1972); Feld (2005); Laniado (1991).
 
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