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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Editor]; Gengler, Olivier [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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III. Ausformungen kirchlicher memoria
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Menze, Volker: Johannes Malalas, die Rezeption des Konzils von Chalkedon und die christlichen milieux de mémorie im 6. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0139
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138 Volker Menze

sich in Syrisch und Arabisch erhalten;26 Petrus der Iberer, involviert in den Aufstand
gegen Juvenal in Palästina und kurzzeitig Bischof von Maiuma, bekommt kurz nach
seinem Tod 491 eine Vita durch Johannes Rufus;27 Severos, Patriarch von Antiochia
(512-518) und einer der bedeutendsten Theologen der Spätantike, erhielt kurz nach
seinem Tod 538 zwei Viten wie auch Johannes von Telia (519-521), Begründer einer
Untergrundhierarchie nichtchalkedonischer Kleriker im Nahen Osten.28
Die Datierungen sind für einige Viten nicht gesichert, aber es dürfte unstrittig
sein, dass diese Viten bzw. deren Vorläufer oder Vorlagen in dem Jahrhundert nach
dem Konzil von Chalkedon entstanden sind. Einen Höhe- wie auch Endpunkt dieser
Entwicklung stellen Johannes von Ephesos’ Leben der östlichen Heiligen dar, eine nicht-
chalkedonische Heiligensammlung, die der nichtchalkedonische (Titular) Bischof von
Ephesos in den 560cm verfasste.29 Die nichtchalkedonischen Hagiographien legiti-
mierten und tradierten den Kampf gegen das Konzil für die sich entwickelnden (kop-
tischen und) syrisch-orthodoxen Kirchengemeinden.
Allerdings ist die Rezeption des Konzils von Chalkedon bei seinen Gegnern nicht
ganz so eindeutig wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Eine syrische Handschrift
aus Mabbug - sehr wahrscheinlich aus dem Jahre 501 - tradiert die 27 Kanones des
Konzils von Chalkedon, die Unterschriften der anwesenden Bischöfe, die Chalkedon
zustimmten, wie auch die Glaubensformel.30 Diese Handschrift, die sogar zwei Briefe
Papst Leos enthält, ist in einer Zeit entstanden, als in Mabbug der offensiv für die
nichtchalkedonische Sache eintretende Philoxenus Metropolit war. Werner Selb rech-
net sie den nichtchalkedonischen Westsyrern zu, da sie offensichtlich auch innerhalb
der syrisch-orthodoxen Kirche tradiert wurde.31 Unzweifelhaft nichtchalkedonisch ist
die ebenfalls in der British Library aufbewahrte Handschrift Syr. Add. 12155, die neben
einem miaphysitischen Florilegium, das Argumente von Chalkedon-Gegner zusam-
menstellt, auch die Kanones der Konzilien von Nizäa, Ankyra, Neocäsarea, Gangra,
Antiochia, Laodikeia, Konstantinopel, Ephesos I und eben von Chalkedon versam-
melt.32 Eine Handschrift des 7. Jahrhunderts, die auch der nichtchalkedonischen Tra-
dition entstammen dürfte, beinhaltet ebenfalls die 27 Kanones und das Glaubensbe-
kenntnis.33
Wie kommen die Kanones und sogar das Glaubensbekenntnis von Chalkedon in
die nichtchalkedonischen, syrischen Sammlungen? Die 27 Kanones, die disziplinari-

26 Siehe neben der Dioskoros-Vita des Theopistus auch den Panegyricus auf Makarios von Tköou;
Moawad (2010).

27 Siehe Horn (2006); Text und Übersetzung: Johannes Rufus, Vitae, ed. Horn/Phenix.

28 Kurze Einführung zu Severos AUen/Hayward (2004); für Johannes von Telia siehe Menze/Akalin
(2009), S. 7-17.

29 Siehe Ashbrook Harvey (1990).

30 Wright (1871), S. 1030-1033; für die 27 Kanones siehe unten.

31 Selb (1989), S. 145.

32 Wright (1871), S. 921-955, hier S. 949.

33 Wright (1871), S. 1033-1036, hier S. 1035-1036. Die Kanones des Rabbula und des Johannes von Telia
(S. 1035) deuten auf einen miaphysitischen Kopierer hin. Eine edierte und übersetzte Version der Ka-
nones von Chalkedon aus dem Syrischen findet sich in Vööbus (1975), S. 129-139 (S. 130-138).
 
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