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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
VI. Die Chronik als Memorialgattung
DOI Kapitel:
Gastgeber, Christian: Klassisch-paganes Erbe: Was bleibt in der memoria der Weltchronik? Memorialkultur des Chronicon Paschale
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0291
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Christian Gastgeber

Berechnungsmodell und mussten adaptiert werden11 - ein Beweis, dass man die um-
fangreiche Sammel- und Konkordanzarbeit des Nucleus mit einer vollständigen Jah-
resliste zu schätzen wusste, jedoch grundlegende Berechnungsdaten anpassen wollte.
Wie gesagt ist jedoch gerade das Datenskelett mit den partiellen Befüllungen eine
ideale Grundlage, um als open text weiterbearbeitet werden zu können.
Lässt sich auf solch einer unsicheren Basis eine konkrete Aussage über die Memo-
ria, noch dazu des paganen Erbes, machen? Wenn man dies nicht auf eine bestimmte
Person {den Autor) zu einem genau bestimmten Zeitpunkt (traditionell ca. 630) fixie-
ren will, sondern als die Eintragung eines Chronisten und Kompilators - oder (meh-
rerer) spätere(r) - etwa ab dem 7. Jahrhundert sieht, sehr wohl. Es zeigt das Interesse
der Byzantiner, ein vorhandenes Datenskelett mit erinnerungswürdigen Fakten zu be-
füllen; sehr wahrscheinlich gehen die erwähnten christozentrischen Passagen und die
Exzerpte aus Malalas auf den originären Autor zurück. Es gibt aber auch kurze Zu-
sätze aus unsicherer Quelle, die teils in anderen Fasti oder Chroniken auftauchen und
die immer auch späterer Zusatz sein können (hierbei handelt es sich beispielsweise
um die kurzen Erwähnungen eines wichtigen Lebensmoments von herausragenden
[Naturphilosophien oder Schriftstellern, d.h. Poeten oder Historikern).
Die Besonderheit einer Erwähnung und Ausführung eines paganen Ereignisses
(das über den Rahmen einer Datierungsgrundlage hinausgeht - derartige Fakten sind
in diesem Beitrag auch nicht weiter behandelt) liegt also bei der Osterchronik nicht
in der Darstellungsform oder in einer gar intentioneilen Einbindung im Sinne einer
Synkrisis. Denn solche Versatzstücke sind eben wörtlich aus der Vorlage übernommen;
der Autor schreibt sogar Stellenangaben und persönliche Standpunkte bzw. Wertun-
gen, sofern angeführt, daraus ab.12 Der Vergleich mit sicher identifizierbaren Zitaten aus
nicht-biblischen Quellen macht auch auf ein weiteres Problem aufmerksam: Wenn der
Autor einmal aus seiner auktorialen Erzählposition zum persönlichen Erzähler wird,13

ii Dazu gehören auch massive spätere Eingriffe im Vorwort zur Ausführung der Berechnungsgrundlage
für den Ostertermin; siehe bereits Beaucamp/Bondoux/Lefort/Rouan/Sorlim (1979), S. 298-301.

12 Vgl. etwa unter den zahlreichen Belegen CP 69,12-14 ό δε σοφότατος Βρούττιος ό ιστορικός καί
χρονογράφος έξέθετο ώς ό αυτός Πΐκος ό καί Ζευς ... = Malalas, Chronographia II11, ed.Thurn,
S. 25, Z. 30-31; CP 117, 11-12: Εύπόλεμος δε φησι Μωϋσήν πρώτον σοφόν γενέσθαι καί
γράμματα παραδούναι τοΐς Ίουδαίοις πρώτον ... = wörtlich Eusebius, Praeparatio evangelica IX
26, ed. Mras/des Places, S. 519; CP 430, Z. 20-431, Z. 2: Τιβέριος θάνατον ήπείΛησεν τοΐς
χριστιανοκατηγόροις, ώς ιστορεί Τερτυλλιανός ό 'Ρωμαίος vgl. in der Chronik des Eusebios
von Kaisareia, ed. Helm, S. 177 (in der erhaltenen Übersetzung des Hieronymus): Tiberius per edictum
accusatoribus XPianorum comminatus est mortem. Scribit Tertullianus in Apologetico. - Hierzu zählen auch
Passagen, die einen chronologischen Bezugspunkt zum ursprünglichen Autor herstellen und ohne An-
passung übernommen werden: z.B. über Vespasian und seinen triumphalen Einzug in Antiochia nach
dem Sieg über die Juden πρός ύβριν αυτών τήν συναγωγήν αυτών Λύσας έποίησε θέατρον,
στήσας έαυτώ άγαλμα μαρμάρινου εκεί, όπερ έως τής νυν ϊσταται (Malalas, Chronographia
X 45, ed- Thurn, S. 197, Z. 10-12; dieser Satz ist mit einem längeren Exzerpt aus Malalas wortwörtlich
übernommen in CP 462,19-463, 2).

13 Eine der wenigen Stellen der Einbringung seiner Person (sonst fast ausschließlich bei den Rechenfor-
meln, in der Personalform der 1. Person Plural): Λοιπόν επί τούς τέσσαρας μεγάλους βαδιούμεν,
πληρώσαντες σύν θεώ τούς iß' (CP 286, Ζ. 20-21) = wörtlich Vitae Prophetarum in der Recensio
Dorotheana bei Schermann (1907), S. 37, Z. 23-24; CP 443, Z. 1-2 καί εί θελήσομεν πάσας τάς τού
 
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