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Christian Gastgeber
Versuche der Christen, eine ebenbürtige Literatur in den einzelnen Genres entgegen-
zustellen, misslangen. Folglich war ein Kompromiss des richtigen Gebrauches, der
χρήσις,16 zu finden, der darin bestand, dass man heidnische Literatur als Mittel zum
Zweck akzeptierte; das Mittel wurde dabei auf die Erlernung der Sprache - bzw. der
ethischen Propädeutik zur tieferen religiösen Erkenntnis17 - reduziert,18 der Zweck
waren die höheren theologischen Studien. Als eindrucksvoller Vergleich wurde das
Sammeln des Honigs durch Bienen herangezogen: Wie diese nur das Beste aus der
Blüte sammelten, so müsse es auch der Christ bei der heidnischen Literatur machen.
In dieser Weise versuchte der Kirchenvater Basileios in seiner berühmten Schrift „An
die Jugend wie man aus heidnischen Werken Nutzen ziehen könnte“19 der Klassi-
schen Literatur einen neuen Stellenwert im christlichen Bildungssystem zu geben.
Man durfte die Aussagen über die Götter nur nicht glauben und amoralische Verhal-
tensweisen nicht zum Vorbild nehmen.
Oratio ad adolescentes IV 9, ed. Naldini, S. 92-94 (verfasst ca. 370-375):
Κατά πάσαν δή ούν των μελιττών τήν εικόνα των λόγων ήμΐν μεθεκτέ-
ον. Έκεΐναί τε γάρ ούτε άπασι τοΐς άνθεσι παραπλησίως επέρχονται,
ούτε μήν οίς αν έπιπτώσιν όλα φέρειν έπιχειρούσιν, άλλ' όσον αύτών
επιτήδειον προς τήν εργασίαν λαβούσαι, τό λοιπόν χαίρειν άφήκαν
ήμεΐς τε, ήν σωφρονώμεν, όσον οίκεΐον ήμΐν καί συγγενές τή αλήθεια
παρ' αύτών κομισάμενοι, ύπερβησόμεθα τό λειπόμενον.
„Ganz nach dem Vorbild der Bienen also müssen wir uns an die Literatur halten.
Denn jene gehen weder zu allen Blüten in gleicher Weise, noch versuchen sie,
wenn sie welchen verfallen, alles mit sich wegzuführen; sondern soviel davon zur
Verarbeitung geeignet ist, das nehmen sie, alles Andere lassen sie zurück. Wenn wir
klug sind, so werden wir uns von ihnen [d. h. den heidnischen Autoren] verschaf-
fen, was uns eigen und der Wahrheit [d.h. dem wahren Glauben] verwandt ist, und
werden alles Restliche übergehen.“
Dem Christentum kam hierbei eine schon in paganer Zeit erarbeitete rationale Erklä-
rung des Götterwesens zugute. Diese stammte von Euhemeros (340-260 v. Chr. ) und
16 Siehe zur Thematik des richtigen Gebrauchs Gnilka (2012).
17 So bei Basileios von Kaisareia, Oratio ad adolescentes II 7, ed. Naldini, S. 86: έως γε μήν ύπό τής
ήλικίας έπακούειν τού βάθους τής διανοίας αύτών (sc. der ιεροί λόγοι) ούχ οΐόν τε, εν
έτέροις ού πάντη διεστηκόσιν, ώσπερ εν σκιαΐς τισι καί κατόπτροις, τώ τής ψυχής όμματι
τέως προγύμναζα μέθα, τούς έν τοΐς τακτικοΐς τάς μελετάς ποιούμενους.
ι8 So definiert bei Basileios von Kaisareia, Oratio ad adolescentes III 2, ed. Naldini, S. 88: ούκ άχαρί γε
μήν ούδέ τήν θύραθεν σοφίαν περιβεβλήσθαι, οΐόν τινα φύλλα σκεπήν τε τώ καρπώ καί
οψιν ούκ άωρον παρεχόμενα; IV ι-8: άλλ' ότι μέν ούκ άχρηστον ψυχαΐς μαθήματα τά
έξωθεν δή ταύτα ίκανώς εϊρηται,... καί ποιηταΐς καί λογοποιοΐς καί ρήτορσι καί πάσιν
άνθρώποις όμιλητεον, όθεν άν μελλη πρός τήν τής ψυχής επιμέλειαν ώφέλειά τις
έσεσθαι. Er geht dann die einzelnen literarischen Kategorien (IV: ποιηταί, συγγραφείς, ρήτορες)
durch. Zur besonderen Betonung der Nützlichkeit von Beispielen der άρετή für die Jugend, die in
ihrem unreifen Lebensalter noch nicht für gründlichere (theologische) Unterweisungen geeignet ist,
aus der Lektüre der paganen Literatur siehe V 2.
19 Siehe dazu Büttner (1908); Lamberz (1979); Schucan (1973).
Christian Gastgeber
Versuche der Christen, eine ebenbürtige Literatur in den einzelnen Genres entgegen-
zustellen, misslangen. Folglich war ein Kompromiss des richtigen Gebrauches, der
χρήσις,16 zu finden, der darin bestand, dass man heidnische Literatur als Mittel zum
Zweck akzeptierte; das Mittel wurde dabei auf die Erlernung der Sprache - bzw. der
ethischen Propädeutik zur tieferen religiösen Erkenntnis17 - reduziert,18 der Zweck
waren die höheren theologischen Studien. Als eindrucksvoller Vergleich wurde das
Sammeln des Honigs durch Bienen herangezogen: Wie diese nur das Beste aus der
Blüte sammelten, so müsse es auch der Christ bei der heidnischen Literatur machen.
In dieser Weise versuchte der Kirchenvater Basileios in seiner berühmten Schrift „An
die Jugend wie man aus heidnischen Werken Nutzen ziehen könnte“19 der Klassi-
schen Literatur einen neuen Stellenwert im christlichen Bildungssystem zu geben.
Man durfte die Aussagen über die Götter nur nicht glauben und amoralische Verhal-
tensweisen nicht zum Vorbild nehmen.
Oratio ad adolescentes IV 9, ed. Naldini, S. 92-94 (verfasst ca. 370-375):
Κατά πάσαν δή ούν των μελιττών τήν εικόνα των λόγων ήμΐν μεθεκτέ-
ον. Έκεΐναί τε γάρ ούτε άπασι τοΐς άνθεσι παραπλησίως επέρχονται,
ούτε μήν οίς αν έπιπτώσιν όλα φέρειν έπιχειρούσιν, άλλ' όσον αύτών
επιτήδειον προς τήν εργασίαν λαβούσαι, τό λοιπόν χαίρειν άφήκαν
ήμεΐς τε, ήν σωφρονώμεν, όσον οίκεΐον ήμΐν καί συγγενές τή αλήθεια
παρ' αύτών κομισάμενοι, ύπερβησόμεθα τό λειπόμενον.
„Ganz nach dem Vorbild der Bienen also müssen wir uns an die Literatur halten.
Denn jene gehen weder zu allen Blüten in gleicher Weise, noch versuchen sie,
wenn sie welchen verfallen, alles mit sich wegzuführen; sondern soviel davon zur
Verarbeitung geeignet ist, das nehmen sie, alles Andere lassen sie zurück. Wenn wir
klug sind, so werden wir uns von ihnen [d. h. den heidnischen Autoren] verschaf-
fen, was uns eigen und der Wahrheit [d.h. dem wahren Glauben] verwandt ist, und
werden alles Restliche übergehen.“
Dem Christentum kam hierbei eine schon in paganer Zeit erarbeitete rationale Erklä-
rung des Götterwesens zugute. Diese stammte von Euhemeros (340-260 v. Chr. ) und
16 Siehe zur Thematik des richtigen Gebrauchs Gnilka (2012).
17 So bei Basileios von Kaisareia, Oratio ad adolescentes II 7, ed. Naldini, S. 86: έως γε μήν ύπό τής
ήλικίας έπακούειν τού βάθους τής διανοίας αύτών (sc. der ιεροί λόγοι) ούχ οΐόν τε, εν
έτέροις ού πάντη διεστηκόσιν, ώσπερ εν σκιαΐς τισι καί κατόπτροις, τώ τής ψυχής όμματι
τέως προγύμναζα μέθα, τούς έν τοΐς τακτικοΐς τάς μελετάς ποιούμενους.
ι8 So definiert bei Basileios von Kaisareia, Oratio ad adolescentes III 2, ed. Naldini, S. 88: ούκ άχαρί γε
μήν ούδέ τήν θύραθεν σοφίαν περιβεβλήσθαι, οΐόν τινα φύλλα σκεπήν τε τώ καρπώ καί
οψιν ούκ άωρον παρεχόμενα; IV ι-8: άλλ' ότι μέν ούκ άχρηστον ψυχαΐς μαθήματα τά
έξωθεν δή ταύτα ίκανώς εϊρηται,... καί ποιηταΐς καί λογοποιοΐς καί ρήτορσι καί πάσιν
άνθρώποις όμιλητεον, όθεν άν μελλη πρός τήν τής ψυχής επιμέλειαν ώφέλειά τις
έσεσθαι. Er geht dann die einzelnen literarischen Kategorien (IV: ποιηταί, συγγραφείς, ρήτορες)
durch. Zur besonderen Betonung der Nützlichkeit von Beispielen der άρετή für die Jugend, die in
ihrem unreifen Lebensalter noch nicht für gründlichere (theologische) Unterweisungen geeignet ist,
aus der Lektüre der paganen Literatur siehe V 2.
19 Siehe dazu Büttner (1908); Lamberz (1979); Schucan (1973).