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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
VI. Die Chronik als Memorialgattung
DOI Kapitel:
Juhász, Erika: Spuren der christlichen Erinnerungskultur in der Osterchronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0322
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Spuren der christlichen Erinnerungskultur in der Osterchronik

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ein- und desselben Kaisers (Marc Aurel) zustande. Die Ergänzung wird ursprüng-
lich wohl vom Chronisten selbst stammen (der dadurch den übernommenen Text
mitsamt Eusebios’ Rückverweisen auf vorangehende, bei ihm unerwähnte Ereignisse
deutlicher machen wollte), die Einfügung selbst ist in ihrem heutigen Zustand jedoch
zweifelsohne mit einem verderbten Text zu erklären.
Dem 8. Jahr des Kaisers Severus (193-211) fügt Eusebios in den Chronologischen
Tabellen folgende Anmerkung hinzu: Nachdem eine Verfolgung der Alexandriner Kirche
zugestoßen, ward Leonides, Vater des Orogenes, des Schriftstellers, Märtyrer 43 Im Chroni-
con Paschale wird Leonides namentlich zwar nicht erwähnt, zum 8. Regierungsjahr des
Severus jedoch vermerkt der Chronist, dass in dieser Zeit eine Christenverfolgung
stattgefunden habe;44 vier Jahre später wird wiederholt, dass Severus die Christen in
Alexandria verfolgen ließ und dabei bis nach Theben hin viele den Märtyrertod fan-
den.45 Eusebios berichtet auch in den Chronikoi Kanones über Origenes46 und erzählt
in der Kirchengeschichte detailliert über dessen Leben, seinen Glaubenseifer und seine
Schüler (auf Leonides’ Martyrium und den Wunsch des kindlichen Origenes, den
Opfertod zu erleiden, kommt er in Kapitel 2 des 6. Buches mehrmals zu sprechen).
Der anonyme Chronist übergeht diese Informationen; in der Osterchronik ist als ein-
ziger diesbezüglicher Hinweis zu lesen: ’Ωριγένης έν Αλεξάνδρειά έγεννήθη.47
Ein solcher Eintrag findet sich nicht in den überlieferten Übersetzungen der Chro-
nikoi Kanones und es ist sehr wahrscheinlich, dass der Satz auch im Originaltext des
Chronicon Paschale nicht enthalten war. Wenn man die vatikanische Handschrift näher
unter die Lupe nimmt, so zeigt sich, dass der Eintrag - gleichsam als Titel - in der
ersten Zeile von Fol. iç3v in Majuskelbuchstaben in der Mitte der Zeile angeführt ist.
Dabei mag hier während des wiederholten Abschreibens ein (zwischen dem 7. und
dem 10. Jahrhundert entstandener) Marginaleintrag in den Text der Chronik gelangt
sein. Beim fünften Ökumenischen Konzil (sog. Zweites Konzil von Konstantinopel
im Jahr 553) waren verschiedene von Origenes’ Lehren verurteilt worden48 - der an-
onyme Verfasser der Osterchronik konnte im 7. Jahrhundert dessen und seines Vaters
Martyrium daher nicht mehr lobpreisen.
Im darauffolgenden Abschnitt der Chronologischen Tabellen findet sich in der ar-
menischen Übersetzung der Reihe der römischen Bischöfe ein Fehler: Die bei Fabia-
nus angegebene Amtszeit von 13 Jahren läuft nicht im von Eusebios angegebenen Jahr
ab; er vermerkt bereits acht Jahre später, dass als nächster Bischof Cornelius dieses

43 Karst (1911), S. 224; Helm (19562) 212e: Persecutions in Christianos facta Leonides, Origenis pater gloriosa
martyrii morte transfertur.

44 Dindorf (1832), S. 496,2-3.

45 Dindorf (1832), S. 496,19-497,2. Cf. Eusebius, Historia Ecclesiastica VI i.

46 Karst (1911), S. 224: „Orogenes der Wunderbare war zu Alexandria im zarten Alter bekannt“; Helm
(19562) 215 s: Origenes Alexandriae clarus habetur. Karst (1911), S. 225: „Orogenes war zu Alexandria in der
Schule um diese Zeit“; Helm (19562) 212 Origenes Alexandriae studiis eruditur. Karst (1911), S. 225: „Oro-
genes verließ Alexandria und kam nach Kesaria Palestines zur Unterrichtung“; Helm (19562) 2i6a: Ori-
genes de Alexandria ad Caesariam Palaestinae transit.

47 Dindorf (1832), S. 492,3.

48 Dindorf (1832), S. 635,9-17.
 
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