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Bandini, Ditte [Editor]; Hinüber, Oskar von [Editor]; Dickoré, Wolf Bernhard [Editor]
Die Felsbildstationen Shing Nala und Gichi Nala — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 4: Mainz, 2001

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37089#0150
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ten, Strahlenschäden, die sich im Laufe der Zeit akkumulieren. Die Intensität der Strahlenschädigung läßt sich als
Lumineszenz bestimmen. Lumineszenz ist ein “kaltes” Leuchten, das durch die in den Strahlenschäden gespeicher-
te Energie gespeist wird. Zur Auslösung der Lumineszenz muß das Mineral thermisch oder optisch stimuliert wer-
den. Je nach Stimulierungsart unterscheidet man die Thermolumineszenz (TL) von der Optisch Stimulierten Lumi-
neszenz (OSL). Die Höhe des Lumineszenzsignals ist damit ein Maß für das Alter des Minerals, genauer für seine
Bestrahlungsdauer. Für die Altersberechnung muß noch die sog. Dosisleistung bekannt sein, das ist die auf das
Mineral pro Zeiteinheit einwirkende Strahlungsintensität.
Für die Datierung von Gesteinsoberflächen ist es notwendig, daß das in einem Mineral bereits vorhandene, latente
Fumineszenz-Signal durch Belichtung gelöscht wird. Dazu können schon wenige Minuten Tageslicht ausreichen.
Folgt auf die Belichtung eine Wiederabdunkelung, baut sich das Fumineszenz-Signal erneut auf, und aus seiner
Intensität kann dann der Zeitpunkt der letzten Belichtung bestimmt werden. Ehemals dem Ficht ausgesetzte
Gesteinsoberflächen finden sich an archäologischen Steingeräten, abgedeckten Felswänden und verbauten Mauer-
steinen. In allen diesen Fällen sollte es im Prinzip möglich sein, das Alter der letzten Fichtexponierung zu datieren.
Wenn die Herstellung der Gesteinsoberflächen vemachlässigbar kurz vor der Abdunkelung liegt, kann mittels
Lumineszenz das Oberflächenalter bestimmt werden (Abb. 3). Dies dürfte bei den meisten Bausteinen realisiert
sein, ansonsten ergibt das Lumineszenzalter einen terminus ante quem für die Herstellung der Oberfläche. An
Kalkspat aus dem im Apollo-Tempel zu Delphi verbauten Marmor wurde eine TL-Datierungstechnik bereits gete-
stet (LlRITZIS u.a. 1997). Allerdings ist man von einer Routinedatierung belichteter Oberflächen noch weit entfernt.
Physikalische Grundlagenuntersuchungen an Feldspäten haben jedoch gezeigt, daß das OSF-Verfahren ein großes
Potential für die Oberflächendatierung granitischer Gesteine besitzt (HABERMANN 2000).
Lichenometrie
Auf frisch exponierten Gesteinsoberflächen siedeln sich Flechten (engl, liehen) an. Die einzelnen, rundlichen
Flechten wachsen gleichmäßig im Laufe der Zeit, so daß der Durchmesser der größten, d.h. der ersten Flechten die
Dauer der Oberflächenexponierung reflektiert (BERSCHEL 1950). Die Wachstumsgeschwindigkeit hängt von vielen
Parametern ab, vor allem Art der Flechte, Fithologie, Oberflächenrauheit, Temperatur, Feuchtigkeit und Mikrokli-
ma (BULL/BRANDON 1998, EVANS/ARCHER/WlLSON 1999). Um numerische Alter zu bestimmen, muß die Wach-
stumsgeschwindigkeit anhand unabhängiger Altersdaten, wie historische Informationen, Dendro- und 14C-Daten,
ermittelt werden. Solche Eichungen sind angesichts der erwähnten Einflüsse immer nur für jeweils engbeschränkte
Gegenden gültig. Der datierbare Altersbereich deckt etwa die letzten 1000 Jahre ab. Die Präzision der Datierung
kann in günstigen Fällen auf ±10 Jahre genau sein.
Brauchbar für die lichenometrische Datierung sind meist silikatische und seltener kalkige Gesteinsoberflächen, die
durch ein relativ schnelles Ereignis freigelegt worden sein müssen. Solche Flächen finden sich auf Gesteins-
blöcken aus Bergstürzen, Bergrutschen, Moränen und Schuttströmen, aber auch an natürlichen und anthropogenen
Abbruchflächen sowie an Bausteinoberflächen. Neben geomorphologischen und paläoseismologischen Anwen-
dungen ist die Fichenometrie potentiell auch für archäologische Einsätze geeignet.
Schlußbetrachtung
Diese Übersicht über die numerischen Verfahren zur Datierung von Gesteinsoberflächen zeigt, daß es dazu eine
Reihe unterschiedlicher methodologischer Ansätze gibt. Die meisten Verfahren bestimmen die Dauer, seit der eine
noch bestehende Oberfläche exponiert ist. Andere Verfahren, wie die Lumineszenz, benötigen dagegen wiederab-
gedeckte Oberflächen. Obwohl in günstigen Fällen geholfen werden kann, ist man noch weit davon entfernt, die
Frage nach dem numerischen Oberflächenalter generell befriedigend beantworten zu können. Dabei darf aber nicht
übersehen werden, daß gerade in den letzten Jahren vermehrt und erfolgreich Anstrengungen in dieser Richtung
unternommen wurden und eine Weiterentwicklung sicherlich auch in der Zukunft angenommen werden kann. Den
in der Praxis mit Fragen nach dem Alter von Gesteinsoberflächen konfrontierten Personen ist zu empfehlen, Kon-
takt mit Datierungsspezialisten aufzunehmen und gemeinsam mit ihnen nach Fösungsansätzen zu suchen. In
 
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