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Überblickskommentar: Wirkung 73

ten, weil es den ästhetischen Anschauungen Wagners und der gemeinsamen
Orientierung an Schopenhauers Philosophie entsprach, weil es in eine denkbar
weitgehende Huldigung an Wagner einmündete und nicht zuletzt, weil es zur
Mehrung von Wagners Ruhm geeignet schien. Alsbald richtete Wagner an N.
die Bitte, dem König von Bayern ein Exemplar zu senden (Cosima Wagner an
N. am 3. Januar 1872, Richard Wagner an N. am 16. Januar 1872). Wagner selbst
antwortete sogleich mit einem kleinen Brief, den er mit dem Satz beginnt:
„Schöneres als Ihr Buch habe ich noch nichts gelesen! Alles ist herrlich!“ -
Worte, auf die alsbald die aufschlußreiche Feststellung folgt, Lenbach habe
„ein ergreifend richtiges Bild von mir gemacht!“ (Wagner an N.; Anfang Januar
1872, KGB II 2, Nr. 256, 493). Am 10. Januar folgte ein längerer Brief, in dem
sich Wagner beunruhigt über N.s „Seelen-Zustand“ äußerte und, mit psycholo-
gischem Geschick auf das Originalitätsbedürfnis des jungen Autors eingehend,
der Tragödienschrift eine ausgeprägte Originalität bescheinigte: „Nun veröf-
fentlichen Sie eine Arbeit, welche ihres Gleichen nicht hat. Jeder Einfluss, der
etwa auf Sie ausgeübt worden wäre, ist durch den ganzen Charakter dieser
Arbeit fast auf Nichts zurückgeführt: was Ihr Buch vor allen andern auszeich-
net ist die vollendete Sicherheit, mit welcher sich eine tiefsinnigste Eigenthüm-
lichkeit darin kundgiebt. Wie anders hätte sonst mir und meiner Frau der sehn-
lichste Wunsch erfüllt werden können, einmal von aussen Etwas auf uns
zutreten zu sehen, das uns vollständig einnehmen möchte? Wir haben Ihr
Buch - früh jedes für sich - Abends gemeinsam - doppelt durchgelesen“ (KGB
II2, Nr. 261, 504). Gerade in dieser Zeit, in der sich Wagner und seine Anhänger
für die Gründung der Bayreuther Festspiele engagierten, sollte N.s Tragödien-
schrift, welche die „Wiedergeburt der Tragödie“ durch Wagner ankündigte, ein
Mittel der Werbung für die Bayreuther Unternehmung werden. N. selbst schrieb
bei der Übersendung seiner Schrift am 2. Januar 1872 an Wagner, sie solle die
„Baireuther Culturperiode“ herbeiführen helfen (KSB 3, Nr. 185, S. 272, Z. 21).
Am 4. Februar 1872 ermunterte er den Freund Carl von Gersdorff, der als glü-
hender Wagner-Anhänger für Bayreuth warb und sich auch für die Verbreitung
der Tragödienschrift einsetzte: „Was Du auch thun magst - denke daran dass
wir beide mit berufen sind, an einer Culturbewegung unter den Ersten zu
kämpfen und zu arbeiten, welche vielleicht in der nächsten Generation, viel-
leicht noch später der grossem Masse sich mittheilt“ (KSB 3, Nr. 197, S. 286, Z.
8-12).
Die wissenschaftliche Welt reagierte allerdings von Anfang an ablehnend.
Im selben Brief vom 4. Februar 1872 an Gersdorff heißt es: „Meinem Buche wird
es doch schwer, sich zu verbreiten: eine ausgezeichnete Anzeige, die Rohde für
das litterarische Centralblatt gemacht hatte, ist von der Redaction zurückge-
wiesen worden. Das war die letzte Möglichkeit, dass eine ernste Stimme in
 
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