Überblickskommentar: Quellen 41
griff er bezeichnenderweise immer wieder auf die Genie-Hymnen des jungen
Goethe zurück. Vgl. NK 13, 29 f.
Quellen
Das Spektrum der Quellen ist weit. Es reicht von zeitgenössischen Autoren
und geistigen Strömungen zurück bis in die Antike. Die größte konzeptionelle
Bedeutung kommt den Werken Schopenhauers sowie Wagners theoretischen
Schriften zu. Von Schopenhauer bezieht N. seine Metaphysik der Kunst: den
Gedanken vom Vorrang der Musik vor allen anderen Künsten, weil sie sich
nicht wie diese aus der Welt der Erscheinungen herleitet, sondern unabhängig
davon aus dem tiefsten Wesen der Welt selbst entspringe und ihm entspreche.
Von Schopenhauers Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung stammt auch
N.s pessimistische Weltanschauung und die aus ihr resultierende Polemik
gegen den „Optimismus“. Mit Schopenhauer, der den von Schmerz, Leiden
und Unseligkeit zerrissenen Weltgrund als „Willen“ bezeichnet und seine
Manifestation in der Sphäre der Triebe sieht, versteht er die Tragödie als Aus-
druck dieses Pessimismus. Inspiriert von Jacob Burckhardts These von der pes-
simistisch-dunklen Grundierung der griechischen Kultur, überträgt er ihn auch
auf die Griechen insgesamt. Weiterhin erklärt er mit Schopenhauer die Welt
der „Vorstellung“ als Möglichkeit, sich im schönen Schein über die Unseligkeit
des Seins, wenn auch nur vorübergehend und illusionär, zu erheben. Mit Scho-
penhauer deutet er schließlich auch die Aufhebung des „principium individua-
tionis“ als tragischen und zugleich aus der Sphäre des oberflächenhaften
Scheins in den Urgrund zurückführenden Elementarvorgang des Daseins.
Große Bedeutung für N. hatte Schopenhauers These von der Nachrangig-
keit des Intellekts gegenüber dem „Willen“, der sich vor allem in der Trieb-
sphäre kundtut. Schopenhauer selbst sah im Primat des naturhaft-blinden
„Willens“ gegenüber dem Erkennen seine große Neuerung in der ganzen bishe-
rigen Geschichte der Philosophie. Bündig legt er dieses Konzept und seine
Tragweite für die Geschichte des Denkens in seinem Hauptwerk Die Welt als
Wille und Vorstellung dar (Zweiter Band, Zweites Buch, Kapitel 18: ,Von der
Erkennbarkeit des Dinges an sich4; Frauenstädt, Bd. 3, S. 222 f.). N. radikalisiert
Schopenhauers Grundposition zu einer intellekt-feindlichen Wertung. Er kon-
zentriert sie pars pro toto auf „Logik“ und „Dialektik“ als Formen eines rationa-
listischen Philosophierens. Zu dessen Repräsentanten macht er Sokrates und
den „Sokratismus“ (GT 13-15), nachdem er schon bei Euripides die gleiche
Tendenz diagnostiziert hatte. Trotz der weitgehenden Orientierung an Scho-
penhauer überschreitet N. immer wieder dessen resignativ-pessimistische
griff er bezeichnenderweise immer wieder auf die Genie-Hymnen des jungen
Goethe zurück. Vgl. NK 13, 29 f.
Quellen
Das Spektrum der Quellen ist weit. Es reicht von zeitgenössischen Autoren
und geistigen Strömungen zurück bis in die Antike. Die größte konzeptionelle
Bedeutung kommt den Werken Schopenhauers sowie Wagners theoretischen
Schriften zu. Von Schopenhauer bezieht N. seine Metaphysik der Kunst: den
Gedanken vom Vorrang der Musik vor allen anderen Künsten, weil sie sich
nicht wie diese aus der Welt der Erscheinungen herleitet, sondern unabhängig
davon aus dem tiefsten Wesen der Welt selbst entspringe und ihm entspreche.
Von Schopenhauers Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung stammt auch
N.s pessimistische Weltanschauung und die aus ihr resultierende Polemik
gegen den „Optimismus“. Mit Schopenhauer, der den von Schmerz, Leiden
und Unseligkeit zerrissenen Weltgrund als „Willen“ bezeichnet und seine
Manifestation in der Sphäre der Triebe sieht, versteht er die Tragödie als Aus-
druck dieses Pessimismus. Inspiriert von Jacob Burckhardts These von der pes-
simistisch-dunklen Grundierung der griechischen Kultur, überträgt er ihn auch
auf die Griechen insgesamt. Weiterhin erklärt er mit Schopenhauer die Welt
der „Vorstellung“ als Möglichkeit, sich im schönen Schein über die Unseligkeit
des Seins, wenn auch nur vorübergehend und illusionär, zu erheben. Mit Scho-
penhauer deutet er schließlich auch die Aufhebung des „principium individua-
tionis“ als tragischen und zugleich aus der Sphäre des oberflächenhaften
Scheins in den Urgrund zurückführenden Elementarvorgang des Daseins.
Große Bedeutung für N. hatte Schopenhauers These von der Nachrangig-
keit des Intellekts gegenüber dem „Willen“, der sich vor allem in der Trieb-
sphäre kundtut. Schopenhauer selbst sah im Primat des naturhaft-blinden
„Willens“ gegenüber dem Erkennen seine große Neuerung in der ganzen bishe-
rigen Geschichte der Philosophie. Bündig legt er dieses Konzept und seine
Tragweite für die Geschichte des Denkens in seinem Hauptwerk Die Welt als
Wille und Vorstellung dar (Zweiter Band, Zweites Buch, Kapitel 18: ,Von der
Erkennbarkeit des Dinges an sich4; Frauenstädt, Bd. 3, S. 222 f.). N. radikalisiert
Schopenhauers Grundposition zu einer intellekt-feindlichen Wertung. Er kon-
zentriert sie pars pro toto auf „Logik“ und „Dialektik“ als Formen eines rationa-
listischen Philosophierens. Zu dessen Repräsentanten macht er Sokrates und
den „Sokratismus“ (GT 13-15), nachdem er schon bei Euripides die gleiche
Tendenz diagnostiziert hatte. Trotz der weitgehenden Orientierung an Scho-
penhauer überschreitet N. immer wieder dessen resignativ-pessimistische