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104 Die Geburt der Tragödie

26, 8 nach der Vorstellung des Lucretius] Lukrez, De rerum natura V, 1169-
1174: „quippe etenim iam tum divum mortalia saecla / egregias animo facies
vigilante videbant / et magis in somnis mirando corporis auctu. / his igitur
sensum tribuebant propterea quod / membra movere videbantur vocesque
superbas / mittere pro facie praeclara et viribus amplis“. Deutsch in der Über-
setzung von Karl Ludwig Knebel, 2. Auflage, Leipzig 1831:
Nämlich schon damals sahen bei wachendem Geiste die Menschen
Herrliche Göttergestalten, noch öfter dieselben im Traume,
Ausgerüstet mit Körpern von wundererhabenem Aufwuchs.
Diesen eigneten nun sie Gefühl zu, weil sie die Glieder
Schienen zu regen und hoch in prächtigen Worten zu tönen,
Ihrem ansehnlichen Wüchse gemäß und ihrer Gewaltkraft.
26, 9f. im Traume sah der grosse Bildner den entzückenden Gliederbau über-
menschlicher Wesen] Dem athenischen Maler Parrhasios (ca. 440-390 v. Chr.),
der für seine geradezu täuschend naturgetreuen Bilder berühmt war, wird ein
Epigramm zugeschrieben, in dem es heißt, er habe den Herakles (den größten,
„übermenschlich“ starken Helden) gemalt, wie er ihm im Traum erschienen
sei:
oioq ö’ Evvvxiov cpavTÖt^ETO ttoAAöiki cpoiTtov
Happaaicüi 6i’ vnvov, Toioq öö’ ecttiv öpäv.
Wie er des Nachts häufig erschien
Dem Parrhasios im Traum, so ist er zu sehn
(Anthologia Graeca (Jacobs) II, 779, Nr. 60).
26, 11 f. und der hellenische Dichter, um die Geheimnisse der poetischen Zeu-
gung befragt, würde ebenfalls an den Traum erinnert [...] haben] Pausanias, der
im 2. Jahrhundert n. Chr. lebte, berichtet in seiner Beschreibung Griechenlands
(1, 21, 2): „Aischylos erzählte, er sei als Knabe beim Bewachen der Reben auf
dem Felde eingeschlafen und Dionysos sei ihm erschienen und habe ihm
befohlen, eine Tragödie zu schreiben. Als es Tag wurde, wollte er gehorchen
und habe es schon beim Versuch mit Leichtigkeit ausgeführt“ (Übersetzung
von Ernst Meyer). Die Traum-Inspiration der Dichter ist ein Topos, sodaß N.
vom „hellenischen Dichter“ wohl generalisierend spricht.
26, 15-20 Mein Freund [...] Wahrtraum-Deuterei.] Richard Wagner: Die Meis-
tersinger von Nürnberg II, 2. Eine Textvariante (Ed1) lautet: „im Traume erfuhr
 
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